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Nicht nur auf dem Berliner Teufelsberg gehört Feuerwerk am 31. Dezember dazu.

© picture alliance / dpa

Feuerwerk: Der Böller-Verkauf beginnt

Silvester lässt die Kassen knallen: Die Kunden wollen ständig neue Produkte - aber schlechtes Wetter kann das Geschäft ruinieren. Wie eine ganze Branche auf einen Tag hinlebt.

Eine dicke Regenfront im Jahr reicht und eine ganze Branche ächzt: Das Geschäft der Feuerwerksunternehmen in Deutschland ist fast vollständig auf die letzten drei Tage des Jahres ausgerichtet. Entsprechend angespannt blicken Hersteller derzeit auf die Wettervorhersagen. „Wenn da etwas schiefgeht, ist das natürlich fatal“, sagt der Geschäftsführer des Verbandes der pyrotechnischen Industrie (VPI), Klaus Gotzen. Zuletzt lief der Jahreswechsel relativ trocken und damit glimpflich ab – die vergangenen beiden Jahre machte die Branche jeweils Umsätze in Höhe von 124 Millionen Euro. Noch 2011 wurden nur 115 Millionen Euro generiert. Grund für den Sprung war aber nicht die Witterung, sondern eine EU-weite Erlaubnis, wesentlich mehr Schwarzpulver – nun 500 Gramm pro Einheit – verwenden zu dürfen. „Das hat den Batterien einen Schub verpasst und die sind eben auch höherpreisig“, erklärt Gotzen.

611 neue Produkte

Der Trend zum Batteriefeuerwerk ist seit einigen Jahren ungebrochen. Mit wenig Aufwand lassen sich viele Effekte erzielen, weil die Pakete nur einmal angezündet werden müssen und Dutzende Schüsse abfeuern können. Dabei stehen laut Gotzen bei den Käufern vor allem optische Spielereien hoch im Kurs. „Die reinen Knallkörper laufen immer schlechter.“ Trotzdem werden in jedem Jahr hunderte neue Knaller und Raketen angeboten. Allein in diesem Jahr sind 611 Produkte frisch auf den deutschen Markt gekommen. „Dabei geht es um neue Effekte und Geräusche, technische Innovationen sind aufgrund des gesetzlichen Rahmens aber kaum möglich“, sagt Verbands-Chef Gotzen.

Ob wirkliche Innovation oder nicht – mit pompösen Wortfeuerwerken werden die Produkte in den Prospekten angepriesen: Da gibt es „silberne Glitzerheulpfeifenwolken“ und „prächtige Goldflimmer-Buketts“, die Raketen tragen Namen wie „Wolfsgeheul“, „Sunflash“ und „Götterfunke“. Im Kern enthalten die meisten letztendlich eine Mischung aus Schwarzpulver, Salzen und Metallen in verschiedenen Anteilen – das Feuerwerk neu erfinden kann man damit nicht. „Wie in einem Chemiebaukasten werden verschiedene Farben und Abläufe variiert“, erklärt Oliver Gerstmeier, Sprecher des größten deutschen Pyrotechnik-Anbieters Weco. Insgesamt 65 neue Produkte hat Weco in dieser Saison erstmals angeboten, im Online-Shop sind insgesamt rund 1600 verschiedene Artikel aufgeführt. Neue Töne würden laut Gerstmeier am ehesten mit den Soundbatterien anschlagen, die beim Abfeuern ein lautes Heulen und Kreischen von sich geben. „Die Käufer wollen ständig neue Produkte, deshalb braucht der Handel ständig Innovationen“, erklärt Gerstmeier.

Ganze Regionen leben vom Feuerwerk

Rund 75 Prozent der Knaller, die in wenigen Tagen angezündet werden, stammen aus China. „Ganze Regionen leben dort von Feuerwerksfabriken“, sagt VPI-Chef Klaus Gotzen. Das Sortiment aus Deutschland beschränkt sich fast ausschließlich auf Raketen, denn für Böller bedarf es meist noch der Handarbeit.

Weco stellt als einziges deutsches Unternehmen einen Teil seines Sortiments im Inland her – Tendenz steigend, denn die steigenden Lohn- und Produktionskosten in Fernost machen sich bemerkbar. Doch noch kommen rund 65 Prozent der Waren aus der Region um die südchinesische Stadt Liuyang, die für ihre tausenden kleinen Feuerwerksfabriken bekannt ist. Monatlich sind Vertreter von Weco zu Besuch in den Produktionsstätten und Entwicklungslabors. „Aus Sicherheitsgründen arbeiten nur wenige Mitarbeiter zeitgleich und die Gebäude sind recht klein“, erzählt Sprecher Oliver Gerstmeier. Statt am Fließband werden die meisten Böller und Raketen dort noch in Handarbeit gefertigt. Für die deutschen Werke ist das nicht rentabel – nur was maschinell hergestellt werden kann, ist „made in Germany“.

Jede fünfte Rakete geht zurück

Rund 140 000 Paletten wurden für dieses Silvesterfest aus etwa 40 Weco-Lagern an den Handel geliefert. Rund eine Milliarde Feuerwerkskörper allein von Weco liegen damit in den Verkaufsregalen, schätzt Gerstmeier. Was die Märkte nicht verkaufen können, müssen die Hersteller im neuen Jahr wieder einsammeln. „Das sind fast zwanzig Prozent der gelieferten Waren – es ist ein Retourgeschäft.“

Die Branche ist klein: Weco dominiert mit über 50 Prozent Marktanteil, auf Rang zwei und drei folgen Comet und Nico – daneben gibt es kaum Platz für Marken, die sich an Hobby-Feuerwerker richten. Für die Profis produzieren Sauer und Zink vor allem Raketen der Klasse IV – ohne Sondergenehmigung geht da hierzulande gar nichts. Oft genug werden jedoch hochexplosive Böller aus Osteuropa nach Deutschland geschmuggelt. Den Unternehmen schadet das nicht nur in finanzieller Hinsicht, betont Verbands-Chef Klaus Gotzen. „Unfälle sind letztendlich ein Image-Desaster für die ganze Branche.“

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