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Anleihezinsen: Zitterprämien für Mutige

Unternehmen zahlen wegen der Krise hohe Anleihezinsen – Anleger profitieren.

Die ins Schlingern geratenen Autohersteller leisten sich einen teuren Luxus, um an frisches Geld zu kommen. Üppige 8,875 Prozent Zinsen bot der Autobauer BMW Anlegern unlängst, die ihm bis 2013 Geld leihen. VW musste mit 6,875 Prozent locken, Daimler blätterte im Dezember sogar neun Prozent hin, um sich bei Investoren für drei Jahre Geld zu leihen.

Viele Konzerne, die sich Kapital nicht von der Bank, sondern vom Markt holen und Unternehmensanleihen emittieren, überbieten sich mit hohen Zinsen. Selbst von Unternehmen mit sehr guter Bonität und besten Ratings verlangt der Markt derzeit Risikoprämien, die man vor einem Jahr noch für undenkbar gehalten hätte. Während die Anleger dem besten Schuldner – dem Staat – ihr Geld zehn Jahre lang für knapp drei Prozent anvertrauen, lassen sie sich das Risiko von Unternehmen mit Aufschlägen von drei bis sechs Prozentpunkten versüßen.

Gleichzeitig ist der Kapitalbedarf hoch: Allein in den ersten elf Handelstagen des neuen Jahres überschwemmten Firmenanleihen im Wert von 18 Milliarden Euro den Markt, darunter Papiere von VW, Eon und Vodafone. Die Spreads (Spreizung) zwischen Staats- und Unternehmensanleihen (siehe Kasten) hätten so extreme Ausmaße erreicht, dass ein Kauf reizvoll erscheine, heißt es bei der Großbank ING. Auch Anleihe-Experte Christoph Balz von der Commerzbank glaubt, dass man sich Firmenanleihen ins Depot holen sollte – aber nur bei nicht zu kurzfristigem Anlagehorizont. „Die Rezession ist längst nicht vorbei“, sagt Balz. Alle früheren Wirtschaftskrisen hätten zu geringeren Vertrauensverlusten geführt. Selbst in der Weltwirtschaftskrise in den 30ern lagen die Zitterprämien niedriger. Davon könne der Anleger profitieren.

Auch Guido Greim ist sicher, dass „der Anleger derzeit gute Chancen hat, hohe Zinsen mitzunehmen und Kursgewinne zu erzielen“. Der Anleihe-Spezialist der Deutschen Bank rät auch davon ab, noch viel länger zu warten und auf günstigere Konditionen oder eine konjunkturelle Wende zu warten. Der Grund: Das Zinsniveau insgesamt werde weiter sinken. So wird am Markt kaum noch bezweifelt, dass die europäische Notenbank an diesem Donnerstag die Leitzinsen um 50 Basispunkte auf dann zwei Prozent senkt. Die Commerzbank geht davon aus, dass zehnjährige Staatsanleihen zur Jahresmitte nur noch 2,5 Prozent abwerfen – so wenig wie nie zuvor. Dies werde auch die Zinsen bei Unternehmensanleihen unter Druck bringen. Trotzdem glauben die meisten Anleihe-Experten, dass die Zinsschere zwischen Staatsanleihen und Firmenbonds vorerst wegen des hohen Kapitalbedarfs weit geöffnet bleibt.

Allein bei den 30 Dax-Konzernen laufen in diesem Jahr Anleihen im Umfang von 50 Milliarden Euro aus, die zurückgezahlt und vermutlich neu finanziert werden müssen. Mehr als die Hälfte davon schlummert bei den Autokonzernen VW, Daimler und BMW. In ganz Europa sind es sogar 125 Milliarden Euro.

Neuemissionen mit hohen Zinsschnäppchen saugt der Markt schnell auf, weshalb auch die Kurse zuletzt ordentlich geklettert sind: Die BMW-Anleihe vom November legte bereits um zehn Prozent zu, was den Zins von 8,875 Prozent beim Neukauf am Mittwoch auf eine Rendite von 6,2 Prozent drückte. Auch der Neunprozenter von Daimler rentiert inzwischen nur noch mit 6,75 Prozent. Die im Rahmen des Konjunkturpakets beschlossene Abwrackprämie habe „sofort bei den Kursen und damit den Renditen Wirkung gezeigt“, sagt Anleihe-Experte Greim.

Wie rabenschwarz Investoren die künftige Lage vieler Unternehmen sehen und wie groß die Angst vor Bankrotten und damit Zahlungsausfällen ist, zeigen vor allem Papiere, die bereits länger im Markt sind. So notierte eine Anleihe der Allianz mit „A+“-Rating (Wertpapierkennnummer 858 420), die bis 2022 läuft und einen Kupon von 6,125 Prozent hat, derzeit bei rund 90 Euro, was die Rendite auf 7,23 Prozent hebt. Fiat (BBB-) belohnt mutige Investoren für eine bis 2012 laufende Anleihe (AOGNCU) nach einem Kursverfall auf 73 Euro sogar mit gut 16 Prozent.

Insgesamt sind in den Risikoprämien derzeit im Schnitt Ausfallraten von etwa zwölf Prozent enthalten und damit fünf Mal mehr als je zuvor. Allerdings: Geschenkt wird dem Anleger an der Börse nichts. Das Risiko eines Totalverlustes im Falle einer Pleite des Schuldners ist vorhanden. Der Kauf einer Anleihe von General Motors mit immer noch B-Rating mag zwar dank 41-prozentiger Rendite verlockend sein. Doch die Chance, dass die Gewinne auch fließen, liegt gemessen am Kurs bei nur 20 Prozent.

Wer sich die Auswahl einer Anleihe nicht selbst zutraut, kann auch in Fonds investieren. Der Anleger hat hier die Wahl zwischen einem passiven, indexorientierten Papier wie dem I-Shares Corporate Bond (251124), der zwar bankenlastig ist, seit dem Spätherbst jedoch bereits wieder von 96 auf gut 114 Euro zugelegt hat. Er enthält Anleihen von 40 Firmen mit Best-Rating. Alternativ bieten sich aktiv gemanagte Produkte an, von denen die erfolgreichsten nun auf Jahressicht langsam wieder im Plus liegen (etwa der Schroders ISF Euro Corporate Bond), die schwächsten jedoch umgekehrt 20 bis 34 Prozent im Minus dümpeln, darunter der Uni-Money Market Euro Corporates oder der DWS Euro Corp. Bonds.

Veronika Csizi

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