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Deutsche Bank: Börsig unter Beschuss

Clemens Börsig hat sich im Machtspiel verspekuliert. Der Deutsche-Bank-Aufsichtsrat muss mit einer turbulenten Hauptversammlung rechnen.

Frankfurt am Main - Clemens Börsig weiß sich durchzusetzen – zur Not unter Hinweis auf das eigene Amt. „So redet man nicht mit einem Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank“, lässt der Banker mitunter seine Kritiker wissen, wenn es im Gespräch eng wird. Ob diese Taktik auch am Dienstag auf der Hauptversammlung greift, ist fraglich. Mit seinem gescheiterten Versuch, die Nachfolge von Bankchef Josef Ackermann anzutreten, hat sich Börsig intern und auch bei den Anteilseignern ins Abseits manövriert. Heftiger Gegenwind der rund 4000 Aktionäre ist damit programmiert.

„Man ist sprachlos ob des offensichtlichen Dilettantismus, der hier öffentlich wurde“, sagt Klaus Nieding, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Börsig habe das Ansehen der Bank beschädigt. Auch bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) ist der Aufsichtsratsvorsitzende in Ungnade gefallen. Börsigs Vorgehen sei „ein Unding“, sagt SdK- Chef Klaus Schneider. „Herr Börsig ist zweifelsohne beschädigt.“

Der 60-Jährige hatte sich Ende April im Aufsichtsrat selbst als künftiger Bankchef zur Wahl gestellt, war aber gescheitert. In der Folge wurde Ackermanns Vertrag, der eigentlich im kommenden Jahr enden sollte, bis 2013 verlängert. Weder DSW noch SdK wollen unmittelbar vor dem Aktionärstreffen den Rücktritt des schwer angeschlagenen Aufsichtsratsvorsitzenden fordern. Doch Nieding erwartet, dass sich diese Frage ohnehin bald von selbst löst. „Ich gehe davon aus, dass man Herrn Dr. Börsig noch eine gewisse Schamfrist einräumt und in relativer Nähe zur Hauptversammlung dann personelle Konsequenzen zieht“, sagt der Aktionärsschützer.

Als möglichen Nachfolger an der Spitze des Kontrollgremiums bringt Nieding Heinz Hilgert ins Spiel, der vor wenigen Tagen als Chef der WestLB zurückgetreten ist. Innerhalb der Deutschen Bank wird ein Rückzug Börsigs nach der Hauptversammlung nicht ausgeschlossen. „Alles ist denkbar“, sagt ein Insider. Seit Anfang Mai wird über einen Rückzug spekuliert. „Es gibt eine Fraktion innerhalb der Bank, die an Börsigs Demontage arbeitet“, hatte es damals geheißen.

Die zu erwartende Abrechnung mit Börsig dürfte dazu führen, dass die Leistung Ackermanns in der Krise in den Hintergrund gerät. Denn trotz eines Rekordverlustes von 3,9 Milliarden Euro und der auf magere 50 Cent eingedampften Dividende steht die Bank besser da als die meisten ihrer Wettbewerber. Bislang ist sie ohne Hilfe des Staates ausgekommen und hat im ersten Quartal Gewinn gemacht. „Unter dem Strich muss man festhalten, dass die Deutsche Bank mit einem blauen Auge durch die Krise gesteuert ist“, lobt auch SdK-Chef Schneider.

Deutsche-Bank-Aktionär Leo Kirch wird sich dennoch nicht davon abhalten lassen, seine Dauerfehde mit dem Institut fortzusetzen. „Der Aktionär Kirch hat ein paar Fragen und bittet freundlich um Antwort“, heißt es im Umfeld des Medienunternehmers. Kirch wirft der Bank vor, ihn in den Ruin getrieben zu haben. Regelmäßig präsentieren seine Anwälte deshalb auf den Hauptversammlungen schier endlose Fragenkataloge. 2007 sah sich Börsig als Aufsichtsratschef sogar genötigt, sich zu Beginn der HV als Versammlungsleiter bestätigten zu lassen. Hintergrund war eine Klage Kirchs gegen Börsigs Berufung. Hgn (HB)

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