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Nie eintönig. Der Spruch „Handel ist Wandel“ scheint zu stimmen. Foto: pict.-alliance/dpa

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Wirtschaft: Filialleiter mit Mitte 20

Wer offen für Neues ist, kann im Handel schnell Verantwortung übernehmen.

Lars Tenbergen kommt manchmal an seine alte Uni und hält Vorträge vor den Studenten. Er erzählt dann von seiner Karriere. Es sind schöne Momente: „Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich selber da gesessen habe.“ Das ist gerade mal ein paar Jahre her. Mit 31 Jahren arbeitet Tenbergen bereits in seiner zweiten Führungsposition: als Gartenfachberater der Baumarktkette Toom. Jeden Tag setzt er sich ins Auto und fährt in einen der 21 Märkte, die ihm zugeordnet sind.

Die Karrierechancen in großen Handelsunternehmen stehen gut. „Die Entwicklung auf dem Markt ist immens“, sagt Meike Al-Habash, Branchenkoordinatorin der Industrie- und Handelskammer Berlin. Schon junge Leute mit Anfang, Mitte 20 arbeiten in Führungspositionen. Der klassische Einstieg in eine Karriere im Handel ist immer noch die Ausbildung. Zwei Drittel der Führungskräfte haben eine Lehre mit anschließenden Fortbildungen hinter sich. Doch auch Hochschulabsolventen sind gefragt – für Bereiche wie Einkauf, Marketing, Controlling, Vertrieb und Logistik.

Wirtschaftswissenschaftler, Elektroingenieure, Informatiker, selbst Geisteswissenschaftler hätten gute Aussichten in Handelsunternehmen, sagt Al-Habash. Die Betriebe sind daher stark präsent an Universitäten: mit Infoveranstaltungen, auf Absolventenbörsen, mit Angeboten für Praktika und in dualen Studiengängen. Die praktische Erfahrung im Unternehmen ist entscheidend, denn spätere Führungskräfte müssen wissen, was sich im Verkauf abspielt, müssen ihre Kunden kennen und den Alltag der Mitarbeiter. Daher entscheiden sich viele Absolventen zunächst für ein Trainee-Programm. Es dauert bis zu zwei Jahre und führt durch verschiedene Stationen im Handelsunternehmen, meist in unterschiedlichen Filialen. Im Anschluss folgt häufig die Position als Filialleiter.

Sechs Stationen in 18 Monaten, das war für Lars Tenbergen im Trainee-Programm „eine sehr aufregende Zeit“. Zuvor hatte er eine kaufmännische Ausbildung gemacht und Gartenbaumanagement studiert. Im Trainee-Programm musste er sich in kürzester Zeit auf ein neues Umfeld, neue Mitarbeiter, neue Aufgaben einstellen. Er arbeitete zunächst im Verkauf, später kamen Bereiche wie Logistik und Personalverwaltung hinzu, schließlich die Zentrale in Köln. „Mit so vielen unterschiedlichen Vorgesetzten lernt man auch viele Führungsstile kennen“, sagt Tenbergen. Das habe ihn auf seine spätere Aufgabe als Centerleiter vorbereitet. Nach einem Jahr in dieser Position wurde er Gartenfachberater; jetzt verbringt er etwa zehn Stunden pro Woche im Auto. Der am weitesten entfernte Markt liegt 250 Kilometer von seinem Sitz in Bochum entfernt.

Für eine Karriere im Handel müsse man kommunikativ und offen für Neues sein, sagt Wilfried Malcher, Experte für Bildungspolitik des Handelsverbands Deutschland. „Und man muss auch mal anpacken.“ Das Denken in Lösungen, nicht in Problemen, sei entscheidend für Führungskräfte in Handelsunternehmen. 2500 Euro Monatsgehalt könne man in frühen Berufsjahren durchschnittlich erwarten, ein Filialleiter komme auf etwa 4000 Euro. „Dafür muss man sich überdurchschnittlich engagieren, wenn man weiterkommen will“, sagt Malcher. Dazu gehört eben auch, flexibel zu sein und häufige Ortswechsel in Kauf zu nehmen. Für manche Bewerber sei das sogar besonders interessant, sagt Malcher, vor allem, wenn es um Niederlassungen im Ausland geht.

Für Jens Bahlmann sind die täglichen Herausforderungen ein Ansporn. Der 33-Jährige arbeitet als Leiter der Verkaufskoordination in der Hauptverwaltung von Galeria Kaufhof. Auch er hat eine Ausbildung, dann Studium und Trainee-Programm hinter sich. Bahlmann hat sich bewusst für ein großes Handelsunternehmen entschieden: „Der Handel ist so abwechslungsreich, wie der alte Spruch sagt: Handel ist Wandel.“ Die größte Herausforderung in seiner bisherigen Karriere war, als er als Geschäftsführer einer Kaufhof-Filiale nach Nürnberg kam – um sie zu schließen. Da war er gerade einmal 32 Jahre alt.

Als junger Mensch sei es nicht immer einfach, als Führungskraft zu arbeiten, sagt Toom-Mann Lars Tenbergen. Er ist doppelt so alten Mitarbeitern vorgesetzt. „Da wird man erst einmal beäugt. Die fragen sich: Was ist das für einer?“ Für ihn war es wichtig, sich ausgiebig mit den Mitarbeitern über ihre Erwartungen auszutauschen und selbst mitzuarbeiten. Jetzt hat er das Gefühl, dass er im Team angekommen und akzeptiert ist.

Die häufigste Frage, die Tenbergen bei seinen Uni-Vorträgen von Studenten hört: Hat man in Handelsunternehmen überhaupt Gestaltungsfreiheit? Dann freut er sich und packt Bilder seiner Filialen aus – Fotos der Gartencenter, der saisonal unterschiedlichen Pflanzen, der eingerichteten Campingflächen, er erzählt von Verkaufsaktionen. „Ich zeige ihnen, wie sie sich austoben können“, sagt er. Langweilig werde es nie. Franziska Felber

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