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Finanzmarkt: Berliner Finanzsektor schwächelt – schon lange

Der Sektor der Finanzdienstleistungen ist in Berlin schwach ausgeprägt. Das hat vor allem mit der deutschen Teilung zu tun. Weil die Branche nicht so stark ist wie anderswo, trifft sie auch die Krise nicht so stark, konstatiert das DIW.

Der Sektor der Finanzdienstleistungen ist in Berlin schwach ausgeprägt. Das hat vor allem mit der deutschen Teilung zu tun. Nach dem zweiten Weltkrieg etablierte sich die Branche im Westen abseits des ehemaligen Finanzzentrums Berlin. So fanden sich nach dem Fall der Mauer in der Stadt im Wesentlichen nur einige regionale Institute und Filialen großer Häuser. Daran hat sich wenig geändert, auch wenn wegen der Hauptstadtfunktion einige Dependancen hinzukamen.

So schwach wie heute war der Finanzsektor in Berlin aber lange nicht. Bis zur Mitte der 90er Jahre konnte die Branche expandieren, was vor allem am vereinigungsbedingten Investitionsboom lag. Doch danach ging es in großen Schritten mit der Wirtschaftsleistung bergab. Darin spiegelt sich auch die Krise der Bankgesellschaft Berlin wider – die Politik scheiterte einst kläglich mit dem Versuch, sie zu einem Unternehmen von überregionaler Bedeutung aufzubauen. Wenn man eine Bank üppig mit staatlichen Garantien ausstattet, sind natürlich die Anreize groß, Risiken einzugehen, die man bei sorgfältiger kaufmännischer Abwägung besser gemieden hätte. Das zeigt nicht nur die Geschichte der Bankgesellschaft, sondern auch die aktuelle Finanzkrise, gerade im Falle Deutschlands.

Die schlechte Entwicklung der Branche in Berlin lässt sich aber nicht allein auf die inzwischen überwundene Misere der Bankgesellschaft zurückführen. Die hiesigen Institute sind stark auf den regionalen Markt ausgerichtet, und dort ist die wirtschaftliche Entwicklung seit mehr als zehn Jahren alles andere als gut. Wenn die Wirtschaft schwächelt, gibt es auch für Banken wenig zu verdienen.

Seit 2005 ist die Wirtschaftsleistung der Branche in Berlin immerhin nicht weiter zurückgegangen, während die Wertschöpfung der Finanzdienstleister in Deutschland insgesamt allerdings zulegte. Wobei angesichts der aktuellen Entwicklung auf den globalen Finanzmärkten natürlich zu fragen ist, was für eine Wertschöpfung das in der Branche zuletzt überhaupt war. Viele Geschäfte, die für Zinsüberschüsse und Gewinne gesorgt haben, holen die Banken nun in Form von Abschreibungen wieder ein.

Gesunken ist in Berlin auch die Beschäftigung bei den Finanzdienstleistern. Das entspricht dem bundesweiten Trend, denn die Branche hat seit Jahren kräftig rationalisiert und ihr Personal ausgedünnt. In der Hauptstadt fiel der Stellenabbau wegen der schlechten Geschäftsentwicklung besonders kräftig aus. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Denn wegen der Finanzkrise müssen viele Unternehmen der Branche das Rationalisierungstempo verschärfen. Zudem gehen Arbeitsplätze aufgrund von Fusionen verloren. Berlin verfehlt in allen wesentlichen Daten der Branche den Bundesdurchschnitt. Nimmt man Frankfurt am Main, München oder Hamburg zum Maßstab, verbietet es sich, vom Finanzplatz Berlin zu reden. Das ist im Grundsatz ein gewichtiger Standortnachteil, doch damit wird die Finanzkrise die Hauptstadt unmittelbar nicht so hart treffen.

Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Karl Brenke

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