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Wirtschaft: Favoritenwechsel an der Börse: Während der Dow Jones Kursgewinne feiert, tritt der Dax auf der Stelle

Streng genommen haben sich die deutschen Dividendenwerte auch im März an ihre Marschroute gehalten: Nur nicht von den US-amerikanischen Börsen beeindrucken lassen, lautet das Motto seit Jahresanfang. Rückblickend betrachtet wäre es den meisten Anleger allerdings wohl lieber gewesen, wenn Dax und Dow Jones wieder etwas mehr auf Tuchfühlung gegangen wären.

Streng genommen haben sich die deutschen Dividendenwerte auch im März an ihre Marschroute gehalten: Nur nicht von den US-amerikanischen Börsen beeindrucken lassen, lautet das Motto seit Jahresanfang. Rückblickend betrachtet wäre es den meisten Anleger allerdings wohl lieber gewesen, wenn Dax und Dow Jones wieder etwas mehr auf Tuchfühlung gegangen wären. Denn an der Wall Street feierten vor allem die vernachlässigten Werte aus Traditionsbranchen ein eindrucksvolles Comeback. Das bescherte dem Dow Jones wahre Frühlingsgefühle. Er legte um zehn Prozent zu.

Von Frühlingsgefühlen konnte in Frankfurt keine Rede sein, eher von Katerstimmung. Der Dax übertrifft zwar mit einem Zählerstand von rund 7460 Punkten den Schlussstand vom letzten Handelstag im Februar nur um Bruchteile und tritt damit fast auf der Stelle. Doch dies spiegelt nicht annähernd die Dynamik wider, mit der sich an den Börsen derzeit ein Favoritenwechsel vollzieht - und zwar hüben und drüben des Atlantiks. Die Vertreter der so genannte "New Economy" geraten dabei zusehends ins Straucheln. Plötzlich will niemand mehr die noch vor einem Monat heißbegehrten Aktien aus den Bereichen Telekommunikation oder Technologie im Depot haben. Deutlich zu spüren bekommen das die Anleger vor allem am Neuen Markt. An der Frankfurter Wachstumsbörse rasen die Kurse in einer atemberaubenden Geschwindigkeit in den Keller. Von ihrem Höchststand Mitte März sind die Kurse im Durchschnitt um fast dreißig Prozent eingebrochen.

Von diesem Trend sind natürlich auch die High-Tech-Titel im Dax betroffen. Mit einem Minus von 20 Prozent hätte ausgerechnet das ehemalige Paradepferd Siemens im März fast die rote Laterne bekommen. Selbst das erfolgreiche Börsendebüt der Tochter Infineon vermochte den Absturz nicht zu stoppen. Auch die Ex-Favoriten SAP (minus 11,1 Prozent), Deutschen Telekom (minus 6,7 Prozent) und Epcos (minus 4,2 Prozent) finden sich im Frühlingsmonat März ganz ungewohnt in der Schlussgruppe des Dax-Feldes wieder. Sieht man einmal vom Großbanken-Duo Deutsche und Dresdner Bank ab, deren geplante Fusion bei den Anlegern nicht so gut ankam, wie von den jeweiligen Managern erhofft, blieb der Rest der Dax-Aktien davon ziemlich unbeeindruckt.

"Im Moment erleben wir eine zweigeteilte Börsenwelt", stellt Stefan Steib, Anlagestratege der WGZ-Bank fest. "Die überzogenen Kurse der High-Tech-Titel waren fundamental nicht mehr zu rechtfertigen." Auch seine Kollegin Sandra Schiller, Analystin bei der Commerzbank, sieht die Situation nüchtern. "Man darf nicht vergessen, dass der Dax seit Oktober vergangenen Jahres 60 Prozent gewonnen hatte", rückt sie die Perspektive zurecht. "Auf Dauer konnten sich deutsche Aktien nicht von Amerika abkoppeln." An der Wall Street wetteifern schließlich bereits seit Monaten Alt und Neu um die Gunst der Anleger. Springt dieser Funke jetzt nach Europa über, brechen für den Dax schwere Zeiten an. Im Index dominierten bislang die Technologietitel. Sie müssen durch neue Zugpferde ersetzt werden. Unmittelbare Gefahr für den Index sieht Commerzbank-Frau Schiller aber noch nicht. "Die Aufwärtsdynamik ist abgeschwächt. Dafür sehen wir in einigen Bereichen Besserung - etwa bei Pharmawerten."

Schering gehörte denn auch mit einem Plus von 13,9 Prozent zu den Gewinnern im März. Vor allem Pläne zum angestrebten Börsengang der Biotechnologie-Sparte beflügelten den Kurs. Dazu verwöhnte das Unternehmen seine Aktionäre mit guten Nachrichten: einem Aktiensplit und dem Rückkauf eigener Aktien an. Top-Performer im März waren allerdings BMW und Allianz. Bei der bayerischen Automarke feierte die Börse den geplanten Verkauf von der britischen Tochter mit satten Aufschlägen. Das Prinzip "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende" kommt bei Börsianern halt immer noch am besten an. Ohne den Ballast, so glauben sie, können sich die Münchner wieder mit Muße ihren Luxuskarossen widmen und für die entstandene Lücke im Konzernprogramm eigenen Modelle im Bereich Mittelklasse entwickeln. "Damit ist der Weg frei für eine strategische Neuausrichtung", glaubt Peter Seppelfricke vom Bankhaus M.M. Warburg. "Allerdings hat der Vorstand mit der plötzlich vollzogenen Kehrtwende einen Vertrauensverlust erlitten. Es wird dauern, bis er das durch gute Zahlen und erfolgreiche Modelle zurückerlangt."

Der andere März-Favorit Allianz zeigt exemplarisch, dass an der Börse des einen Freud oft des anderen Leid ist. Während die Deutsche Bank als Bräutigam über 21 Prozent verlor, werteten die Anleger den Versicherungskonzern als Gewinner der Bankenfusion. Das Aktienpaket an der Dresdner wird sich die Allianz gut bezahlen lassen, mutmaßen die Analysten. Zudem erhält die Allianz mit der Dresdner-Tochter DIT und der Deutschen Bank-Tochter DWS Perlen der deutschen Fondsgesellschaften. Damit kann sie ihre Vermögensverwaltung deutlich stärken.

Peter Hein

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