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Wirtschaft: FDP bleibt beim Kombilohn skeptisch

BERLIN (Tsp).Im Koalitionsstreit um den Kombilohn ist die FDP nach einer gewonnenen Bundestagswahl allenfalls zu einem Modellprojekt in zwei Arbeitsamtsbezirken bereit.

BERLIN (Tsp).Im Koalitionsstreit um den Kombilohn ist die FDP nach einer gewonnenen Bundestagswahl allenfalls zu einem Modellprojekt in zwei Arbeitsamtsbezirken bereit.FDP-Chef Wolfgang Gerhardt bekräftigte am Wochenende im Nachrichten-Fernsehsender n-tv, erst wenn es einen spürbaren Arbeitsplatzeffekt und keine Mitnahmeeffekte gebe, sei die FDP zu einer generellen Einführung des umstrittenen Instruments bereit.

Gerhardt unterstrich, er sei nicht bereit zu riskieren, daß Mitnahmeeffekte entstünden.Im übrigen wäre es gut zu erfahren, ob Bezieher von Arbeitslosenhilfe in der Praxis auch im Niederiglohnbereich Arbeit annehmen.Blieben in der Testphase die gewünschten Effekte aus, wäre eine Anschubfinanzierung für bundesweite Kombilöhne "hinausgeworfenes Geld".

Dagegen verteidigte Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) das CDU-Modell, das die Partei am Donnerstag vorgestellt hatte.Es sei billiger, einen Teil der Arbeitslosenhilfe dem Arbeitslohn zuzuzahlen, als die Arbeitslosenhilfe ganz zu bezahlen, schrieb er in der "Welt am Sonntag"."Wann immer in Deutschland ein neuer Vorschlag gemacht wird, fallen die Bedenkenträger über ihn her", behauptete der CDU-Politiker.So würden Mitnahmeeffekte an die Wand gemalt.

Blüm sagte, in herkömmlichen Beschäftigungssystemen würden nicht alle einen Arbeitsplatz finden.Gebraucht würden deshalb einfache Arbeitsplätze.Viele dieser Arbeitsplätze seien jedoch mit einem so niedrigen Lohn verbunden, daß ein Arbeitnehmer davon nicht leben könne.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hält den vorgeschlagenen Weg zur Einführung von Kombilöhnen für gangbar.In einem Deutschlandfunk-Interview betonte er, dieser Ansatz sei wahrscheinlich besser als die bisherigen Mittel in der Lage, Langzeitarbeitslosen zu helfen.

Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) will mögliche Einsparungen bei der Einführung von Kombilöhnen für weitere Qualifizierungsmaßnahmen verwenden.Durch Kombilöhne würden Gelder frei, da nur ein Teil des gesparten Arbeitslosengeldes als Lohnkostenzuschuß ausgezahlt werde, sagte Vogel dem MDR Thüringen.Außerdem profitiere die Bundeskasse von den Kombilöhnen, weil "Leute, die Geld verdienen, in der Regel auch Steuern zahlen".Parallel zur Einführung von Kombilöhnen könne daher aus Arbeitsmarktmitteln mehr Geld für die Qualifizierung ausgegeben werden, denn trotz der hohen Arbeitslosigkeit fehlten Fachkräfte.

Der Kombilohn könnte nach Einschätzung des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels 50 000 Arbeitsplätze in der Branche schaffen.HDE-Hauptgeschäftsführer Holger Wenzel sagte, das Modell komme für etwa 100 000 Betriebe in Frage: "Das Potential ist da." Doch dürfe es nicht zu einer Verdrängung regulärer Arbeitsplätze kommen.Wenzel warnte in einem Gespräch mit der Münchner Zeitschrift "Focus", das Kombilohn-Konzept "wie so viele Gesetze in unserem Land mit heißer Nadel zu stricken".Grundsätzlich äußerte er sich positiv: Wenn nur die Hälfte der in Frage kommenden Betriebe einen Arbeitslosen einstelle, "dann sind das schon 50 000 Arbeitsplätze", rechnete er vor.

Scharfe Kritik kam vom Deutschen Industrie- und Handelstag: Vizepräsident Jörg Mittelsten Scheid sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", in Einzelfällen würden Bezieher vom Kombilohn finanziell besser gestellt als vergleichbare Arbeitnehmer mit geringem Einkommen.Zudem drohe eine Dauersubvention von gering bezahlter Arbeit.Mittelsten Scheid sprach sich statt dessen dafür aus, die Sozialleistungen so weit abzusenken, daß es sich für Arbeitslose generell wieder lohnen würde, auch schlechter bezahlte Tätigkeiten anzunehmen.

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