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Kontrahenten. Die versteinerte Miene von Deutsche-Bank-Chef Fitschen zeigt schon, dass er mit vielem, was SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück sagte, nicht einverstanden war. Foto: dpa

© dpa

Wirtschaft: Fast wie Wahlkampf

Peer Steinbrück und Jürgen Fitschen streiten über die Regulierung der Banken und die Erpressbarkeit von Staaten.

Von Carla Neuhaus

Berlin - Es ist ein Duell auf Augenhöhe. Wie Peer Steinbrück und Jürgen Fitschen da nebeneinander am Rednertisch stehen, wirkt es fast, als seien sie beide Kandidaten, die um Wählerstimmen kämpfen. Dabei trifft das nur auf Steinbrück zu, den SPD-Kanzlerkandidaten. Neben ihm steht mit Fitschen einer der beiden Deutsche-Bank-Chefs: Um Wählerstimmen muss der 64-jährige Niedersachse nicht bangen – stattdessen kämpft er um das Ansehen einer Branche, die in der Finanzkrise viel an Vertrauen verloren hat. Der Bankenverband hat die beiden zum Streitgespräch eingeladen. „Reflexionen“ nennt sich die Veranstaltung, mit der die Lobbygruppe der privaten Banken – und damit auch der Deutschen Bank – ein „gesellschaftliches Forum“ bieten will.

Anfangs scheint es an diesem Mittwochabend noch, als würde es eine Steinbrück-Show. Schweigend steht Fitschen neben dem Politiker, der als erster das Wort ergreifen darf und sich mit beiden Armen auf das Pult stützt. Der Hoffnungsträger der SPD kritisiert die Deregulierung der Finanzmärkte. Sie könne zu „Exzessen führen, die tödlich sind“, sagt er und fordert im nächsten Schritt die Einführung eines Trennbankensystems: Wie er erst kürzlich in seinem 25 Seiten starken Bankenpapier ausführte, will er das Einlagen- und Kreditgeschäft vom Investmentbanking trennen. „Damit bin ich noch nicht mal besonders kreativ“, meint er und verweist auf den Glass-Steagall-Act von 1933. Über 77 Jahre hat das Gesetz in den USA den dortigen Banken genau eine solche Trennung der Geschäfte vorgeschrieben, wie sie Steinbrück jetzt fordert. Der Sozialdemokrat will damit eine „Brandmauer“ zwischen den Einlagen der Sparer auf der einen Seite sowie dem Investmenthandel „und gegebenenfalls auch dem Eigenhandel“ der Banken auf der anderen Seite schaffen. So will er verhindern, dass die Sparer leiden, wenn die Banker Verluste mit ihren teils spekulativen Geschäften machen.

Fitschen lässt Steinbrück ausreden, grätscht ihm nicht ins Wort. Dabei greift der SPD-Mann mit seinem Vorschlag die Deutsche Bank scharf an: Ihr Geschäftsmodell beruht gerade darauf, eine Universalbank zu sein, die das Geschäft mit Privatkunden und Unternehmen und das Investmentbanking unter einem Dach vereint. Vorbereitet auf Steinbrücks Attacke, bleibt Fitschen ruhig und sagt etwas, was erst einmal absurd klingt. Eigentlich, sagt er, wollten sie beide, der Banker und der Politiker, doch dasselbe: Ein „nachhaltiges Umfeld, in dem sich die Banken bewegen können“. Nach diesen schmeichelnden Worten kommt dann doch der Gegenschlag: „Wir brauchen kein Trennbankensystem, um dieses Ziel zu erreichen“, stellt Fitschen klar. Schließlich seien es vor allem Spezialbanken gewesen, die in der Krise ins Straucheln geraten seien. Außerdem habe ein Trennbankensystem Auswirkungen auf die Realwirtschaft, weil sich die Konditionen für die Bankkunden verschlechtern könnten.

Neben dem Trennbankensystem fordert Steinbrück, die Schattenbanken genauso zu regulieren wie alle anderen Institute – vor allem dann, wenn die Schattenbanken sich Geld von der Europäischen Zentralbank leihen. Es sei ein Trend, Geschäfte aus dem überwachten Bereich in eine Schattenbank auszulagern. Fitschen kontert, mit der starken Regulierung würden die Politiker die Banken dazu sogar noch anhalten. Trotz dieser Widerworte versucht der Co-Chef der Deutschen Bank, immer wieder Steinbrück zu besänftigen und sagt Sätze wie „Wir haben gemeinsame Interessen“. Schließlich, als Steinbrück von der „Abhängigkeit und Erpressbarkeit der Staaten durch die Banken“ spricht, geht Fitschen rhetorisch noch einen weiteren Schritt auf den Sozialdemokraten zu. Statt den ganzen Satz in Frage zu stellen, sagt er sacht: „Erpressbarkeit finde ich nicht gut.“ Und dann sind sie sich plötzlich wirklich fast einig. „Dann bleiben wir bei Abhängigkeit“, meint Steinbrück und greift auf ein Bild aus dem Kampfsport zurück: „Ich ziehe den Säbel zurück“, sagt er, „und bleibe beim Florett“.

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