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Finanzen: Aus Fehlern lernen

Schlechte Beratung kann für Bankkunden teuer werden. Wie man sich schützt und Schadenersatz bekommt.

Die Rente ist nicht sicher. Jedenfalls dann nicht, wenn ein Bank- oder Sparkassenberater einer 70-jährigen „krisensichere“ Zertifikate der inzwischen kollabierten Investmentbank Lehman Brothers verkauft hat. Das Papier ist heute wertlos. Zertifikate sind Schuldverschreibungen, die bei einer Insolvenz des Emittenten keinen Einlagenschutz genießen. Wussten Sie’s?

Viele Kleinanleger und Sparer überprüfen in diesen Tagen ihr Depot und stellen fest, dass ihre Bank ihnen Wertpapiere verkauft hat, die viel zu riskant sind, um damit für die Rente vorzusorgen oder ein langfristig wertstabiles Vermögen aufzubauen. Dabei geht es nicht nur um Lehman. Schon vor Ausbruch der Finanzkrise mussten sich Banken den Vorwurf gefallen lassen, dass sie häufig Produkte verkaufen, die gute Provisionen bringen, die der Kunde aber eigentlich gar nicht braucht. Eine Lehre sollten Anleger daraus ziehen: wer sich von Banken und Finanzdienstleistern beraten lässt, sollte sich in Zukunft noch besser vorbereiten.

Worauf sollte man im Beratungsgespräch bei der Bank besonders achten?

Im Gespräch mit dem Bankberater sollte möglichst viel dokumentiert werden, damit später entsprechende Nachweise vorliegen. Möglich ist auch, einen „Zeugen“ in die Beratung mitzunehmen. Zunächst muss die Bank in einem Analysebogen die Risikobereitschaft, die Lebensumstände und Anlageziele des Kunden festhalten. „Das ist butterweich und häufig wenig aussagekräftig“, sagt Lutz Wilde von „Finanztest“. Es empfiehlt sich dennoch, ehrlich zu antworten, nachzufragen und sich nicht schlauer zu machen als man ist. Denn je erfahrener und risikobereiter der Anleger gegenüber dem Berater auftritt, desto geringer sind dessen Aufklärungspflichten.

Die seit November 2007 geltende EU-Richtlinie zur Harmonisierung der Finanzmärkte (Mifid) verpflichtet die Banken generell zu mehr Aufklärung und Transparenz. Richtig, sorgfältig und vollständig muss die Beratung sein, und verständlich für den Kunden. Auch die Kosten der jeweiligen Geldanlage müssen offengelegt werden. Allgemeine Verhaltensregeln für die Bank sind zudem in Paragraf 31 des Wertpapierhandelsgesetzes festgelegt. In der Praxis ist das Gesetz aber oft Auslegungssache.

Wer sicher gehen will, macht sich deshalb Notizen und verlangt eine Kopie des Gesprächsprotokolls, das der Banker anfertigen muss. „Wenn der Berater sich sträubt, hätte ich gleich ein schlechtes Gefühl“, sagt Lutz Wilde. Im Zweifel legt man dann sein Geld besser bei einer anderen Bank an.

Wie kann man Schadenersatzansprüche gegen die Bank geltend machen?

„Zunächst sollte die Bank aufgefordert werden, Stellung zu nehmen“, sagt Lutz Wilde. Aus der Reaktion könne man oft schon ablesen, ob sich der Streitfall direkt oder nur über einen Anwalt lösen lasse. Bevor man Rechtsbeistand sucht, kann man auch den Ombudsmann der privaten oder öffentlichen Banken konsultieren. (www.bankenverband.de/ombudsmann; www.voeb.de/ombudsmann). Im Lehman-Fall bieten auch die DSW (siehe Interview) und eine Interessengemeinschaft geschädigter Anleger (www.lehman-zertifikateschaden.org) Hilfe an.

Die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen aus fehlerhafter Beratung steht und fällt mit den Beweisen, die der Bankkunde vorlegen kann. Er muss im Detail nachweisen können, dass die Bank über das Anlageprodukt falsch informiert hat (objektgerechte Beratung) oder die Situation des Anlegers falsch beurteilt hat (anlegergerechte Beratung). Ein pauschaler Vorwurf, dass der Berater die möglichen Folgen der Finanzkrise hätte voraussehen müssen, reicht nicht aus.

Schwierig dürfte es für den Laien sein, Fehler in den Verkaufsunterlagen nachzuweisen. Dies sollte man einem Anwalt überlassen. Wenn der Emittent eines Wertpapiers Risiken falsch oder mangelhaft dargestellt hat, kann daraus ein Fall für die Prospekthaftung werden.

Wann verjähren Schadenersatzansprüche?

Die dreijährige Verjährungspflicht von Ansprüchen wegen fehlerhafter Beratung beginnt erst dann, wenn der Anleger den Beratungsfehler konkret erkennt. Hat der Berater zum Beispiel garantiert, dass ein Lehman-Zertifikat gegen eine Insolvenz geschützt ist, begann die Verjährungsfrist erst jüngst beim Eintreten der Insolvenz. Ein entsprechendes Urteil hat der Bundesgerichtshof Ende 2007 gefällt (Aktenzeichen: V ZR 25/07).

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