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© dpa

Fed: Unterschiedliche Noten für Ben Bernanke

Ben Bernanke bleibt Chef der amerikanischen Notenbank (Fed). Seine Amtszeit wäre am Sonntag ausgelaufen und eine Vertragsverlängerung war bis zuletzt umstritten. Warum ist die Fed so wichtig?

Am Ende ist er doch noch glimpflich davongekommen. 70 von 100 Senatoren im amerikanischen Senat stimmten in der Nacht zum Freitag für eine zweite Amtszeit von Notenbankchef Ben Bernanke. Damit verhinderten sie in letzter Minute einen massiven Krach an den weltweiten Finanzmärkten – denn am Sonntag wäre die Amtszeit des 56-jährigen Wirtschaftsprofessors abgelaufen. Ein Führungsvakuum an der Spitze der wichtigen Federal Reserve hätte Aktien- und Anleihekurse stürzen und den Dollar, die weltweite Leitwährung, taumeln lassen. Mitten in der Krise, die noch nicht ausgestanden ist, einen so wichtigen Posten neu zu besetzen, wäre ein heikles Unterfangen. Zumal sich ein Neuer erst einmal Vertrauen an den Märkten hätte erwerben müssen – was Monate gedauert hätte.

Über Wochen hatten Bernanke und sein Förderer, Präsident Barack Obama, um die Wiederwahl zittern müssen. Strittig ist die Arbeit des Währungshüters vor und in der Wirtschaftskrise: Kritiker werfen Bernanke vor, viel zu lange an der laxen Geldpolitik seines Vorgängers Alan Greenspan festgehalten zu haben, auch als sich die Anzeichen für einen bevorstehenden Crash der Finanzmärkte mehrten. Die extrem niedrigen Leitzinsen in der Ära Greenspan und ab 2006 unter Bernanke ermutigten Spekulanten zu riskanten Geschäften, etwa auf dem Häusermarkt. Zugleich, befinden seine Gegner, habe Bernanke später während der heftigen Finanzturbulenzen die Interessen der Geldbranche allzu offen vertreten – etwa bei der Rettung von Großbanken und Versicherern. „Er fummelte, während unser Kapitalmarkt brannte“, urteilte etwa Richard Shelby, ein Republikaner im Bankenausschuss des Senats. Erst gab es Milliarden für die Banker, weitgehend ohne Mitsprache von Präsident und Kongress. Millionen Amerikaner sind zugleich arbeitslos geworden, das sorgt in den USA für großen Unmut.

Bernanke hat dagegen nie einen Zweifel an seiner Rettungsstrategie erkennen lassen, schließlich hat er als Wissenschaftler in Princeton die Fehler erforscht, die zur ersten großen Weltwirtschaftskrise vor 80 Jahren geführt haben. Das trug ihm auch den Spitznamen „Helikopter-Ben“ ein – angelehnt an seine Empfehlung, zur Not Geldbündel per Hubschrauber über dem Land abzuwerfen, um eine verheerende Deflation und eine Kreditklemme für die Unternehmen zu verhindern. Folglich senkte die US-Notenbank unter Bernankes Regie die Leitzinsen auf nahe null Prozent, legte zahlreiche üppige Darlehensprogramme auf und versuchte mit allen Mitteln, den blockierten Geldfluss auf den Finanzmärkten wieder in Gang zu bekommen. Die Europäische Zentralbank unter ihrem Präsidenten Jean-Claude Trichet verfolgte eine ähnliche Strategie, wenngleich weniger radikal.

Dem Magazin „Time“ imponierte das Vorgehen der Fed derart, dass es Bernanke im Dezember zur „Person des Jahres 2009“ kürte. „Die Rezession war die Story des Jahres. Ohne Ben Bernanke wäre alles viel schlimmer gekommen“, hieß es zur Begründung. Tatsächlich geht es derzeit für die größte Volkswirtschaft der Welt wieder steil bergauf: Ende 2009 wuchs die US-Wirtschaft auf das Jahr hochgerechnet um 5,7 Prozent, so stark wie seit Sommer 2003 nicht mehr, teilte das Handelsministerium am Freitag mit.

Die wirklich schwierige Aufgabe steht Bernanke erst jetzt bevor. In den kommenden vier Jahren im Eccles Building, der Fed-Zentrale im Herzen Washingtons, muss er den richtigen Zeitpunkt finden, um aus der freigiebigen Geldpolitik wieder auszusteigen und die Zinsen zu erhöhen. Sonst könnte die nächste gefährliche Finanzblase entstehen, womöglich wieder am Immobilienmarkt, vielleicht dieses Mal auch an den Börsen oder im Rohstoffhandel. Neben der Instabilität bedeutete dies eine jahrelange heftige Geldentwertung, mit schlimmen Folgen für die Vermögen und die Löhne nicht nur der US-Bürger. Auch der Dollar geriete unter Druck – und in Europa hergestellte Produkte würden sich durch eine Aufwertung des Euro übermäßig verteuern.

Allerdings gleicht die Suche nach dem besten Zeitpunkt für den Ausstieg einem Drahtseilakt. Geht Bernanke zu beherzt vor, könnte er den Aufschwung der amerikanischen Wirtschaft wieder ausbremsen. Dann würde das Land schlimmstensfalls in die Rezession zurückfallen. Für die Zukunft der Weltwirtschaft ist das Wohl und Wehe der USA entscheidend, auch wenn das Land geschwächt ist. Bernanke kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.

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