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Wirtschaft: Fahrt in den Nebel

Zum Beginn der wichtigsten US-Messe stehen die heimischen Hersteller mit dem Rücken zur Wand

Frankfurt am Main – Die großen US-Automobilhersteller stehen vor einem schweren Heimspiel. Wenn sich am Sonntag die Pforten der größten US-Automesse Detroit Motor Show für die Fachwelt öffnen, werden auch die funkelnden Fassaden der Messestände von General Motors (GM), Ford und Chrysler nicht überstrahlen können, dass die Gastgeber auch 2007 mit dem Rücken zur Wand stehen. Die sogenannten Big Three stehen vor einem weiteren Schicksalsjahr: Während GM und Ford in diesem Jahr den Beweis liefern müssen, dass ihre Sanierung Früchte trägt, feilt die Daimler-US-Sparte Chrysler bereits an ihrem nächsten Restrukturierungsprogramm, das voraussichtlich im Februar vorgestellt wird.

Experten sind skeptisch, ob es den US-Herstellern überhaupt gelingen kann, verlorenes Terrain wiedergutzu- machen: „Der Markt wird ihnen wenig helfen. Die Lösung heißt, mit weniger Menge rentabel zu werden. Dafür stehen die Chancen nicht schlecht“, urteilt Albrecht Denninghoff von der Commerzbank. Und auch sein Kollege Arndt Ellinghorst von Dresdner Kleinwort ist der Meinung, dass die Restrukturierung den Verfall der Marktanteile allein nicht bremsen könne, solange die Produkte nicht den Ansprüchen der Kunden genügen.

Die sind aber in den vergangenen Jahren in Scharen zur asiatischen und zum Teil auch zur europäischen Konkurrenz übergelaufen. Die Japaner, die bereits seit Jahren auf dem US-Markt auf dem Vormarsch sind, zählten dagegen erneut zu den großen Gewinnern. So steigerte Toyota den Verkauf auf dem US-Markt zwischen Januar und Dezember um 13 Prozent auf 2,54 Millionen Fahrzeuge und liegt damit hinter GM und Ford auf Rang drei in den USA. Für 2007 rechnen Experten damit, dass Toyota auch Ford verdrängt. Im Monat Dezember gelang dies den Japanern bereits. Um die steigende Nachfrage befriedigen zu können, hat Toyota nun angekündigt, in Nordamerika die achte Autofabrik zu bauen.

Das wird die einheimischen Hersteller weiter unter Druck setzen, denn sie leiden vor allem unter den mit der Gewerkschaft UAW vereinbarten hohen Gesundheitsleistungen und hohen Löhnen. Von den Verhandlungen mit der UAW, die noch in diesem Jahr beginnen, versprechen sich die US-Automanager daher einen Befreiungsschlag – eine Konfrontation ist programmiert.

Die Gewerkschaft wirft den Managern vor, die Krise durch das Verschlafen von Markttrends selbst verursacht zu haben. So überließen sie das Feld bei benzinsparenden Autos auf ihrem Heimatmarkt den Asiaten, die zudem mit Hybrid-Fahrzeugen – einer Kombination aus Verbrennungs- und Elektroantrieb – sowie erschwinglichen Kleinwagen mit guter Qualität Zeichen setzen und den Amerikanern den Rang ablaufen. Erst nachdem der Marktanteil der amerikanischen Autoproduzenten unter 55 Prozent rutschte, reagierten die Konzerne aus Detroit – viel zu spät. Verzweifelt versuchen die Konzerne nun, verlorenes Terrain zurückzugewinnen. So werden auf den Messeständen neben den üblichen PS-Protzen mehr Autos mit alternativen Antrieben zu sehen sein als jemals zuvor.

Das Umdenken wird nicht verhindern können, dass GM 2007 nach 75 Jahren seine Vormachtstellung als weltgrößter Autokonzern an den japanischen Wettbewerber Toyota abgeben wird und die Position so schnell wohl nicht zurückerobern wird. Nach einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung KPMG gehen nämlich 71 Prozent der Auto-Topmanager davon aus, dass die Weltmarktanteile der amerikanischen Automarken weiter sinken werden.

Der Weg ist weit. So geht der neue Ford-Chef Alan Mulally wahrscheinlich mit der Bürde eines Rekordverlusts in der Nähe von zehn Milliarden Dollar ins neue Jahr. Für 2009 peilt er mit dem Traditionskonzern wieder schwarze Zahlen an. GM hat sich mit seiner angeschobenen Radikalkur bereits etwas mehr Luft verschafft. Schnelle Erfolge bei Chrysler sind dagegen nicht zu erwarten. Vor allem die Flaute bei großen Geländewagen zwingt die Daimler-US-Sparte wahrscheinlich zu weiteren Werksschließungen. HB

Carsten Herz, Josef Hofmann

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