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Wirtschaft: EZB kündigt höhere Zinsen an

Zentralbank geht gegen steigende Inflation vor

Frankfurt am Main - Die Europäische Zentralbank (EZB) verabschiedet sich von der Politik des billigen Geldes. Im kommenden Frühjahr könnten die Leitzinsen erstmals seit 2008 wieder steigen. Wegen des deutlich erhöhten Inflationsdrucks sei „beim nächsten Treffen im April eine Zinserhöhung möglich“ sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag im Anschluss an eine Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt. „Möglich ja, aber natürlich nicht sicher“, betonte Europas oberster Währungshüter zwar. Angesichts der Inflationsrate von über zwei Prozent sei „große Wachsamkeit“ angebracht. Analysten werteten die Aussagen als sicheres Zeichen für eine Zinsherhöhung. Der Kurs des Euro stieg deutlich.

Für dieses Mal beließen die Währungshüter den Schlüsselzins auf dem historischen Tief von einem Prozent. Nach Ausbruch der Finanzkrise hatte die EZB den Zins, zu dem sich die Banken bei der Zentralbank Geld leihen können, massiv gesenkt. Damit wollte sie verhindert, dass die Banken ihrerseits die Kreditvergabe an die Unternehmen einschränken. Je mehr Geld die EZB auf den Markt bringt, desto größer wird aber auch die Gefahr einer Geldentwertung.

Trichet sagte, die Inflationsrisiken seien aus Sicht der EZB zuletzt klar gestiegen. Deshalb sei der EZB-Rat „darauf vorbereitet, jederzeit angemessen zu reagieren“. Wegen der steigenden Energie- und Rohstoffpreise fürchtet die Zentralbank auch im nächsten Jahr einen erhöhten Inflationsdruck. Das geht aus der ebenfalls am Donnerstag veröffentlichten Prognose hervor. Die EZB-Ökonomen erwarten in diesem Jahr eine Teuerungsrate von durchschnittlich 2,3 Proztent. Bislang hatten sie nur mit 1,8 Prozent gerechnet. Im nächsten Jahr soll die Inflationsrate sogar auf bis zu 2,4 Prozent steigen. Das angestrebte Ziel der Währungshüter liegt bei knapp unter zwei Prozent. Bis zu dieser Marke sprechen die Ökonomen von stabilen Preisen. Verantwortlich für die Rückkehr der Inflation ist vor allem der kräftige Ölpreisanstieg wegen der Unruhen in Nordafrika.

Um die Banken, die nach wie vor unter den Auswirkungen der Krise leiden, nicht zu sehr zu schwächen, hat die Zentralbank die günstigen Konditionen für die Institute am Donnerstag noch einmal verlängert. So bekommen die Banken bei den wöchentlichen Hauptrefinanzierungsgeschäften noch bis Juni so viel Geld, wie sie nachfragen. Der Grund dafür dürfte auch der neue Stresstest für Europas Finanzinstitute sein, der gerade anläuft. Sollte eine Bank Probleme bekommen, wäre sie über die EZB abgesichert.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hält eine Zinserhöhung schon im Frühling für verfrüht. „Im Augenblick sehe ich dafür keine Notwendigkeit“, sagte Bofinger. „Die EZB sollte mit einer Entscheidung besser bis zum Sommer abwarten und schauen, wie sich die Konjunktur bis dahin entwickelt.“ Bofinger rechnet nicht mit einer dauerhaft hohen Teuerung im Euro-Raum. „Die aktuelle Preisentwicklung würde ich nicht als Inflation bezeichnen“, sagte er. Die Teuerungsrate sei durch die Sondereffekte wie die Anhebung der Mehrwertsteuer in mehreren Euro-Staaten unter Druck geraten sowie durch den aktuellen Anstieg der Energiepreise, der sich so aber nicht fortsetzen werde.

Noch-Bundesbank-Präsident Axel Weber nahm an der EZB-Sitzung im Frankfurter Euro Tower nicht teil. Ihn vertrat Bundesbank-Vizepräsident Franz-Christoph Zeitler. Weber sei verhindert, sagte ein Sprecher. Weber hatte im Februar überraschend seinen Rückzug von der Bundesbank bis Ende April angekündigt. Bis dahin galt er als ein Favorit für die Nachfolge von EZB-Präsident Trichet. Dieser wollte sich zum Rückzug Webers nicht äußern. mirs/rtr

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