zum Hauptinhalt
Ortswechsel. Diplomaten ziehen alle paar Jahre weiter. Wer heute bei der Uno in New York arbeitet, kann morgen in Afrika oder Australien eingesetzt werden. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Wirtschaft: Fenster zur Welt

Bis zum 31. Mai kann man sich für eine Ausbildung im höheren Dienst bewerben. In diesen Jobs ist viel Einsatz gefragt – und das Gehalt dafür nicht besonders hoch

Mosambik, das kommt Sonja Schlegel zuerst in den Sinn, wenn sie auf die mehr als zwanzig Jahre zurückblickt, die sie nun für das Auswärtige Amt arbeitet. Sie war dort Wahlbeobachterin bei den ersten demokratischen Wahlen. „Das ist unvergesslich“, sagt die 43-Jährige. Sie habe miterlebt, was diese Wahlen für die Menschen dort bedeuteten. Inzwischen hat sie ihr Job nach Brasilien, Kanada, Tadschikistan und zuletzt, als Referentin für Rechts- und Konsularwesen, an die deutsche Botschaft in Malawi geführt.

So vielfältig wie die Aufgaben des Auswärtigen Amtes sind auch die Tätigkeiten der Mitarbeiter. In Zeiten wie diesen haben die Diplomaten alle Hände voll zu tun. Tsunami und Atomkatastrophe in Japan, Volksaufstände in Nordafrika. Die Behörde, die sich gewöhnlich auch um verlorengegangene Reisepässe oder Portmonees kümmert, ist nun gefordert, in Not geratenen Staatsbürgern zu helfen und Krisenregionen zu evakuieren.

Das Auswärtige Amt betreibt zudem klassische Diplomatie, repräsentiert das Land und seine Interessen. „Wir sind bemüht, in unserer Arbeit ein positives Bild von Deutschland zu vertreten“, erklärt Sonja Schlegel. Das kann in Form einer Rede bei der UN–Vollversammlung geschehen oder im Rahmen kleiner entwicklungspolitischer Gesten, wie dem Erwerb eines Ultraschallgerätes für ein abgelegenes Krankenhaus in Malawi.

Im Auswärtigen Dienst gilt das Rotations- und Generalistenprinzip: Die meisten der 6900 Mitarbeiter wechseln alle drei bis vier Jahre Ort und Arbeitsfeld. Eben noch Kulturreferent in Madrid kann morgen der Posten des Politikreferenten in Seoul oder einer anderen der 229 deutschen Auslandsvertretungen winken.

Und die Jobs sind sehr gefragt. Im Jahr 2010 kamen auf die knapp 40 offenen Einstiegsstellen im höheren Dienst 2000 Bewerbungen, berichtet die stellvertretende Ausbildungsleiterin für den höheren Dienst, Maike Freytag.

DAS EINTRITTSTICKET

Wer sich bewirbt, muss bestimmte Kriterien erfüllen. Dazu zählen ein Master- oder vergleichbarer Abschluss und sehr gute Kenntnisse in Englisch und Französisch beziehungsweise einer anderen Amtssprache der Vereinten Nationen.

Bewerber sollten zudem ein ausgeprägtes Interesse an fremden Kulturen haben, das auch nach dem sechsten Auslandsposten immer noch vorhanden sein muss, sagt Ausbildungsleiterin Freytag. Sie rät zudem, sich im Vorfeld gründlich zu überlegen, was der stetige Wechsel für die eigene Lebensplanung heißt. Ist man bereit dazu, Familie und Freunde in Deutschland zurückzulassen? Und möchte man dem Partner und möglichen Kindern immer wieder eine neue und mitunter nicht ganz ungefährliche Umgebung zumuten? Die Entscheidung fürs Auswärtige Amt sei eine Entscheidung fürs Leben.

DIE AUSWAHL

Für den Ausbildungsstart im Mai 2012 kann man sich vom 18. April bis zum 31. Mai 2011 online beim Auswärtigen Amt bewerben. Etwa die Hälfte der Kandidaten wird zum schriftlichen Auswahlverfahren eingeladen. An einem Tag werden neben den obligatorischen Sprachtests auch Kenntnisse in Recht, Wirtschaftswissenschaften, Geschichte, Politik und Allgemeinwissen abgefragt. Zusätzlich wird, ebenfalls schriftlich, ein psychologischer Eignungstest abgelegt. Zur Vorbereitung lohnt es sich, die Hinweise und Tests der vergangenen Jahre auf der Webseite des Auswärtigen Amtes zu berücksichtigen, rät Christian Gayoso, der die Ausbildung in diesem Jahr abschließen wird. Nach dem schriftlichen folgt das mündliche Auswahlverfahren.

DIE AUSBILDUNG

Bevor es hinaus in die Welt geht, steht eine 14-monatige Ausbildung in Berlin an. Sie findet an der Akademie des Auswärtigen Amtes auf der Tegeler Insel Reiherwerder statt. In idyllischer Umgebung erhalten die angehenden Diplomaten, die als Attachés bezeichnet werden, das Rüstzeug für ihren Beruf. Dabei setzen die Ausbilder auf viel Praxis. So gehören „Besichtigungsfahrten“ ins Ausland ebenso zur Ausbildung wie die Simulationen späterer Arbeitssituationen. Gerade das hat Christian Gayoso gefallen. „Themen wie das Medientraining, das Krisentraining oder das Rhetoriktraining sind absolute Highlights der Ausbildung“, sagt der 29-Jährige.

DER BERUFSALLTAG

Nach dem Abschluss greift dann erstmals das Generalisten- und Rotationsprinzip. Für Gayoso bedeutet das, dass er ab kommenden Sommer in der Berliner Zentrale für drei Jahre als Länderreferent für Brasilien eingesetzt wird. Andere Attachés gehen direkt ins Ausland. Bei der Zuteilung bemüht sich die Personalabteilung darum, persönliche Präferenzen wie die jeweilige familiäre Situation zu berücksichtigen. Allerdings müssen auch vermeintlich unpopuläre Posten besetzt werden.

Je nach Land und Posten werden die Mitarbeiter mit ganz unterschiedlichen Tätigkeiten betraut. Einen typischen Arbeitstag eines Diplomaten gibt es nicht, sagt die Diplomatin Schlegel. In Malawi etwa musste sie sich tagtäglich auf neue Besucher, Probleme, Anfragen und Veranstaltungen einstellen. Die Arbeit generiere sich dabei von selbst.

Bezahlt werden alle Mitarbeiter einheitlich nach dem Bundesbesoldungsgesetz. Ein Einsteiger im höheren Dienst erhält nach der Besoldungsgruppe A13 3477,73 Euro brutto monatlich. Doch anders als oft vermutet ist der Verdienst im Auswärtigen Amt nicht überdurchschnittlich hoch. Mit jedem Dienstjahr steigt dieses Gehalt zwar wie bei Lehrern automatisch nach oben, es gibt Zuschläge für Kinder und Aufwandszuschläge, die von Land zu Land variieren. Doch erst wenn man es auf der Karriereleiter weiter nach oben geschafft hat, rutscht man in eine höhere Entgeltstufe, ein Konsul wird nach Entgeltgruppe A15 (wie ein Studienrektor), ein Botschafter nach A16 (wie ein Parlamentsrat) bezahlt.

Auch die Chance, Botschafter zu werden, steigt mit den Dienstjahren. Doch die Posten sind rar und nicht jeder Diplomat wird einmal Botschafter.

Christian Gayoso hofft, Deutschland irgendwann bei den Vereinten Nationen in New York vertreten zu können.

Sonja Schlegel dagegen zieht es zurück nach Afrika. „Ich habe mein Herz ein bisschen an das südliche Afrika verloren“, sagt sie.

Florian Kuhlmey

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false