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Wirtschaft: "Fachmessen müssen auch Erlebniswelten werden"

Seit 1990 rührt Cornelia Wohlfarth als Chefin der Messe Leipzig die Werbetrommel für den traditionellen Standort in Sachsen.Nach schwierigen Jahren des Aufbaus und der Neuorientierung scheint die Messe Leipzig nun Fuß zu fassen.

Seit 1990 rührt Cornelia Wohlfarth als Chefin der Messe Leipzig die Werbetrommel für den traditionellen Standort in Sachsen.Nach schwierigen Jahren des Aufbaus und der Neuorientierung scheint die Messe Leipzig nun Fuß zu fassen.Gemessen an den Besucherzahlen rangierte die Messe Leipzig1997 auf Rang fünf unter den deutschen Messeplätzen - noch vor Berlin, Düsseldorf und Stuttgart; gemessen am Umsatz auf Rang acht.Die Verluste sind zuletzt weniger drastisch ausgefallen als befürchtet.Bei einem Umsatz von gut 130 Mill.DM betrug der Jahresfehlbetrag nach Steuern und Verlustausgleich durch die Gesellschafter rund 12 Mill.DM.Mit Cornelia Wohlfarth sprachen Heik Afheldt und Martina Ohm.

TAGESSPIEGEL: Frau Wohlfarth, der Leipziger Messe wird empfohlen, sich als Tor zum Westen für den Osten zu etablieren.Was läßt sich daraus für die konkreten Messethemen ableiten?

WOHLFARTH: Wir arbeiten derzeit an einem Konzept mit dem Titel "Leipzig MM setzt Akzente".Wir wissen, daß wir uns nur durch die Qualität unserer Veranstaltungen von anderen Messeplätzen abheben können.Dabei versuchen wir, unser schwaches wirschaftliches Umfeld durch einen besonderen Nutzen für unsere Aussteller und Kunden auszugleichen.Alle sollen sagen: Es lohnt sich, nach Leipzig zu kommen.

TAGESSPIEGEL: War das nicht auch vor fünf Jahren schon so?

WOHLFARTH: Wir verknüpfen heute Symposien und Kongresse mit Veranstaltungen.Wir haben natürlich mit unserem neuen Messegelände inzwischen eine hervorragende Ausgangsbasis für unsere weitere Arbeit.Ohne das neue Gelände hätten wir im Wettbewerb gar keine Chance.

TAGESSPIEGEL: Durch welche Akzente kann sich der Messeplatz Leipzig von der Konkurrenz, etwa in Frankfurt, Düsseldorf oder Berlin absetzen?

WOHLFARTH: Die Messe Leipzig verfügt als einzige deutsche Messegesellschaft über die Erfahrungen der Umbruchjahre.Das hilft uns enorm.Darauf allein dürfen wir uns aber nicht verlassen.Wir wollen darum ganz gezielt nach Westen schauen, uns westlichen Märkten öffnen.Leipzig soll auch für Amerikaner oder Franzosen ein interessanter Platz sein.

TAGESSPIEGEL: Ist für die Aussteller und Besucher nicht auch die Frage der Kosten und Preise ebenso entscheidend?

WOHLFARTH: Natürlich.Wir sind aber heute schon in großen Teilen preiswerter als die Konkurrenz.Wir können schon mit Rücksicht auf die ausgesprochen schwache Kaufkraft in der Region keine exorbitanten Eintrittspreise nehmen.Das erklärt im übrigen auch, daß wir wirtschaftlich immer noch vergleichsweise schwach sind.Im übrigen läßt auch der harte Wettbewerb in unserem Geschäft keine höheren Eintrittspreise zu.Auch darum versuchen wir, den Nutzen zu erhöhen.

TAGESSPIEGEL: In der Branche gelten strategische Allianzen und Übernahmen als Erfolgsrezept.Hätten Sie gerne die Messe Brünn gekauft?

WOHLFARTH: Tatsächlich haben wir mit Brünn eng zusammengearbeitet.Man hat uns auch gefragt, aber wir hatten kein Geld.Düsseldorf hat für 100 Mill.DM den Zuschlag erhalten.Überdies fließen alle unsere Investitionen zuerst nach Leipzig.Hier spielt die Musik.Das heißt aber nicht, daß Leipzig zu einer regionalen Messe verkümmert.Natürlich bleiben wir eingebettet in die Region.Aber die Leute müssen auch von weiter her zu uns kommen.Die Qualität des Dienstleistungsgeistes muß so attraktiv sein, daß wir überzeugen.Wir müssen standortunabhängig werden.Das geht natürlich nicht von heute auf morgen.

TAGESSPIEGEL: Und was ist mit Berlin?

WOHLFARTH: Wir haben immer Interesse an einer Zusammenarbeit gehabt.Bisher gibt es aber keine konkreten Resultate.Vielleicht hängt das auch von den handelnden Personen ab.Aber wir bleiben offen; es muß sich für beide Partner lohnen.

TAGESSPIEGEL: Mit welchen neuen Produkten wollen Sie die Leute überzeugen?

WOHLFARTH: Wir haben zum Beispiel eine Innovationsmesse.Da wird ein regelrechtes Themenbündel präsentiert; angefangen von neuen Werkstoffen bis hin zur Biotechnologie.Das ist ein neuer Akzent, eine neue Qualität.Dabei kommt auch das Vergnügen nicht zu kurz.Fachmessen müssen auch Erlebniswelten werden.Das gesamte Messewesen wird in den nächsten sechs bis acht Jahren einen ganz radikalen Wandel erleben.

TAGESSPIEGEL: Wie sieht den Finanzlage momentan aus?

WOHLFARTH: Wir bekommen jährlich zwischen 30 Mill.DM und 40 Mill.DM an Zuschüssen von unseren beiden Gesellschaftern, der Stadt Leipzig und dem Freistaat Sachsen.Das neue Messegelände ist finanziert, bezahlt.Niemand berücksichtigt übrigens, wieviel an Kaufkraft durch unsere Veranstaltungen in die Region gebracht wird.Etwa 4000 Stellen hängen direkt und indirekt nach Berechnungen des Ifo-Institutes von der Messe ab, 550 Mill.DM an Produktionen werden durch uns angeschoben und 124 Mill.DM fließen direkt oder indirekt an die öffentlichen Haushalte oder an öffentliche Institutionen der Region.

TAGESSPIEGEL: Das Jahr 1996 galt den Aufräumarbeiten, 1997 der Konsolidierung.Unter welchem Stern steht das Jahr 1998?

WOHLFARTH: Meine Devise heißt qualitatives Wachstum.

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