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Finanzmarktkrise: US-Notenbank senkt Leitzins kräftig

Erleichterung an der Börse: Auf die schwache Konjunktur in den USA und die anhaltenden Turbulenzen an den Finanzmärkten hat die US-Notenbank erneut mit einer kräftigen Zinssenkung reagiert. In Deutschland wurden Rufe nach Notfallplänen für die Finanzmarktkrise lauter.

Die US-Notenbank (Federal Reserve) senkte den Leitzins am Dienstag um 0,75 Punkte auf 2,25 Prozent. Seit dem Ausbruch der Hypothekenkrise hat die Notenbank den Leitzins damit insgesamt um drei volle Punkte reduziert. Die Zinssenkung und die beruhigenden Ergebnisse führender US-Investmentbanken beflügelten die US-Märkte.

Zu einem regelrechten Kursfeuerwerk kam es an den US-Börsen vor allem für viele Finanztitel und Technologie-Aktien, die zu Wochenbeginn zum Teil erhebliche Verluste erlitten hatten. Der US-Leitindex Dow-Jones kletterte um 3,51 Prozent auf 12.392,66 Punkte.

Für Aufatmen sorgten an der Wall Street auch Goldman Sachs und Lehman Brothers. Trotz eines massiven Gewinneinbruchs im ersten Quartal sind die zwei großen US-Investmentbanken von der Kreditkrise bisher weniger getroffen als befürchtet. Die Verschärfung der Kreditkrise hatte zu Wochenbeginn an den internationalen Finanzmärkten Panikreaktionen ausgelöst, Kurseinbrüche weltweit waren die Folge.

Die US-Währungshüter wollen mit der deutlichen Zinssenkung die Risiken für die US-Konjunktur verringern. Denn die anhaltenden Probleme auf dem Kreditmarkt und die Immobilienkrise würden voraussichtlich noch "über die nächsten Quartale" die US-Konjunktur belasten, erklärte die US-Notenbank.

Ackermanns Hilferuf

In der Finanzbranche werden nun auch Rufe nach Hilfe aus der Politik laut. "Ich glaube nicht mehr an die Selbstheilungskraft der Märkte", sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Er forderte ein gemeinsames Vorgehen der Notenbanken, Regierungen und Anleger. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) unterstrich die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Politik, Bundesbank, Bankenverbänden und Instituten zur Bewältigung der Krise.

SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler plädierte dafür, Notfallpläne auszuarbeiten. "Wir müssen in den nächsten Wochen überlegen, was wir im Fall eines Falles unternehmen können, um ein Übergreifen der Krise auf die reale Wirtschaft zu verhindern", sagte er der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Es herrsche höchste Alarmstufe. Zugleich kritisierte er die Banken. Nachdem sie das Weltfinanzsystem an den Rand des Abgrunds gefahren hätten, riefen die Banken nun um Hilfe, sagte er zur Forderung Ackermanns. "Es wäre besser gewesen, man wäre unseren Forderungen zu mehr Transparenz früher gefolgt." Und SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte der "Frankfurter Rundschau" (Mittwoch): "Es stellt sich mir in der Tat die Frage, ob die Finanzmarkt-Deregulierung der letzten Jahre nicht zu weit gegangen ist."

DGB fordert bessere Kontrolle

DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki sagte der "Berliner Zeitung": "Die Verschärfung der von den USA ausgehenden Finanzmarktkrise muss Anlass für eine bessere Kontrolle und Regulierung der nationalen und internationalen Finanzmärkte sein." Der DGB erwarte deshalb entsprechende Initiativen der Bundesregierung, der EU und der G-8-Staaten.

Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut HWWI kündigte an, seine Wachstumsprognose für Deutschland zu senken. HWWI-Konjunkturchef Michael Bräuninger sagte der "Berliner Zeitung": "Wir werden die Wachstumsprognose auf unter 1,5 Prozent reduzieren, unsere ursprüngliche Annahme von 1,7 Prozent ist nicht mehr zu halten." Mehrere deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognosen für die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr bereits wegen der Dollar-Schwäche, der hohen Ölpreise und der internationalen Finanzkrise gesenkt.

"Die Finanzmärkte stehen weiterhin unter beträchtlichem Stress", stellte die US-Notenbank in ihrer Mitteilung zur Zinssenkung fest. Die US-Notenbank betonte am Dienstag, sie werde "zeitnah" handeln, um nachhaltiges Wachstum wie auch Preisstabilität zu gewährleisten. In den vergangenen Wochen hatte die Fed mit einem Bündel von Maßnahmen auf die massiven Kredit- und Liquiditätsprobleme der Finanzwirtschaft reagiert. Auch US-Präsident George W. Bush erwägt Medienberichten zufolge weitere Maßnahmen, so unterstützende Eingriffe zugunsten großer amerikanischer Hypothekenaufkäufer.

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