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Finanzkrise: Wenn die Angst nachlässt

Der Aufschwung kommt – das erschwert strengere Regeln für Banken, warnt die Regierung

Berlin - Die schlimmste Phase der weltweiten Konjunktur- und Finanzkrise scheint vorüber – die Bundesregierung sorgt sich deshalb, dass eine schärfere Regulierung der Märkte verschleppt wird. „Wir müssen der Versuchung widerstehen, angesichts geringfügiger Anzeichen der Erholung zur Normalität zurückzukehren“, heißt es in einem Brief von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) an seine Ressortkollegen in den G-20- Ländern, der dieser Zeitung vorliegt.

Steinbrück trifft sich Ende der Woche mit den Ministern in London, um den Weltfinanzgipfel Ende September in Pittsburgh (USA) vorzubereiten. Schützenhilfe bekam er von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Deutschland und Frankreich seien sich einig, dass es beim Gipfel in Pittsburgh „greifbare Ergebnisse“ geben müsse, sagte Merkel am Montag bei einem Treffen mit dem französischen Staatschef in Berlin. Als Ziel nannte die Kanzlerin dabei ein „einheitliches Vorgehen“ unter den großen Industrienationen, um zu strengeren Regeln nach deutschem und französischem Vorbild bei der Auszahlung von Boni an Spitzen-Banker zu gelangen. „Wir möchtem dem Skandal mit den Boni ein Ende bereiten“, sagte Sarkozy. Merkel und Sarkozy wollen ihre Vorschläge in einem Brief an den schwedischen EU-Ratspräsidenten Fredrik Reinfeldt erläutern, um zunächst zu einer gemeinsamen europäischen Position vor dem Treffen von Pittsburgh zu kommen.

„Das Fenster für eine effektive Finanzmarktregulierung beginnt sich zu schließen“, hieß es am Montag in deutschen Regierungskreisen. In Pittsburgh werde man das Ziel einer lückenlosen Regulierung in den Mittelpunkt stellen – kein Finanzmarktakteur, kein Produkt und kein Segment dürften ohne staatliche Aufsicht bleiben, erinnerte ein Koalitionsvertreter an die Beschlüsse des Londoner Treffens im Frühjahr. Zwar verabschiedeten viele Regierungen seither schärfere Gesetze und Regelungen. In Ländern wie Großbritannien oder China regt sich aber Widerstand gegen strikte Beschränkungen.

Steinbrück verlangte in dem Brief, dass es weltweit einheitliche Spielregeln für die Finanzbranche geben müsse. Auch will er über Sanktionen reden, die solchen Ländern drohen sollen, die sich nicht an die neuen Absprachen halten.

Zudem verlangt Steinbrück eine Diskussion darüber, wie die Macht von Großbanken begrenzt werden kann. Es sei „nicht akzeptabel“, dass es zur Rettung eines angeschlagenen Instituts für einen Staat praktisch keine Alternative gebe. Diskutiert wird hier, das Investmentbanking und das Privatkundengeschäft zu trennen, die Bilanzsummen zu begrenzen oder das Eigenkapital zusammen mit dem Geschäft wachsen zu lassen. Merkel sagte, keine Bank dürfe so groß werden, dass sie in eine Position komme, in der sie Regierungen erpressen könne.

Steinbrück will auch die Verursacher der Krise stärker an den Kosten beteiligen. Es müssten Wege ausgelotet werden, „wie wir zu einem international abgestimmten, stärkeren Beitrag der Finanzmärkte zur Finanzierung der immensen Krisenlasten kommen können“, schreibt der Minister – konkrete Vorschläge nennt er freilich noch nicht.Carsten Brönstrup/Albrecht Meier

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