zum Hauptinhalt

Aktienindex: VW-Stammaktien droht Rauswurf aus dem Dax

Nach mehr als 20 Jahren sind die Tage der VW-Stammaktien im Deutschen Aktienindex offenbar gezählt: Sie erreichen die Mindestquote von zehn Prozent nicht mehr

Den frei handelbaren Volkswagen-Stammaktien droht durch den Einstieg von Qatar Mitte Dezember der Ausschluss aus dem wichtigsten deutschen Börsenindex: Sobald das Emirat bekannt gibt, 17 Prozent der Aktien zu halten, würde der VW-Streubesitz unter zehn Prozent rutschen und das Unternehmen eine Bedingung für die Dax-Mitgliedschaft nicht mehr erfüllen. Sollte die Deutsche Börse ihre Regularien streng anwenden, fallen die VW-Stämme schon in der kommenden Woche aus dem Leitindex.

"Wenn die bis Montag auslaufenden Optionen über 17 Prozent der Stammaktien ausgeübt werden, fällt der Streubesitz von Europas größtem Autohersteller unter die für eine Mitgliedschaft im Dax erforderlichen zehn Prozent", erläuterte Wolfgang Gerke, Mitglied des Börsenrats der Frankfurter Wertpapierbörse. Bislang liegt deren Streubesitz bei 26,86 Prozent.

Deutsche-Börse-Sprecherin Leticia Adam drückte sich vorsichtiger aus: "Wir werden grundsätzlich abwarten, bis die Optionen ausgeübt wurden", sagte sie am Dienstag Dow Jones Newswires. Die Deutsche Börse werde die VW-Stämme nicht vorzeitig aus dem Dax entfernen. Sobald jedoch der Fall eintrete, "könne eine Aktie innerhalb von zwei Handelstagen aus dem Leitindex entfernt werden".

Damit würde Volkswagen wenige Tage vor Weihnachten den Dax verlassen müssen. Ein kompletter Rauswurf droht Volkswagen jedoch nicht: Statt der Stämme dürften die stimmrechtslosen VW-Vorzugsaktien in den Index einziehen. "Die VW-Vorzüge erfüllen die Kriterien der Deutschen Börse komfortabel", sagt Aktienstrategin Anke Platzek von der LBBW.

Der Wechsel sieht auf den ersten Blick relativ einfach aus, dahinter steckt jedoch eine komplizierte Transaktion, bei der die lange Zeit von Porsche aufgebauten Optionen auf VW-Stammaktien eine entscheidende Rolle spielen. Analysten gehen davon aus, dass die genannten Kaufoptionen über 17 Prozent der VW-Stammaktien – die derzeit die Credit Suisse hält – auf Qatar zurückgehen. Schließlich hatte das Emirat nach Porsches gescheitertem VW-Übernahmeversuch dem Sportwagenbauer mit insgesamt sieben Milliarden Euro unter die Arme gegriffen und dabei nach eigenen Angaben auch Optionen auf 17 Prozent der VW-Stammaktien erworben.

"Diese von der Credit Suisse gehaltenen Finanzinstrumente sind nahezu genau der Prozentsatz der Optionen von Qatar", sagt Equinet-Analyst Tim Schuldt. Ein Sprecher für das Emirat wollte sich dazu nicht konkret äußern. Er bestätigte lediglich, "dass die Credit Suisse einer der Finanzberater der Qatar Holding ist". Auch die Schweizer Bank lehnte einen Kommentar ab.

Die Deutsche Börse hat bei ihrer Entscheidung einen gewissen Spielraum. Normalerweise können Vermögensverwalter wie die Credit Suisse nach den Regeln des Frankfurter Börsenbetreibers ein Viertel an einem Unternehmen halten, wobei dieser Anteil trotzdem dem Streubesitz zugerechnet wird. Im Falle der Credit Suisse, die zumindest vorübergehend zum drittgrößten VW-Aktionär aufsteigen würde, ist es etwas komplizierter: Ein Sprecher der Deutschen Börse verwies auf deren Leitfaden für Aktienindizes. Demnach werden Positionen, die im Auftrag Dritter und mit strategischem Hintergrund gehalten werden, dem Festbesitz zugerechnet.

Größter VW-Anteilseigner ist momentan Porsche mit knapp 51 Prozent plus jenen 2,4 Prozent, die von den Familien Porsche/Piech direkt gehalten werden. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff kontrolliert mit dem VW-Gesetz in der Hinterhand gut ein Fünftel der Anteile an Europas größtem Autobauer.

An der Börse wird der Rauswurf der VW-Stämme aus dem Dax bereits erwartet. Möglicherweise kehrt dann auch wieder etwas mehr Ruhe in den Leitindex ein, hatten die VW-Stämme in der Vergangenheit doch immer wieder Kurskapriolen geschlagen: Im Herbst vergangenen Jahres notierten sie zeitweise bei mehr als 1000 Euro, inzwischen kosten sie noch rund 140 Euro. Analysten sehen den Konzern mit den Vorzügen fairer bewertet. Sie werden aktuell um die 60 Euro gehandelt. Generell sind Vorzüge im 30 Werte umfassenden Dax bislang die Ausnahme: Lediglich die stimmrechtlosen Papiere des Konsumgüterherstellers Henkel und des Dialysespezialisten Fresenius sind im Dax vertreten.

Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters 27.8.2009

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false