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Daumen hoch. Voraussichtlich noch im Frühjahr will Firmengründer Mark Zuckerberg Facebook an die Börse bringen. Knapp 60 Prozent aller stimmberechtigten Aktien will er für sich behalten. Damit die übrigen Anteilsscheine nicht zum Ladenhüter werden, tut er eine ganze Menge. Foto: AFP

© AFP

Facebook: Noch etwas Kleines fürs Schaufenster

Tagtile ist der zweite Zukauf von Facebook innerhalb kurzer Zeit. Das Netzwerk macht sich hübsch für den Börsengang.

Wer etwas verkaufen will, muss potenziellen Kunden etwas bieten. Das gilt für den kleinen Einzelhändler wie für das größte soziale Netzwerk der Welt. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg weiß das und versucht deshalb beides miteinander zu verbinden. Mal eben so im Vorbeigehen hat das Unternehmen Ende voriger Woche das kalifornische Start-up Tagtile gekauft. „Große Neuigkeiten – wir gehören jetzt zu Facebook“, schrieben die Gründer Abheek Anand und Soham Mazumdar auf ihrer Firmenwebsite.

Die beiden haben ein Konzept entwickelt, mit dem sich Nutzer von iPhones und Smartphones, die mit dem Google-Betriebssystem Android laufen, beim Einkaufen einen Bonus sichern können. Dazu müssen sie lediglich ihre Smartphones an in teilnehmenden Geschäften aufgestellte Boxen halten. Wer sich registriert hat, sammelt Treuepunkte. Dafür kommen dann Rabatte und Gutscheine aufs Telefon. Unter normalen Umständen wäre die Tagtile-Übernahme vielleicht keine besondere Meldung wert, weil sie der bisherigen Praxis von Facebook entspricht: Kleine Unternehmen werden aufgekauft und integriert, um sich Technologien ins Haus zu holen.

Doch die Umstände sind nicht normal. Voraussichtlich noch in diesem Frühjahr will das soziale Netzwerk, mit inzwischen 850 Millionen Mitgliedern weltweit das größte, den Schritt an die Börse wagen. Zunächst soll das rund fünf Milliarden Dollar (rund 3,8 Milliarden Euro) in die Kasse des mit etwa 100 Milliarden Dollar bewerteten Unternehmens aus dem kalifornischen Menlo Park spülen. Zum Vergleich: Als sich Rivale Google Mitte des Jahrzehnts auf das Parkett begab, sammelte der Suchmaschinenbetreiber knapp 1,7 Milliarden Dollar ein.

Es wäre der größte Börsengang eines Internetunternehmens aller Zeiten. Und gerade deshalb, wissen Zuckerberg und sein Team, darf er nicht schiefgehen. Zwar gibt es auf den ersten Blick keinen Grund dafür, warum Investoren zu wenig Interesse an Facebook-Anteilen haben könnten: Seinen Gewinn hat das Unternehmen 2011 um zwei Drittel auf eine Milliarde Dollar gesteigert. Unter den sozialen Netzwerken ist Facebook die unangefochtene Nummer eins, trotz des rasant wachsenden Konkurrenten Google+, der es nach eigenen Angaben auf mehr als 100 Millionen Mitglieder bringt. Und aus dem ewigen Zweikampf zwischen Google und Yahoo um Werbekunden im Netz ist längst ein Dreikampf geworden, bei dem Facebook immer besser punktet.

Facebook macht sich hübsch.

Trotzdem oder gerade deshalb betreibt Facebook augenblicklich aggressives Windowdressing – macht sich also hübsch für seine künftigen Anteilseigner. Es geht darum zu demonstrieren: Was wir bisher geschafft haben, war längst nicht alles, wir können noch viel mehr. Und wir können noch viel mehr als die Konkurrenz. Als deutliches Signal an Google und den Kurznachrichtendienst Twitter bewerten Analysten deshalb den Zukauf des Foto-App-Betreibers Instagram in der Vorwoche. Obwohl das Unternehmen keinen Umsatz macht und nur eine Handvoll Mitarbeiter beschäftigt, zahlte Zuckerberg ohne mit der Wimper zu zucken eine Milliarde Dollar. Selbst wohlwollende Analysten hätten schon bei der Hälfte abgeraten. Als Begründung für den hohen Kaufpreis wurde lanciert, die Foto-App sei inzwischen mehr als 30 Millionen Mal heruntergeladen worden und könne sich zur Konkurrenz für Facebook entwickeln. Doch vielmehr handelte es sich wohl um eine Machtgeste Zuckerbergs. Die Instagram-Fotos verbreiten sich wie eine stetig wachsende Welle in allen sozialen Netzwerken – bislang. Nun kann der neue Eigentümer damit machen, was er will. Neue Applikationen könnten zum Beispiel exklusiv auf Facebook angeboten werden und Google+ oder Twitter im Vergleich dazu aussehen lassen wie ein mit Instagram verfremdetes Foto: alt.

Auch Tagtile, der jüngst Zukauf, ist in diesem Zusammenhang zu sehen. Haupteinnahmequelle von Facebook und seinen Wettbewerbern ist Online-Werbung, und diese soll die möglichen Kunden auch erreichen. Kundenbindung ist also wichtig. Vor allem, wenn man so viele hat, so gut wie keinen persönlich kennt und Investoren davon überzeugen will, dennoch Anteile zu kaufen. Abheek Anand und Soham Mazumdar von Tagtile sollen dabei helfen. Ihre bisherige Geschäftsidee soll erst einmal in den Standby-Modus gehen. Statt neue Kunden zu gewinnen, soll das Team neue Ideen entwickeln. Für Facebook.

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