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Abgeltungssteuer: Teure Tricks

Die Banken bieten neue Produkte an, um die Abgeltungsteuer zu umgehen. Die Steuerrersparnis fließt nicht immer in die Taschen der Kunden zurück. Experten warnen vor unüberlegtem Handeln.

Bankkunden können sich derzeit vor Beratung kaum retten. Per Brief oder Telefon preisen die Institute ihre Dienste an, um die Kunden auf die wichtigste Neuerung seit Jahren vorzubereiten: die Einführung der Abgeltungsteuer. Ab 1. Januar müssen Anleger auf alle Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne einen einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent bezahlen. Mit Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer kann er sich auf rund 28 Prozent erhöhen.

Die Banken drängen zur Eile. Denn Wertpapiere, die vor dem 1. Januar gekauft werden, genießen Bestandsschutz: Wird die einjährige Spekulationsfrist eingehalten, sind die Gewinne steuerfrei, auch wenn sie 2009, 2010 oder noch später anfallen. Die Institute raten den Kunden, ihre Depots zu durchforsten und abgeltungsteuerfest zu machen. Dafür halten sie ein ganzes Bündel von Lösungen und neuen Produkten parat, mit denen die Auswirkungen der Steuer zumindest gemildert werden sollen. Doch nicht immer sind die Produkte sinnvoll, warnen Experten.

Hohe Gebühren bei Dachfonds

"Viele Anleger wissen doch gar nicht, was sich hinter der Abgeltungsteuer eigentlich verbirgt“, sagt Christian Kreuser, Leiter Private Banking bei der Berliner Quirin Bank. Er rät den Anlegern Ruhe zu bewahren und sich nicht Bange machen zu lassen. Vielen Banken wirft er vor, die Angst der Anleger künstlich zu schüren und diese dann zu nutzen, um überteuerte Produkte zu verkaufen. "Angst sollte man vor den Angeboten vieler Banken haben, aber nicht vor der Abgeltungsteuer“, sagt Kreuser.

Ein typisches Produkt, mit dem Banken und Fondsgesellschaften die Abgeltungsteuer austricksen wollen, sind sogenannte Dachfonds, die das Geld des Anlegers in verschiedene Einzelfonds investieren können – je nach aktueller Marktlage. Sie nutzen eine Lücke, die der Gesetzgeber gelassen hat und die er nach aktuellem Stand auch nicht schließen wird: Die Veräußerungsgewinne auf Fondsebene, also die Geschäfte, die die Fondsmanager mit dem ihnen überlassenen Geld tätigen, werden nicht besteuert. Innerhalb der Dachfonds kann deshalb kräftig umgeschichtet und in Rentenpapiere, Aktien oder Immobilien investiert werden. Wer vor dem 1. Januar 2009 kauft und die Anteile mindestens ein Jahr hält, zahlt keine Abgeltungsteuer.

Steuerersparnis wird von den Kosten der Dachfonds aufgefressen

Das Angebot solcher Dachfonds ist zuletzt drastisch gestiegen. Der Branchenverband BVI listet für Ende Mai 662 Dachfonds auf – fast 200 mehr als noch ein Jahr zuvor. "Dachfonds sind eine Möglichkeit, die Abgeltungsteuer in Teilen zu umgehen“, sagt Peter Lischke, Finanzexperte von der Verbraucherzentrale Berlin.  Allerdings seien Dachfonds oft relativ teuer, weil sie hohe Verwaltungsgebühren verlangten. "Diese Gebühren können ein Renditekiller sein“, sagt Lischke.

Noch drastischer warnt Christian Kreuser von der Qurin Bank: "Dachfonds sind so teuer, dass die vermeintlich erzielte Abgeltungsteuerersparnis davon in der Regel komplett aufgezehrt wird“, sagt er – und macht eine Rechnung auf: Ein Bankkunde legt 100.000 Euro in einen Dachfonds an, der ihn durchschnittlich drei Prozent im Jahr an Gebühren kostet. Dann zahlt dieser Kunde Jahr für Jahr 3000 Euro an Fondsgebühren. „Das ist oft mehr, als an Abgeltungsteuer anfällt, wenn man das Depot selbst umschichtet“, sagt Kreuser.

Kreuser rät deshalb zu kostengünstigen Produkten wie Exchange Traded Funds (ETFs). Diese Fonds bilden einen Index oder bestimmte Aktien- und Anleihenkörbe nach, also zum Beispiel den Dax. Sie werden in der Regel nur passiv gemanagt, das heißt ohne aktive Umschichtungen. Weil es bei diesen Produkten keine Fondmanager gibt, liegen die Kosten deutlich niedriger als bei normalen Fonds. Das macht ETFs besonders günstig. "Statt der ein bis drei Prozent Gebühren bei aktiv verwalteten Fonds fallen bei Indexfonds nur 0,15 bis 0,50 Prozent Gebühren pro Jahr an“, sagt Kreuser.

Fondssparpläne sind die Verlierer

Die großen Verlierer der Abgeltungsteuer dürften nach jetzigem Stand die klassischen Fondsparpläne werden. Denn ab dem 1. Januar 2009 greift die Abgeltungsteuer für alle Anteile, die ab diesem Stichtag erworben werden. Das schmälert die Rendite. Ein Rechenbeispiel: Wer 30 Jahre lang monatlich 100 Euro in einen Aktienfondssparplan einzahlt, kann bisher bei einer durchschnittlichen Jahresrendite von acht Prozent am Ende 130.000 Euro herausbekommen – steuerfrei. Beginnt die Einzahlung 2009, sieht das anders aus. Dann kämen am Ende 23.500 Euro weniger raus.

Die Banken haben auch hier eine Lösung parat: fondsgebundene Rentenversicherungen, die nicht unter die Abgeltungsteuer fallen. "Solche Versicherungen stehen durch die Abgeltungsteuer plötzlich besser da als Fondssparpläne, obwohl sie für den Anleger in der Regel teurer sind“, sagt Verbraucherschützer Peter Lischke. Er rät Investoren deshalb auch hier zur Vorsicht. "Das sollte man sich ganz genau überlegen, bevor man sein Geld umschichtet.“ Ohnehin warnt Lischke davor, nur aus steuerlichen Gründen "Hals über Kopf aus gut laufenden Fonds auszusteigen“.

Auf unabhängige Beratung achten

Wer dennoch umschichtet, sollte darauf achten, dass die Bank auch unabhängig berät. "Wenn ein Finanzdienstleister ausschließlich Wertpapiere eines Anbieters oder einiger weniger Anbieter anbietet, ist Vorsicht geboten“, sagt Arnd Brüggenwirth, Leiter Private Banking der Landesbank Berlin International in Luxemburg. "Mit einer unabhängigen Beratung hat das ansonsten wenig zu tun.“

Brüggenwirth rät vor allem sicherheitsorientierten Anlegern, jetzt noch in niedrigverzinste Anleihen zu investieren. Mit solchen Papieren, die niedrige Zinsen bieten, aber am Ende der Laufzeit hohe Kursgewinne versprechen, können Anleger mit einem hohen persönlichen Steuersatz ihre aktuelle Steuerlast drücken und ihre Rendite in die Zukunft verlagern. Ab nächstem Jahr zahlen sie dann nur noch 25 Prozent Abgeltungsteuer.

Stefan Kaiser

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