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Finanzdienstleistungen: Keine Discountware

Immer mehr Einzelhändler verkaufen Finanzdienstleistungen. Was beim Abschluss von Versicherungen zu beachten ist.

Zwischen Brot und Käse eine Unfallversicherung kaufen? Äpfel auswiegen und nebenbei die Krankenkasse wechseln? Einen Pullover probieren und dabei das Auto versichern? Besser nicht.

Mit einem Versicherungsvertrag geht ein Kunde eine folgenreiche und häufig langfristige Geschäftsverbindung ein. Die Beiträge für eine Kranken-, Berufsunfähigkeits-, Haftpflicht-, Unfall-, Hausrat- oder Rechtsschutzversicherung summieren sich über die Jahre schnell auf viele tausend Euro. Pro Kopf der Bevölkerung gibt jeder Bundesbürger, Kinder einbezogen, 2000 Euro jährlich für Versicherungsbeiträge aus, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) unlängst bekannt gab. Um sehr viel mehr Geld kann es gehen, wenn etwas passiert, die Versicherung also in Anspruch genommen wird. Produkte für das alltägliche Leben einkaufen und dabei Entscheidungen für viele Jahre treffen – das passt deshalb nicht zusammen.

Die vom Discounter Penny angebotene Kinderunfallversicherung ist nach Meinung der Stiftung Warentest nur mittelmäßig. Beispielsweise fehlt dem linearen Tarif im schlimmsten Ernstfall die Progression der Leistung. Andere Angebote bieten dies. Dann erhöht sich die ausgezahlte Geldsumme je nach Schwere der Invalidität progressiv. Schließlich ist der finanzielle Bedarf bei voller Invalidität des Betroffenen ungleich höher als bei einem nur leichten dauerhaften Schaden. Die vom gleichen Discounter ein Jahr zuvor angebotene Rechtsschutzversicherung war nach Ansicht des Bundes der Versicherten eine Mogelpackung, weil sie nur einen Teilbereich möglicher Rechtsstreitigkeiten abdeckte. Versichert waren nur Verkehr, Beruf und Grundstücke, ein Streit mit einem Reiseveranstalter war nicht abgedeckt.

Der Kaffeeröster Tchibo, der sich mit Finanzdienstleistungen versucht, wirbt für die Mitgliedschaft bei der gesetzlichen Krankenkasse Big. Der Beitragssatz ist mit 12,5 Prozent günstig. Beim Service- und Beratungstest von „Finanztest“ erreichte sie aber nur ein „ausreichend“. Wer keinen Bedarf an Beratung, Service und Sonderleistungen habe, könne sich aber bedenkenlos bei der Big anmelden, urteilte die Stiftung Warentest.

Die Big ist eine gesetzliche, keine private Krankenversicherung. Private Krankenversicherungen lassen sich wie Berufsunfähigkeitsversicherungen nicht im Vorbeigehen beantragen. Denn hier verlangen Versicherer umfassende Auskünfte über die persönlichen Verhältnisse des Interessenten. Besonders viele Fragen stellen sie zur Gesundheit des Antragstellers. Über solche Versicherungen müssen sich Interessenten sehr genau informieren. Im Anschluss geht es um den Umfang des angebotenen Schutz, den Preis und bei der Berufsunfähigkeitsversicherung auch um die angebotene Vertragslaufzeit. Häufig werden hier nur kurze Laufzeiten bis 60 Jahre angeboten. Die volle gesetzliche Rente gibt es für alle ab 1964 Geborenen erst ab 67 Jahren. Im Ernstfall klafft also eine Lücke.

Für eine Auslandsreisekrankenversicherung, die 7,50 Euro im Jahr kostet, muss ein Interessent noch keinen Vertreter bemühen. Trotzdem sollte er auch hier eine gute Auswahl treffen. Dabei reicht es aber, die günstigste Versicherung ohne Selbstbeteiligung zu wählen und beim Anbieter anzurufen. Der Antrag für die Versicherung kommt dann per Post und kann auf diesem Wege auch ausgefüllt zurückgeschickt werden.

Auch bei einer Kfz-, Privathaftpflicht- oder Hausratversicherung zählt nicht nur der Preis. Ebenso wichtig sind die Leistungen, beispielsweise die Höhe der Deckungssumme bei der Haftpflichtversicherung und ob eine Ausfallversicherung greift. Dann leistet der Versicherer jenseits einer Bagatellgrenze auch für Schäden, die einem selbst zugefügt werden, für die der Verursacher aber wegen mangelnden Versicherungsschutzes nicht zahlen kann. Bei der Autoversicherung kann von Belang sein, ob der Vertrag einen „Rabattretter“ enthält. Er verhindert eine teure Rückstufung, wenn der Kunde einmalig einen Schaden verursacht.

In beinahe jeder Versicherungssparte stellen sich Spezialfragen. Die Unterschrift unter einen Versicherungsvertrag ist schnell geleistet. Doch ein skeptischer Blick auf die Versicherungsbedingungen gehört vor Vertragsabschluss dazu. Dafür empfiehlt es sich, etwas Zeit einzuplanen. Es ist wichtig zu prüfen, was genau ein Schadensfall ist und wann er als eingetreten gilt. Welche Informationen will der Versicherer wann haben? Was genau bezahlt er, wann und in welchem Umfang? Und: Wodurch gefährdet der Kunde seinen Versicherungsschutz?

Unabhängige Informationen über gute Versicherungen gibt es im Internet unter www.test.de oder in der Zeitschrift „Finanztest“. Auch die Verbraucherzentralen helfen gegen eine geringe Gebühr weiter. Etwas tiefer müssen Interessenten in die Tasche greifen, die sich mit Hilfe eines gerichtlich zugelassenen Versicherungsberaters ins Bild setzen lassen. Eine Erstberatung kostet je nach Aufwand zwischen 75 und 200 Euro.

Jaqueline Link

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