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© dpa

Finanzaufsicht: Was Anleger und Sparer von Gelb-Schwarz erwarten können

Dass sich der Schutz der Anleger verbessern muss, darüber sind sich alle Parteien seit der Finanzkrise einig. Doch was können Anleger und Sparer im Detail von der neuen Regierung erwarten?

Eine Lehre aus der Finanz- und Wirtschaftskrise haben alle Parteien gezogen: Der Schutz der Anleger und Sparer muss weiter verbessert werden, Banken und Finanzdienstleister müssen stärker zur Verantwortung für Fehler gezogen werden. Erste Schritte in diese Richtung hat bereits die große Koalition in der vergangenen Legislaturperiode unternommen – etwa beim Thema Finanzberatung oder Einlagensicherung. Die Ausgestaltung im Detail ist allerdings noch offen. Korrekturen sind nach der Wahl also denkbar. Was planen CDU/CSU und FDP nach ihrem Wahlsieg?

Bemerkenswert wenig steht in den Programmen beider Parteien. Die Union schafft es, das Wort Anlegerschutz in ihrem 94-seitigen Wahlprogramm kein einziges Mal vorkommen zu lassen. Ähnlich die Liberalen, die sich überwiegend mit Allgemeinplätzen begnügen: „Wir brauchen mehr Produktwahrheit, Produktklarheit und Risikotransparenz als Mindestanforderungen an Finanzprodukte und Beratung“, heißt es etwa im FDP-Programm. Dennoch sollten Anleger auf Änderungen einiger Rahmenbedingungen vorbereitet sein.

ABGELTUNGSTEUER

Die zum 1. Januar 2009 eingeführte Abgeltungsteuer könnte schon bald auf die Tagesordnung der schwarz-gelben Koalition gelangen, weil die FDP die Steuer ablehnt. Statt mit dem persönlichen Steuertarif des Steuerpflichtigen, werden Einkünfte aus Kapitalvermögen (Zinsen, Dividenden, Kursgewinne) seit Jahresanfang unabhängig von ihrer Höhe pauschal mit 25 Prozent (zuzüglich 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag) besteuert. Die Liberalen sind aber gegen die Einbeziehung privater Veräußerungsgewinne in die Abgeltungsteuer. Für Gewinne aus Aktienverkäufen sollte nach ihren Vorschlägen eine Spekulationsfrist eingeführt werden. Nur Gewinne innerhalb dieser Frist sollten der Abgeltungsteuer unterliegen. „Veräußerungsgewinne aus Anlagen, die der Altersvorsorge dienen und langfristig gebunden sind, sind steuerfrei“, so heißt es im Wahlprogramm der FDP. Unterstützt wird die Forderung nach Wiedereinführung einer Spekulationsfrist von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Es geht nicht, dass man die Menschen erst in die private Altersvorsorge treibt und die Gewinne dann besteuert“, kritisiert DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker. Vorstellbar sei ein höherer Freibetrag wie in Großbritannien, wo rund 8000 Pfund (etwa 8800 Euro) pro Jahr und Sparer steuerfrei bleiben. Oder ein Modell wie in Frankreich. Dort gilt eine Spekulationsfrist von fünf bis sieben Jahren: ab dem fünften Jahr können Privatanleger ihre Kursgewinne zu einem Drittel steuerfrei vereinnahmen, ab dem siebten Jahr komplett.

ZERTIFIKATE

Obwohl komplex konstruierte Finanzprodukte im Zentrum der Finanzkrise standen, finden sich auf der Agenda von Union und FDP keine konkreten Aussagen zur künftigen Regulierung des Zertifikatemarktes. Mit einem Verbot von Derivaten, wie es die Linke fordert, müssen Anleger aber sicher nicht rechnen, sondern mit mehr Transparenz und Aufsicht für die Spezialprodukte. Der (SPD-)Idee eines Finanz-Tüv für alle Anlageprodukte kommt der Vorschlag der Union nahe, künftig alle wesentlichen Bestandteile einer Kapitalanlage, sämtliche Kosten, Provisionen sowie das Risiko für Anleger schnell erkennbar zu machen. Verbraucherschützer schlagen eine Kennzeichnung vor, die so einfach zu verstehen ist wie die nach Klassen unterteilte Energieeffizienz von Kühlschränken. Bei Verbriefungen, also Finanzprodukten, die etwa Kreditforderungen in ein Wertpapier umwandeln, setzen sich CDU und CSU für größere Selbstbehalte der Emittenten ein. Das heißt, Banken und Finanzdienstleister müssen künftig einen größeren Teil des Risikos in den eigenen Büchern behalten. Hier dürfte auch die FDP zustimmen, waren doch Kreditverbriefungen der Auslöser der Finanzkrise.

BANKGEHEIMNIS

Diskussionsstoff für Schwarz-Gelb liefert hingegen die seit einigen Jahren praktizierte Einschränkung des Bankgeheimnisses. Am 1. April 2005 trat das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit in Kraft. Um Steuerhinterziehung zu bekämpfen, ist den Behörden seitdem erlaubt, auf elektronischem Wege und nach eigenem Ermessen Konteninformationen abzurufen. Sozialämter, Arbeitsagenturen, oder Bafög-Stellen dürfen jederzeit Konto- und Depotnummern, Einrichtungs- und Auflösungstag, sowie Namen und Geburtsdatum von Kontoinhabern und Verfügungsberechtigten abfragen. Die FDP glaubt, dass auf diesem Wege Bürgerrechte verletzt werden. Sie fordert deshalb die „Wiederherstellung des Bankgeheimnisses durch die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung und den Verzicht auf heimliche Online- Durchsuchungen privater Computer“.

KLAGEN

Einig ist sich die neue Regierungskoalition darin, dass Anleger Schadenersatzansprüche künftig juristisch schneller und effektiver durchsetzen sollen. „Schiedsgerichte und Beweiserleichterungen sind bewährte Möglichkeiten“, meint die FDP. Sammelklagen wie in den USA werden sicher nicht eingeführt. Denkbar ist aber, dass die Regierung – nach den Erfahrungen mit der Lehman-Pleite – Möglichkeiten zu erweiterten Musterklagen schafft, die das Prozessrisiko und die Prozesskosten für jeden Anleger senken würden. Die DSW schlägt eine Ausdehnung des Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) auf Fälle von fehlerhafter Anlageberatung vor. Bisher lässt das Gesetz Musterklagen nur bei falscher Kapitalmarktinformation zu. Die Union setzt sich darüber hinaus dafür ein, dass alle Vermittler von Finanzprodukten Berufshaftpflichtversicherungen abschließen müssen.

BÖRSENUMSATZSTEUER

Die Einführung einer Steuer auf Umsätze am Finanzmarkt, die die SPD vor der Bundestagswahl vorgeschlagen hatte, dürfte vom Tisch sein. Im Programm der Union gibt es keine Aussagen zu einer Börsenumsatzsteuer, die FDP lehnt sie ab. Zwar hatte Angela Merkel vor dem G-20-Treffen Sympathien für eine international abgestimmte Einführung einer solchen Steuer erkennen lassen. Da es einen solchen internationalen Vorstoß aber wohl nicht geben wird, müssen Anleger vorerst nicht mit einer Steuer auf Börsengeschäfte rechnen.

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