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Anlegen: Spannung vor dem Sturm

Rohstoffe bieten hohe Gewinnchancen. Missernten könnten die Preise von Weizen, Mais oder Palmöl aber schnell in die Höhe treiben. Spekulanten setzen deshalb auch auf El Niño.

Bewahrheiten sich die Prognosen mancher Wissenschaftler, so könnte El Niño in diesem Jahr wieder Probleme bereiten. Sorgen macht das Wetterphänomen, das alle drei bis acht Jahre die Erde heimsucht, auch den Rohstoffmärkten. Denn El Niño bewirkt, dass sich der Ostpazifik erwärmt – mit gewaltigen Folgen: Möglich sind Dürren in Australien und Argentinien, dem viertgrößten Weizenproduzenten der Erde, Wirbelstürme über Atlantik und Pazifik, Ausbleiben oder Abschwächung des Monsuns in Teilen Asiens. Kommt es dazu, dann könnten Missernten die Preise von Agrarrohstoffen wie Weizen, Mais, Palmöl oder Reis in die Höhe schnellen lassen.

Bisher haben die meisten Agrarrohstoffe die satten Zuwächse der letzten Monate im Rohstoffsektor nicht mitgemacht: Weizen notiert seit Jahresbeginn rund 15 Prozent im Minus, Mais gut zehn. Dagegen setzten Industrie- und Edelmetalle sowie Öl nach heftigem Sturzflug 2008 in diesem Jahr zur Aufholjagd an: Preissteigerungen von mehr als 80 Prozent seit Januar wie bei Blei oder Kupfer waren keine Seltenheit. Weniger stark gesunkene US-Rohöl-Bestände als erwartet haben den Ölpreis am Mittwoch auf ein Sechs-Wochen-Tief von 62,20 Dollar je Fass gedrückt. Aber: Vor einem Jahr notierte Öl noch bei knapp 150 Dollar, im Zuge der Konjunkturkrise brach der Preis unter 40 Dollar ein.

Getrieben war die Rohstoff-Hausse vor allem von Spekulanten und Anlegern, die damit auf ein schnelles Ende der Krise und somit ein stärkere physische Nachfrage nach Grundstoffen setzten. Doch auch massive Rohstoffkäufe der Chinesen, die die niedrigen Preise nutzten, wirkten eine Weile stützend. Peking verfügt nun über Ölreserven von 100 Millionen Barrel, kaufte zuletzt hunderttausende Tonnen Kupfer, Aluminium, aber auch Blei, Gold und Silber auf, hat das Horten von Rohstoffen wegen der gestiegenen Preise aber vorerst auf Eis gelegt. Weitere Preisrückgänge seien deshalb programmiert, glauben viele Rohstoffexperten.

Bei Agrarrohstoffen tippen dagegen fast alle Experten auf anziehende Kurse. Die Weltbevölkerung wächst jedes Jahr um rund 80 Millionen Menschen, gleichzeitig steigt die Nachfrage nach werthaltiger Ernährung und Fleisch. Zwar rechnen die USA in diesem Jahr mit einer Weizenrekordernte von 1,73 Milliarden Tonnen. Doch was passiert, wenn der Rekord ausbleibt, zeigt der Rohstoff Zucker, der sich schon um bald 60 Prozent verteuert hat: In Brasilien wird immer mehr Zuckerrohr für die Herstellung von Biotreibstoffen eingesetzt, in Indien, dem weltweit zweitgrößten Hersteller, zeichnet sich eine schwere Missernte bei gleichzeitiger Verringerung der Anbauflächen ab. Sollte El Niño also ab Herbst tatsächlich sein Unwesen treiben, kann man sich leicht ausmalen, was eine Dürre in den Weizenanbaugebieten oder zu schwacher Monsunregen in Asien für die Preise von Agrarprodukten bedeutet.

Von solchen Preisveränderungen können auch Privatanleger profitieren, auch wenn Kritiker den steigenden Einfluss der Spekulation auf Grundnahrungsmittel für moralisch fragwürdig halten. Es ist relativ einfach, in Rohstoffen Geld anzulegen. Da sind zum einen normale Rohstoff-Fonds, die indirekt auf rohstoffverarbeitende Firmen setzen, etwa Ölkonzerne, Goldminen oder Saatgutproduzenten. Der direkte Kauf von Rohstoffen ist Fonds verboten. Ein Fonds darf jedoch als insolvenzgeschütztes Sondervermögen maximal zehn Prozent der Kundengelder in Derivate wie Futures stecken. Ein Future garantiert einem Händler oder Investor, eine bestimmte Menge eines Rohstoffs zu einem fixen Termin und Preis kaufen zu können. Banken bieten sie zum Beispiel in Form von „Exchange Traded Funds (ETF)“ an, das sind börsengehandelte, meist passive Fonds mit sehr geringen Gebühren. So befinden sich in den Portfolios des Lyxor ETF Commodities CRB (Société Générale) oder der Konkurrenzprodukte „ishares DJ UBS Commodity“ (Barclays bzw. künftig Blackrock) oder DB Commodity Booster S & P GSCI Light Energy (Deutsche Bank) ganz normale Aktien wie MAN, BASF oder L’ Oreal – zu mindestens 90 Prozent. Ein paar Prozent der Anlegergelder gehen jedoch auch in einen Swap, eine Art Tauschgeschäft: Dabei tauscht der ETF-Anbieter die Wertentwicklung seiner Aktien gegen jene des Rohstoffindex, die ihm eine Bank zur Verfügung stellt.

Doch auch normale Fonds, die mit diesem oder ähnlichen Tricks arbeiten, sind auf dem Markt, etwa der „Rohstoffe 1“ der Landesbank Baden-Württemberg oder der UBS Structured Sicav RICI, der sich am Rogers International Commodity Index orientiert. Angeschoben von der Rohstoff-Investment-Legende Jim Rogers bildet dieser Index 36 Rohstoffe ab, darunter auch wenig gehandelte Exoten wie Wolle, Raps und magere Schweine. Die Wertentwicklung der 19 wichtigsten Rohstoffe spiegelt der seit 1957 berechnete Reuters/Jefferies CRB Index wider, dessen Zusammensetzung jeden Monat neu ausbalanciert wird.

Wer nur in einen einzigen Rohstoff investieren möchte, etwa in Öl oder Weizen, muss auf sogenannte ETC (Exchange Traded Commodities) zurückgreifen. Anders als ETF, die nur in Rohstoff-Indizes investieren können, erlauben sie dem Privatanleger den Kauf eines einzigen Rohstoffs – ohne Kauf eines Futures und ohne physische Lieferung. Doch Vorsicht: ETC sind keine Fonds und damit kein Sondervermögen, sondern wie Zertifikate Schuldverschreibungen. Geht der Emittent pleite, kann der Anleger sein Geld verlieren. Auch grundsätzlich gilt: Mehr als eine Beimischung sollten Rohstoffe in keinem Depot sein.

Veronica Csizi

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