zum Hauptinhalt
Viele Ausnahmen. Vor allem stromintensive Unternehmen wie etwa Stahlhütten, wie hier in Salzgitter, sind von der EEG-Umlage befreit. Die EU könnte diese Regelung auch rückwirkend kippen.

© dpa

Fällt die Befreiung von der Ökostrom-Umlage?: "Keine Panik", rät der Wirtschaftsprüfer der Industrie

Die von der Ökostromumlage befreiten Unternehmen suchen derzeit Rat bei ihren Wirtschaftsprüfern. Was tun, wenn die EU die Regelung kippt? "Abwarten", rät ein Experte - und sagt dann doch ein paar für die Firmen beunruhigende Dinge.

Berlin - Die von der Ökostromumlage weitgehend befreiten Unternehmen in Deutschland blicken derzeit angespannt auf den Mittwoch kommender Woche. Da wird EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia mutmaßlich verkünden, ob er offiziell ein Prüfverfahren gegen die Bundesrepublik einleitet. Und was genau er prüfen will: das gesamte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), in dem ein Großteil des Systems der Ökostromförderung geregelt ist. Oder nur einen kleinen Teil davon, der ihn aus wettbewerbsrechtlicher Sicht offenbar am meisten stört: die seit bald zehn Jahren bestehende „Besondere Ausgleichsregelung“ im EEG.

Unternehmen, die besonders viel Strom verbrauchen und nachweisen können, dass sie im internationalen Wettbewerb stehen, können jeweils bis zum Sommer beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) für einzelne Werke eine Befreiung von der Ökostromumlage im Folgejahr beantragen. Für 2013 befreite das Bafa rund 2300 Stromabnahmestellen, also Fabriken. Im kommenden Jahr sollen es, wie berichtet, sogar 400 bis 500 Werke mehr sein. Insgesamt dürften die Unternehmen dann in einem Volumen von 5,1 Milliarden Euro entlastet werden. Das Bafa bestätigte die Zahlen bisher nicht.

Dieses Thema beschäftigt nun vor allem Wirtschaftsprüfer im ganzen Land, wo sich praktisch jedes betroffene Unternehmen Rat holt. Eine wichtige Frage ist etwa, ob im Geschäftsbericht Rückstellungen zu bilden sind für den Fall, dass die EU entscheidet, dass die Umlage doch zu zahlen ist. „Diese Entscheidung obliegt der jeweiligen Geschäftsführung“, erklärte der Wirtschaftsprüfer Uwe Deuerlein von der Prüf- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner in Nürnberg am Dienstag. „Meine Kollegen und ich müssen dann bei der Prüfung des Jahresabschlusses prüfen, ob das Risiko richtig eingeschätzt wird.“

Derzeit sei die Aufregung sehr groß, sagte der Experte. Allerdings könne man tatsächlich frühestens dann abschätzen, wie groß das Risiko ist, wenn Kommissar Almunia sich endlich zur Sache erkläre. Auch am Dienstag hieß es in seinem Brüsseler Büro nur: kein Kommentar. Sollte die EU nach einer Prüfung, die locker ein bis zwei Jahre dauern kann, feststellen, dass diese Befreiung von der Umlage als unzulässige Subventionen zu werten ist, könnte die EU eine Rückzahlung bis zu zehn Jahre rückwirkend einfordern. „So weit sind wir aber noch nicht. Jetzt ist eine kritische Beobachtung der Lage notwendig, aber keine Panik“, so Deuerlein.

„Da wird hoch gepokert“, urteilt Rebecca Harms, die Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament, über dieses Spiel. „Der Kommission waren die übergroßzügigen Ausnahmen ohnehin ein Dorn im Auge. Die zwanzigprozentige Ausweitung der Ausnahmen wird diese Situation sicherlich noch weiter verschärfen“, sagte Harms dem Tagesspiegel. Ihr wäre es recht, wenn die meisten Unternehmen sich an den Kosten der Energiewende beteiligen würden. „Die Ausnahmen waren ohnehin bereits viel zu großzügig“, sagte Harms.Kevin P. Hoffmann

Meinungsseite

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false