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Wirtschaft: Feilschen um die Fördertöpfe

Ostdeutschland hinkt hinterher – durch die EU-Erweiterung könnte der Abstand weiter wachsen

Berlin . Die ostdeutschen Bundesländer fürchten, die großen Verlierer des EU-Finanzstreits und der Osterweiterung zu werden. Denn die milliardenschwere Förderung aus Brüssel, die jedes Jahr in die strukturschwache Region zwischen Ostsee und Erzgebirge fließt, könnte nach dem Beitritt auf die zehn neuen Mitglieder verlagert werden. Ihre Wirtschaft läuft noch schwächer als die der Altmark, der Lausitz oder Vorpommerns. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel am Sonntag protestieren die ostdeutschen Länderchefs gegen den drohenden Verlust. „Für den Aufbau Ost wäre das eine Katastrophe“, sagte Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus. „Dann hätte Ostdeutschland kaum noch Chancen, den Rückstand gegenüber dem Westen aufzuholen“, prophezeite Sachsens Regierungschef Georg Milbradt (beide CDU).

Bislang zahlt Brüssel solchen Regionen Subventionen, in denen die Wirtschaftsleistung je Bürger nur drei Viertel des EU-Durchschnitts erreicht. Zwischen 2000 und 2006 kommen so für Ostdeutschland 20 Milliarden Euro zusammen. Das Geld fließt in die Infrastruktur, kann aber auch als Beihilfe verwendet werden, um neue Betriebe anzulocken. Auch Berlin profitiert vom Geld aus diesem Topf. Ab 2007 wird aber die durchschnittliche EU-Wirtschaftsleistung wegen der neuen Mitglieder absinken – und weite Teile Mecklenburg-Vorpommerns oder Sachsens könnten aus der Förderung herausfallen.

Die genauen Vorschläge zur Zukunft der Strukturmittel will die EU-Kommission Mitte des Monats vorlegen. Aber schon die Vorschau auf den EU-Finanzrahmen ab 2007, der kommende Woche präsentiert wird, dürfte Hinweise auf die Zukunft der Förderung geben. „Wir wollen nicht die Zeche für die Osterweiterung zahlen“, befindet Wolfgang Böhmer (CDU), Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt, schon jetzt. Die neuen Länder pochen darauf, dass sie auch nach 2006 Geld aus Brüssel bekommen. „Wir können noch keine ausreichende Annäherung an den Entwicklungsstand der EU-Länder verzeichnen“, befindet Mecklenburg-Vorpommerns Landeschef Harald Ringstorff (SPD). Seine Kollege Milbradt beteuert, ohne die EU-Strukturmittel seit 1990 „würden das Investitionsniveau in Ostdeutschland um 26 Prozent und die Erwerbstätigkeit um 20 Prozent niedriger liegen“. Ohne EU-Hilfe könne man keine Großinvestoren mehr nach Sachsen locken. Und jenseits der Oder, so fürchten die Politiker, würde ihnen dank der EU-Milliarden eine kräftige Konkurrenz erwachsen.

Den Ministerpräsidenten schwebt deshalb eine Anschlussregelung vor, die ihnen weiterhin EU-Geld garantiert. Für Ringstorff hat dies „höchste Priorität“. Das würde gleichwohl einen höheren EU-Etat erfordern – was die Bundesregierung aber ablehnt. Dafür erntet sie scharfe Kritik der Länderfürsten. „Die Regierung lässt die Frage der Förderung notorisch außer Acht“, klagt Althaus. Der Bund sehe immer nur den Sparzwang im eigenen Haushalt, bemängelt Milbradt. Das könnte ihn nun teuer zu stehen kommen: Wenn Brüssel ab 2007 nicht mehr zahle, findet er, „ist ein Ausgleich aus Berlin notwendig“.

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