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Wirtschaft: EZB stimmt Euroraum auf Zinswende ein

Frankfurt (Main)/Berlin (ro/msh/rtr). Die Europäische Zentralbank (EZB) stimmt die Finanzmärkte im Euroraum auf die Zinswende ein.

Frankfurt (Main)/Berlin (ro/msh/rtr). Die Europäische Zentralbank (EZB) stimmt die Finanzmärkte im Euroraum auf die Zinswende ein. Zwar wollte es der EZB-Rat auf seiner Sitzung am Donnerstag noch nicht riskieren, den zaghaften konjunkturellen Aufschwung durch eine Erhöhung der Leitzinsen zu gefährden und beließ den Zinssatz wie erwartet bei 3,25 Prozent. Eine Erhöhung rückt gleichwohl näher. EZB-Präsident Wim Duisenberg sprach nach der Sitzung nicht mehr, wie noch vor vier Wochen, davon, dass die Geldpolitik „angemessen" sei. Als Risiken für die Preisstabilität betrachtet er vor allem die jüngsten Tarifabschlüsse in Deutschland, ohne sie explizit zu nennen. Solche Lohnanhebungen dürften sich im Euro-Raum nicht weiter verbreiten.

„Insgesamt weisen die Risiken bereits seit Jahresanfang nach oben, die mittelfristigen Aussichten für die Inflation sind weniger zufriedenstellend“, sagte Duisenberg. Erst später im Jahr werde die Inflationsrate unter zwei Prozent sinken. Diese Marke ist für die EZB entscheidender Anhaltspunkt für die Geldwertstabilität. Noch am Jahresanfang hatte die Zentralbank die Erwartung geäußert, dass die Inflationsrate schon im ersten Quartal unter zwei Prozent fallen werde. Das kalte Wetter und die anschließend kräftig gestiegenen Ölpreise haben einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Der derzeit starke Euro begrenzt aber die Inflationsrisiken.

Die Konjunktur-Entwicklung sieht Duisenberg zwar weiter mit Unsicherheiten behaftet, trotzdem ist er wegen der positiven Tendenz im ersten Quartal optimistisch, dass die Wachstumsrate „später im Jahr“ wieder bei zwei Prozent liegen und 2003 weiter zulegen werde. Positive Konjunkturzahlen gab es am Donnerstag aus Deutschland. Laut Bundesfinanzministerium stiegen die Aufträge für die deutsche Industrie im April im Vergleich zum März um 2,3 Prozent. „Der Aufschwung hat begonnen“, kommentierte Bundeskanzler Gerhard Schröder die Zahlen. Dank einer stärkeren Inlandsnachfrage kehre die deutsche Wirtschaft auf einen Wachstumspfad zurück. In der Tat stand mit plus 4,6 Prozent eine kräftige Belebung im Inland hinter dem Auftragsplus. Dagegen gingen die Auslandsbestellungen um 0,8 Prozent zurück.

Uneinig sind sich die Volkswirte über den Zeitpunkt der Zinserhöhung. Auch nach den Äußerungen Duisenbergs erwarten viele Volkswirte nächste Schritte erst ab September. „Es ist eher wahrscheinlich, dass sie nach der Sommerpause kommen, weil die Euro-Wertsteigerung den kurzfristigen Inflationsausblick unterstützt“, sagte Jörg Krämer von Invesco Asset Management. „Die EZB wird sich erst für eine Leitzinserhöhung entscheiden, wenn der Aufschwung ausreichend gesichert ist“, glaubt Christoph Balz von der Commerzbank. Die Zentralbanker bräuchten zuvor handfeste Beweise für den Aufschwung. Einige Beobachter halten einen entsprechenden Schritt bereits im Juli für möglich. Im vergangenen Jahr hatte die EZB die Zinsen in vier Schritten um insgesamt 1,5 Prozentpunkte gesenkt, um der Wirtschaft aus der Flaute zu verhelfen.

An den Finanzmärkten war es am Donnerstag nicht die ruhige Hand von Wim Duisenberg, sondern eine positive Meldung des US-Softwarekonzerns Oracle und technische Gegenreaktionen nach den hohen Verlusten dieser Woche, die den Dax und vor allem die Technologietitel antrieben. Bis zum Börsenschluss lag der deutsche Leitindex mit 0,72 Prozent im Plus bei 4657,52 Punkten.

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