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Treibende Kraft. Der lukrativste Berliner China-Export sind Geräte zur Elektrizitätserzeugung – wie beispielsweise diese Gasturbine, die Siemens in Moabit fertigt.

© Kitty Kleist-Heinrich

Exporte: Peking kauft in Berlin

Niemand liefert so viele Waren nach Deutschland wie China. Berlins Exporte in die Volksrepublik haben sich in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht.

Berlin - Niemand liefert so viele Waren nach Deutschland wie China. Nach Schätzungen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags wird der Exportweltmeister im Jahr 2010 Ausfuhren nach Deutschland in einer Größenordnung von rund 65 Milliarden Euro verzeichnen. Damit läge der Anteil Chinas an den Importen bei rund 8,8 Prozent – und damit so hoch wie in keinem anderen Land.

Allerdings funktionieren die Geschäfte auch andersherum. Zumindest in der Hauptstadtregion. Nach rückläufigen Außenhandelszahlen im Jahr 2009 konnte Berlin im ersten Halbjahr 2010 die Exporte nach China um 16,5 Prozent auf rund 280 Millionen Euro steigern.

„China spielt eine immer wichtigere Rolle“, sagte Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) am Montag bei der Eröffnung der 8. Außenwirtschaftskonferenz Berlin-Brandenburg. Im Fokus der Veranstaltung, an der rund 250 Vertreter aus Wirtschaft und Politik teilnahmen, standen diesmal die Handelsbeziehungen mit der Volksrepublik. Laut Wolf hat sich das Berliner Handelsvolumen mit China in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht. Brandenburg verbuchte parallel einen Zuwachs von 36 Prozent.

Selbst in der Krise hätte sich die Geschäftsbeziehung positiv entwickelt. Wie Wolf erklärte, steigerten sich die Exporte nach China im Jahr 2009 um vier Prozent auf 514 Millionen Euro. Der mit Abstand größte Teil davon entfiel mit 29,7 Prozent oder 152,4 Millionen Euro auf Geräte zur Elektrizitätserzeugung und -verteilung – also etwa Gasturbinen, wie sie von Siemens in Moabit gefertigt werden. Auf Platz zwei folgten mit 11,2 Prozent Pumpen und Kompressoren, auf Platz drei mit 10,7 Prozent Werkzeugmaschinen.

Das soll aber nicht alles gewesen sein. „Im Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und der Hauptstadtregion liegt noch ein enormes Potenzial“, erklärte Wolf, der erst kürzlich mit einer Delegation zur Weltausstellung in Schanghai reiste, um für die Berliner Wirtschaft zu werben.

Der Senator geht davon aus, dass die Nachfrage in China nach deutschen Produkten und Dienstleistungen weiter stabil steigen wird: „Der Binnenmarkt ist riesig und außerdem besteht gewaltiger Nachholbedarf bei der Infrastruktur, der ökologischen Nachhaltigkeit und im Kreativbereich.“ Auf diesen Feldern böten sich für Berlin hervorragende Chancen. „Für China stellt sich zunehmend die Frage, wie man Produkte designt, um eine Marke auf dem Weltmarkt zu etablieren“, sagte Wolf.

Auch das Feld Green Technology böte große Möglichkeiten. China habe erkannt, dass es bei kommenden Stadtplanungen zunehmend ökologische Faktoren berücksichtigen müsse, sagte Wolf. Seit ein paar Jahren sei das Bewusstsein dafür deutlich gestiegen. Hiervon könnte auch die Berliner Verkehrs-, Energie- und Wassertechnik profitieren, indem sie ihr vorhandenes Know-how ausspiele.

Allerdings haben sich die Spielregeln der Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren geändert. „Die Goldgräberstimmung ist vorbei“, heißt es von der Germany Trade & Invest (GTAI), die Firmen im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums bei Auslandsgeschäften berät. Zwar gingen Schätzungen zufolge heute jedes Jahr ein paar hundert deutsche Firmen nach China, doch „dort ist man heute wesentlich selbstbewusster als noch vor ein paar Jahren“, sagt Achim Haug, GTAI-Referent für den Bereich Asien und Pazifik. „Hier wird die Musik gemacht und ihr dürft hoffen, mitzumachen“ – das sei das moderne Selbstverständnis der chinesischen Wirtschaft, die kürzlich erst Japan als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt überholt hat.

Eine Einschätzung, die auch Stefan Richter teilt. Richter arbeitet für die Triad Berlin Projektgesellschaft, die unter anderem den Expo-Pavillon „Urban Planet“ entworfen hat, der sich mit durch Verstädterung entstehenden Herausforderungen beschäftigt. Bei ihm klingt es allerdings bedrohlicher. „Um unsere Existenz zu sichern, müssen wir uns dauerhaft mit China arrangieren“, erklärt er. Europa könne nicht mehr als Lehrer, sondern nur noch als Partner in einem Erfahrungsdialog auftreten. Hierzulande sollte man sich nicht darauf verlassen, dass China wie in der Vergangenheit nur kopiert und nicht selbst entwickelt. Allein der Konzern Build Your Dreams (BYD) beispielsweise, der unter anderem Elektroautos entwickelt, habe jüngst 10 000 Ingenieure eingestellt. „China lernt schnell“, sagt er. „Und wenn wir nicht mitmachen wollen, dann macht China bald alles alleine.“

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