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Banken: Gefährliche Größe

Für Island ist es ein Problem. Für die Schweiz könnte es sich zu einem entwickeln und auch größeren Ländern Schwierigkeiten bereiten: Eine Großbank in Schieflage kann ein ganzes Land in Bedrängnis bringen.

Frankfurt am Main - Durch Übernahmen und die Ausweitung ihrer Geschäfte werden Banken in Relation zu den jeweiligen Volkswirtschaften immer größer. Bei möglichen Schieflagen können sie so von ihren Heimatländern praktisch nicht mehr aufgefangen werden. Die Finanzkrise hat dies gezeigt. Jetzt wird heftig darüber diskutiert, wie Großbanken eingeschränkt werden können, um die Risiken für die gesamte Wirtschaft zu minimieren.

Auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann warnt vor der Gefahr, dass im Zuge der Finanzkrise durch Fusionen und Übernahmen zu große Banken entstehen, deren Kollaps noch dramatischere Folgen haben könnte als in der aktuellen Krise. Man habe gewusst, dass Banken „too big to fail“ sein können, also zu groß, um sie scheitern zu lassen. Aber es sei nicht klar gewesen, dass sie auch „too big to save“ werden können, also zu groß, um sie retten zu können, umschreibt Hermann Wagner, Professor für Finanzmanagement an der Frankfurt School of Finance, die Lage.

In der Schweiz sind genau aus diesem Grund weitere Auflagen für die Großbanken UBS und Credit Suisse geplant. Die Liquiditätsvorschriften sollen unter anderem so verstärkt werden, dass die Banken Kundeneinlagen mindestens einen Monat lang aus eigener Kraft auszahlen können, sollte es einen Ansturm geben. Die Banken haben diese Auflagen bislang ohne Murren geschluckt, obwohl sie viel Geld kosten. Auch die Bank of England sinnt über weitere Auflagen nach. Zentralbankchef Mervyn King plädiert unverblümt für kleinere Banken, bei denen die Risiken überschaubar und die Kontrollen einfacher sind. In England schwindet die Bereitschaft, großen Banken Staatsgarantien zu gewähren, wenn sie zu große Risiken eingehen.

Auch in Deutschland wird die Diskussion in diese Richtung gehen, glaubt Finanzprofessor Wagner. Freilich sei das nur dort möglich, wo der Staat direkten Einfluss auf die Banken habe. Zu sehen ist dies bei der Commerzbank, wo der Bund inzwischen ein Viertel und eine Aktie hält. Das Institut muss Beteiligungen abstoßen und Sparten verkleinern. Die Deutsche Bank fährt ihre Aktivitäten ebenfalls zurück, jedoch nicht durch die Aufgabe von Geschäftsfeldern, sondern durch den Abbau von Risikopositionen. Nach Auffassung von Wagner fahren Ackermann und seine Kollegen diese Strategie aber auch, weil das Geschäft in den vergangenen Jahren zu komplex und damit schwerer zu überschauen ist – für die Banker, vor allem aber für die Aufseher. „Es geht für die Banken jetzt darum, ein Geschäftsmodell zu finden, bei dem die Institute zugleich wirksam überwacht und kontrolliert werden können.“ Dies liegt allein schon im Interesse jeder einzelnen Volkswirtschaft. Die Schieflage einer Großbank kann ein Land ins Taumeln bringen. „Banken sollten größenmäßig an die jeweilige Volkswirtschaft angepasst werden, damit der Staat sie in Krisenzeiten auch noch retten kann“, sagt Wagner.

Doch bis dahin kann es noch ein weiter Weg sein. Das könne nur gelingen, wenn eine solche Strategie gleichzeitig in allen Ländern angegangen werde, sagt ein Privatbanker. Er hält die Idee für abwegig. Die Schweizer Nationalbank ist offenbar auch skeptisch. Ihr schwebt eher eine internationale Koordination für Krisenfälle vor. Dies soll dafür sorgen, dass sich Großbanken nicht allzu sicher fühlen dürfen, dass der Staat sie rausboxt, wenn sie in die Bredouille geraten. Größe an sich soll keine Garantie für die Rettung sein.

Freilich: Dieser Ansatz wie auch ein staatlich quasi aufgezwungener Schrumpfungsprozess hat in den Augen von Börsianern wenig Chancen. Natürlich bedürfe es einer schärferen Regulierung, sagt Fidel Helmer, Börsenchef beim Bankhaus Hauck & Aufhäuser. „Aber weitreichende Beschränkungen von Aktivitäten passen nicht zur Marktwirtschaft.“ Wichtiger ist Helmer eine international besser abgestimmte Kontrolle und Aufsicht. Aber selbst das ist eine Mammutaufgabe. US-Präsident Barack Obama hat mit seinen jüngsten Ankündigungen für eine verschärfte Finanzaufsicht in den USA freilich eindrücklich deutlich gemacht, dass es nicht anders geht. Rolf Obertreis

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