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Finanzmärkte: Berliner Börse in Not

Ein Machtkampf zwischen der Deutschen Börse und den Großbanken bedroht die regionalen Anbieter.

Der Wettbewerb zwischen der Deutschen Börse und den neuen Handelsplattformen der Investmentbanken setzt nun auch den deutschen Regionalbörsen zu. Erstmals bekannte am Mittwoch der Vorstand der Berliner Börse, Artur Fischer, dass einige der Nischenanbieter um ihre Existenzberechtigung kämpfen. „Das bisschen Geschäft, das wir bislang hatten, kam mehr per Zufall rein“, sagte Fischer. Operativ habe man regelmäßig eine Million Euro Verlust gemacht. „Unsere Vermögenswerte haben uns immer über Wasser gehalten“, beschrieb er das Überlebenskonzept nicht nur der ehemals stolzen Hauptstadt-Börse. Alle versuchen, irgendwie dem Schicksal der Bremer zu entgehen, die 2003 auf eine Kooperation mit der amerikanischen Technologiebörse Nasdaq gesetzt hatten. Als das floppte, wurde die Bremer Börse ein Jahr später dichtgemacht.

Die Deutsche Börse kämpft derzeit aus zwei Gründen mit härteren Bandagen gegen die Konkurrenz aus den Regionen. Sie spürt den Druck der neuen, von Investmentbanken gegründeten Plattformen wie Turqoise oder Chi-X, die ihr mit Dumpinggebühren Aufträge streitig machen. Das spürt Frankfurt am Main, aber auch die Provinz. Zudem sitzen der Deutschen Börse Großaktionäre, vor allem Hedgefonds, im Nacken, die auf Sparmaßnahmen dringen. Und das bedroht auch die Kleinbörsen. In Finanzkreisen ist zu hören, dass Frankfurt nicht mehr das Gros der Kosten für das gemeinsame Handelssystem Xontro tragen will. Auf einer gemeinsamen Sitzung vergangene Woche wurde bereits über eine Neuverteilung verhandelt. Neben sinkenden Umsätzen kommen auf die Regionalanbieter nun also auch steigende Kosten zu. „Auf Dauer kann dieser Druck von zwei Seiten den einen oder anderen aus dem Markt drücken“, sagt ein Börsenvorstand, der namentlich nicht genannt werden will.

Berlin tritt nun die Flucht nach vorne an. Kolportiert wird, dass die Hauptstadtbörse rund 20 Millionen Euro und damit praktisch ihre ganzen Rücklagen in die europäische Handelsplattform Equiduct gesteckt habe. Fischer sagt dazu offen, dass dies die letzte Chance der Hauptstädter sei. Die ersten Geschäfte auf Equiduct erwartet er für Anfang 2009. Durchhalten kann er nach eigenen Worten „mindestens 18 Monate“.

Die Börse Düsseldorf musste zuletzt einen drastischen Gewinnrückgang verkraften. Die Unterlagen der jüngsten Hauptversammlung zeigen einen Rückgang auf 16 Millionen Euro 2007 von gut 40 Millionen Euro in den beiden Vorjahren. Trotzdem stehe beim operativen Ergebnis „vorne eine schwarze Zahl“, sagte Vorstandschef Dirk Elberskirch. Demnächst aber könnten die Einnahmen sinken, weil die Deutsche Börse die Zügel anzieht. Bislang erhält Düsseldorf aufgrund früherer Verträge noch Anteile an den Gebühren aus dem elektronischen Handelssystem Xetra. Diese Vereinbarung haben die Frankfurter 2007 aber gekündigt.

Die Münchner Börse weist in den einzig verfügbaren Unterlagen für 2006 einen Bilanzgewinn von sieben Millionen Euro aus. Operativ heißt es, sei das Ergebnis „ausgeglichen“. Der Handelsplatz profitiert allerdings von eigenen Finanzanlagen, die sich 2006 auf 65 Millionen Euro beliefen. Zudem gilt der Träger der Börse, der Münchener Handelsverein, als sehr vermögend.

Weitaus transparenter als die Konkurrenz sind die Schwaben. 1997 noch eine Börse unter vielen, setzte man in Stuttgart Ende der 90er Jahre auf den Zertifikatehandel und ist damit heute – wenn auch mit großem Abstand – die Nummer zwei der Branche. 2007 lag das operative Ergebnis der Börse Stuttgart AG bei 13,3 Millionen Euro. HB

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