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FInanzkrise: Präsidenten-Veto stürzt Island in die Krise

Nach Protesten der Bevölkerung stoppt Islands Staatsoberhaupt die Entschädigung ausländischer Sparer. Deutsche sind nicht betroffen.

Stockholm - Mit einem Veto hat Islands Präsident Ólafur Ragnar Grímsson ein Gesetz gestoppt, das die Entschädigung hunderttausender ausländischer Kunden der pleitegegangenen Icesave-Bank ermöglicht hätte. Er reagierte damit auf massive Proteste aus der Bevölkerung. Der Präsident erklärte, er könne kein Gesetz ratifizieren, gegen das sich „ein Viertel aller Wähler“ ausgesprochen habe.

Der Vertrag, den das Parlament erst kurz vor Jahresende 2009 mit knapper Mehrheit angenommen hatte, regelt die Entschädigung von rund 340 000 britischen und niederländischen Sparern, die ihr Geld bei der isländischen Internetbank Icesave angelegt hatten. Die Sparer in beiden Ländern waren nach dem Zusammenbruch von Icesave im Herbst 2008 zunächst von Den Haag und London entschädigt worden. Beide Länder fordern das Geld jedoch von Island zurück. Der jetzt abgelehnte Vertrag sah vor, dass Großbritannien und die Niederlande bis zum Jahr 2024 etwa 3,8 Milliarden Euro zurückerhalten sollten.

Das Veto von Grímsson stürzt den Inselstaat, der nach dem Zusammenbruch der drei größten Banken vor mehr als einem Jahr am Rande des Staatsbankrotts steht, noch tiefer in die Krise: Das Fortbestehen der Regierung von Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir ist nicht mehr gesichert, und auch Islands Ambitionen auf einen schnellen EU-Beitritt dürften einen starken Dämpfer erhalten haben. Zudem hat die Ratingagentur Fitch nach dem Veto die Kreditwürdigkeit des Inselstaats gesenkt.

Allerdings war das von der Regierung eingereichte Beitrittsgesuch auf der Insel ohnehin höchst umstritten, für eine notwendiges Referendum gab es Umfragen zufolge zuletzt keine Mehrheit.

Nach dem Veto des Präsidenten müssen jetzt die 320 000 Isländer in einer Volksabstimmung über die Rückzahlung entscheiden. Nach Umfragen in den vergangenen Tagen sind etwa 70 Prozent der Isländer gegen den jetzigen Icesave-Vertrag. Sie sind vor allem über die Bedingungen empört: Allein die mit Großbritannien und den Niederlanden vereinbarten Zinsen von 5,55 Prozent machen etwa die Hälfte der Kosten für das gesamte isländische Gesundheitssystem aus. Außerdem fühlen sich viele ungerecht behandelt, da sie für die Fehler privater Banken haften sollen, die schuldenfinanziert expandierten und infolge der Finanzkrise zusammenbrachen.

Besonders heikel wird die Lage für Island jedoch, weil eine Einigung mit Großbritannien und den Niederlanden als Voraussetzung für weitere Zahlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), der skandinavischen Länder und Polen gilt. Island hatte nach dem Zusammenbruch seines Finanzsystems im Herbst 2008 einen Notkredit in Höhe von rund 3,2 Milliarden Euro erhalten. Bislang ist davon knapp die Hälfte nach Reykjavik überwiesen worden. Für den restlichen Betrag gelten Bedingungen, darunter eine Einigung im Icesave-Fall.

Die Regierungen Großbritanniens und der Niederlande zeigten sich am Dienstag enttäuscht und forderten eine Erklärung. Man werde jetzt mit Island verhandeln, hieß es. Islands Regierungschefin berief für Dienstagabend eine Kabinettssitzung ein, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Helmut Steuer (HB)

Helmut Steuer (HB)

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