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Bananen waren 2014 ein Zugpferd für das Wachstum des fairen Handels in Deutschland. Dabei waren die meisten fair gehandelten Bananen auch Bio: Von den 51 verkauften Tonnen trugen 98 Prozent ein Bio-Siegel. Foto: Jörg Carstensen/dpa

© picture alliance / dpa

Fairtrade: Umsatzrekord bei fairem Handel

Verbraucherschützer und Wissenschaftler haben das Fairtrade-Modell im letzten Jahr massiv kritisiert. Dennoch ist der Absatz von Fairtrade-Produkten in Deutschland stärker gewachsen denn je.

Bio, regional, nachhaltig – die Deutschen kaufen zunehmend bewusst ein. Das gilt auch für Produkte aus fairem Handel: 2014 stieg der Fairtrade-Absatz in Deutschland so stark wie nie zuvor. Insgesamt 827 Millionen Euro gaben Verbraucher im vergangenen Jahr für Produkte mit dem Fairtrade-Siegel aus, rund ein Viertel mehr als noch 2013.

Der faire Handel zielt besonders auf Produkte ab, die aus einkommensschwachen Weltgegenden ins reiche Europa importiert werden. Dazu gehören auch Bananen, bei denen der Fairtrade-Anteil 2014 mit rund 62 Prozent besonders stark gestiegen ist. Rund acht Prozent der Bananen und ein Viertel aller in Deutschland verkauften Rosen tragen heute das Fairtrade-Siegel.

Mit Fairtrade kauft man auch ein Versprechen

Der Zugewinn des vergangenen Jahres dürfte die deutsche Trägerorganisation Transfair umso mehr freuen, als Fairtrade 2014 heftig in die Kritik geraten war. Die Verbraucherzentrale Hamburg hatte bemängelt, dass der Anteil von fair gehandelten Zutaten sehr häufig intransparent bleibe. In Großbritannien war zudem eine Studie erschienen, nach der Fairtrade den Arbeitern im globalen Süden oft keine effektiv höheren Löhne beschere. „Diese Kritik haben wir sehr ernst genommen“, sagte Transfair-Gründer Dieter Overath bei der Vorstellung der Jahreszahlen am Montag in Berlin. Transfair arbeite nun an klareren Kennzeichnungen. Zudem werde mit Partnerverbänden diskutiert, wie Fairtrade sich stärker auf die Löhne auswirken könne.

Mit dem Fairtrade-Siegel kaufen Konsumenten das Versprechen, dass die Erzeuger in den Anbauländern angemessen entlohnt und in ihren sozialen Rechten gestärkt werden. Die Produzenten erhalten einen stabilen Mindestpreis sowie zusätzlich eine Prämie für Gemeinschaftsprojekte. Bislang allerdings gewährleistet das Fairtrade-Versprechen den Produzenten lediglich den örtlichen Mindestlohn – und der bedeutet für Farmer und Arbeiter nicht immer genug zum Leben. Bei Transfair wisse man um das Dilemma, so Overath: „Fairtrade setzt bei den bestehenden Verhältnissen an und setzt darauf, diese sukzessive zu verbessern.“ Das aber könne nur gelingen, wenn der Absatz insgesamt steige.

"Die Deutschen retten die Welt gern mit 99 Cent"

In Deutschland profitiert Fairtrade von einem allgemeinen Trend hin zu bewussteren Konsum. Gegenüber den boomenden Bio- und regional erzeugten Waren allerdings, droht Fairtrade ins Hintertreffen zu geraten. So ist das Bio-Siegel in Deutschland heute schon etwas bekannter als das Fairtrade-Pendant. Im europäischen Vergleich ist Deutschland zwar Bio-Paradies, hinkt beim Fairtrade-Absatz aber Ländern wie Großbritannien und der Schweiz hinterher. „Deutschland ist ein vergleichsweise schwieriger Markt“, erklärte denn auch Overath. Schließlich gäben die Deutschen im europäischen Vergleich vergleichsweise wenig Geld für Lebensmittel aus.

„Die Deutschen retten die Welt gern mit 99 Cent“, sagte Overath, „aber das ist unmöglich.“ So seien neben den Konsumenten auch die Händler gefragt. Sie müssten sich mit dem Siegel auch mit höheren Preisen an den Markt wagen. „Wir verstehen uns da als Herausforderung für den Handel“, erklärte Transfair-Vorstand Heinz Fuchs und betonte: „Fairtrade ist heute ein Referenzrahmen für Produktions- und Unternehmensstandards.“ Beim Fairtrade-Klassiker Kaffee habe das gut geklappt, weil Großanbieter Tchibo mit seinen Produkten früh und in der Masse auf Fairtrade umgestellt habe. Bei der Ware Tee hingegen fehle es bislang an einem so bedeutenden Markenpartner für das Fairtrade-Siegel, und so fällt Tee in der Jahresbilanz von Fairtrade in Deutschland denn auch aus dem Muster: Hier fiel der Absatz um sechs Prozent.

Eine Konkurrenz zwischen Bio- und Fairtrade-Siegeln aber möchte man bei Transfair nicht sehen. „Im Gegenteil: Die Fairtrade-Prämie macht biologischen Anbau im globalen Süden oft erst möglich“, betonte Overath.

Lea Frehse

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