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Finanzen: Banken: Schlecht beraten

Die Stiftung Warentest untersucht die Anlageberatung der Banken - mit erschreckendem Ergebnis: Keine einzige ist gut.

Berlin - Die Stiftung Warentest hat den deutschen Banken ein Armutszeugnis ausgestellt. Im Auftrag der Zeitschrift „Finanztest“ waren Testkunden in 21 Banken gegangen, um sich dort bei der Geldanlage beraten zu lassen. Die Ergebnisse sind durchweg schlecht. Viele Banker verschwiegen Risiken, holten ungenügende Informationen über ihre Kunden ein oder empfahlen Produkte, die den Beratern hohe Provisionen einbringen, aber den Anlegern nur eine geringe Rendite. „Es ist erschreckend. Ein Jahr nach der Lehman-Pleite haben wir keinen Testsieger“, sagte Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von „Finanztest“, am Dienstag bei der Vorstellung der Ergebnisse. Denn eigentlich haben alle Institute verloren: Kein einziges der untersuchten Geldhäuser bietet eine „gute“ Anlageberatung. Die meisten waren „ausreichend“. Zwei Institute, die BW Bank und die Ostsächsische Sparkasse, bekamen ein glattes „mangelhaft“. Die Berliner Sparkasse, die Kreissparkasse Köln und die Commerzbank zeigten immerhin „befriedigende“ Leistungen.

Die Branche zeigte sich geknickt. Der Zentrale Kreditausschusses, ein Zusammenschluss der fünf Bankenverbände, erklärte:  „Die Kreditwirtschaft nimmt die aktuelle Untersuchung von Finanztest zur Qualität der Anlageberatung ernst. Der Trend geht in der Kreditwirtschaft zu ganzheitlichen Beratungskonzepten, die offenbar noch nicht in allen Teilen mit aller Konsequenz umgesetzt wird.“

Auch die Politik reagierte. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sagte dem „Hamburger Abendblatt“, die jüngsten Fälle von Falschberatung zeigten: „Ohne gesetzliche Regelungen und ohne stärkere Kontrolle geht es nicht.“ Sie wolle mit den Banken eine Reform der Anlageberatung entwickeln. Finanztest- Chef Tenhagen betonte dagegen: „Gesetze gibt es. Aber Gesetze müssen auch kontrolliert werden.“ Die Tester haben 21 Banken besucht, darunter Kreditbanken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Zusammen zählen die Institute mehr als 40 Millionen Kunden. Getestet wurden jeweils sieben Filialen. Dort gaben die Scheinkunden an, dass sie 30 000 Euro für fünf Jahre anlegen wollten. Sicher sollte die Geldanlage sein und vier Prozent Rendite bringen. Das ist eine unmögliche Aufgabe. Auf so viel Gewinn können Anleger beim aktuellen Zinssatz nur hoffen, wenn sie auch Risiken eingehen.

„Die Berater hätten den Kunden sagen müssen, dass sie entweder auf die absolute Sicherheit oder einen Teil der Rendite verzichten müssen“, sagte Tenhagen. Ein Drittel der Banker tat das nicht. Sie empfahlen auch keine sicheren Anlagen. Bei den Volksbanken warben etliche Berater für Zertifikate. Die Produkte seien so kompliziert gewesen wie die Lehman-Zertifikate, so Tenhagen, „wenn nicht gar riskant“. Bei der Berliner Sparkasse und bei der Deutschen Bank behaupteten Berater, Aktienfonds seien eine sichere Anlage.

Aus Sicht von Finanztest hätten gute Berater Produkte mit Einlagensicherung empfohlen, wie etwa Sparbriefe oder Festgeld. Das Angebot gab es aber nur in der Sparkasse Köln. Die Sparda-Banken West und Berlin sowie die Berater der Ostsächsischen Sparkasse versuchten, private Rentenversicherungen zu verkaufen, die für fünf Jahre viel Provision, aber wenig Rendite bringen.

Entsetzt waren die Tester auch darüber, dass formale Standards nicht eingehalten wurden. Die Bank ist gesetzlich verpflichtet, sich über die Vermögens- und Einkommenssituation des Kunden zu informieren. Zwei Drittel aller Banker fragten gar nicht nach dem Einkommen.

Im Gesetz steht, dass eine Beratung anlegergerecht und anlagegerecht sein muss. „Wer seine Kunden so wenig kennt, kann gar nicht anlagegerecht beraten“, sagte Tenhagen. Der Praxis-Test habe gezeigt, dass sich die Verbraucher derzeit nicht auf die Bankberatung verlassen könnten. Wenigstens eine Sache aber habe den Testkunden in allen deutschen Banken richtig gut gefallen. „Der Kaffee hat geschmeckt.“

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