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Bankenrettung: EU-Richter sollen Verstaatlichung der HRE prüfen

Die HRE-Übernahme durch den Bund war womöglich nicht mit Europarecht vereinbar. Das Landgericht München verwies daher eine Klage ehemaliger Aktionäre an die EU-Justiz.

Die ehemaligen Anteilseigner der verstaatlichten Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) können auf Schadensersatz hoffen: Im ersten Prozess um die Übernahme des maroden Instituts vor dem Landgericht München kündigte der Richter Helmut Krenek an, die Klage mehrerer Ex-Aktionäre dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorzulegen. Die EU-Richter müssten prüfen, ob der Bund bei der Kapitalerhöhung im vergangenen Juni gegen europäisches Recht verstoßen habe. Bis zu einer Entscheidung in Luxemburg wird der Prozess in München ausgesetzt.

In dem Zivilverfahren wollen sechs ehemalige HRE-Aktionäre den Beschluss der Hauptversammlung anfechten, mit dem der Bund im vergangenen Sommer die Voraussetzungen für die Übernahme geschaffen hatte. Er hatte sich zu der Verstaatlichung entschlossen, um die HRE nach Kapitalhilfen und Garantien von mehr als 100 Milliarden Euro zu stabilisieren. Mit seiner Stimmenmehrheit setzte der Bund auf den Aktionärstreffen deshalb eine Kapitalerhöhung durch, mittels derer sein Anteil auf mehr als 90 Prozent stieg. Damit konnte er die restlichen Aktionäre aus dem Unternehmen drängen und die HRE vollständig in seinen Besitz bringen. Den Anlegern zahlte der Bund eine Abfindung für ihre Anteile und setzte sie vor die Tür.

Knackpunkt der jetzigen Entscheidung des Landgerichts ist jedoch weniger die Übernahme selbst. Die Kammer verwarf vielmehr die Argumentation der Kläger, die in der Verstaatlichung eine Enteignung sehen. Der Richter Helmut Krenek hielt fest, dass das Vorgehen des Bundes als Großaktionär der HRE nicht gegen deutsches Recht verstoße. Es liege weder eine Enteignung noch ein anderer Verstoß gegen das Eigentumsrecht vor, sagte er.

Allerdings könnte das Verfahren der Übernahme nicht mit dem europäischen Recht vereinbar sein. Im Rahmen der Finanzmarktstabilisierung verkürzte der Bund die Einberufungsfrist einer Hauptversammlung auf bis zu einen Tag. Eine EU-Richtlinie sieht dagegen eine Frist von mindestens 21 Tagen vor. Der EuGH solle daher prüfen, inwiefern die per Gesetz geregelte Fristverkürzung durch den Bund rechtmäßig sei, sagte Krenek.

Sollten die EU-Richter zu dem Schluss kommen, dass der Bund tatsächlich gegen das Europarecht verstoßen hat, könnte dies die Chancen der Aktionäre auf Schadenersatz verbessern. Kläger-Anwältin Daniela Bergdolt wertete die Entscheidung daher als großen Erfolg und eine Schelte für die Bundesregierung, die sich an das Europarecht hätte halten müssen.

Mit einer Entscheidung aus Luxemburg ist nach Einschätzung des Gerichts in den nächsten Monaten aber noch nicht zu rechnen. Rückgängig gemacht werden könne die umstrittene Kapitalerhöhung ohnehin nicht, stellte Krenek klar.

Neben der Anfechtungsklage sind am Landgericht München mehr als 50 Schadenersatzklagen ehemaliger HRE-Aktionäre anhängig, mit denen sie insgesamt rund eine Milliarde Euro Schadenersatz für ihre Aktienkurs-Verluste erreichen wollen. Diese Klagen sollen in einem Musterprozess gebündelt werden.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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