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Geldanlage: Nichts für schwache Nerven

Der Start ins neue Jahr schlug fehl. Der Dax verlor allein im Januar 15 Prozent. Welche Risiken Fondsmanager und Vermögensverwalter für Aktien sehen – und welche Chancen.

Auch Warren Buffett vollbringt keine Wunder. Am Dienstag hatte der Multimilliardär (geschätztes Privatvermögen 52 Milliarden Dollar) die Aktienmärkte mit einer faszinierenden Idee in Hochstimmung versetzt: er wolle die angeschlagenen US-Anleiheversicherern von drohenden Verbindlichkeiten in Höhe von 800 Milliarden Dollar entlasten, hatte der legendäre Spekulant erklärt. Der 77-Jährige, dessen Anlageentscheidungen schon viele Menschen reich gemacht haben, löste damit eine Kursrallye rund um den Globus aus. Doch sie dauerte nur eine Nacht. Am Mittwochmorgen kehrte der Alltag an die Märkte zurück. Warren Buffett als Retter in der Finanzkrise? Ein schöner Traum.

Die kurzzeitige Euphorie zeigt, wie blank die Nerven der Aktienhändler und Investoren liegen. Die Folgen des Zusammenbruchs des US-Hypothekenmarktes haben den gewöhnlich guten Börsenmonat Januar zu einem Albtraum werden lassen. Minus 15 Prozent – so schlecht hat noch kein Börsenjahr begonnen.

Wie geht es weiter? Ist das Schlimmste vorbei? Das fragen sich auch Kleinanleger, die die Hoffnung nicht aufgegeben haben und Aktien nicht grundsätzlich aus ihrem Depot verbannen wollen. Rein oder raus? Nachkaufen oder Abwarten?

DIE RISIKEN

Die Frage, ob wir das Gröbste hinter uns haben, „kann momentan niemand richtig beantworten“, räumt André Köttner ein. Er managt den Uni-Global-Fonds, das Flaggschiff von Union Investment, der Fondstochter der Volks- und Raiffeisenbanken. Köttner verwaltet aktuell ein Vermögen von knapp vier Milliarden Euro – und er stimmt seine Anleger auf anstrengende Wochen am Aktienmarkt ein. „Es wird starke Kursausschläge geben – nach oben und nach unten. Zehn bis 15 Prozent vom jetzigen Stand aus sind möglich.“ Der Dax könnte somit noch einmal um mehr als 1000 Punkte unter die Marke von 6000 Punkten rutschen.

Die Experten der Berliner Weberbank halten es immerhin für „sehr wahrscheinlich“, dass die bisherigen Jahrestiefstände noch einmal getestet werden. Der Dax verlöre demnach knapp 500 Punkte, um bei 6400 Punkten aufzuschlagen.

Ad van Tiggelen, Aktienstratege bei ING Investment Management, erwartet ebenfalls, dass die Aktienmärkte in den kommenden Monaten „nach der Talsohle Ausschau halten“ und dabei wieder auf die Tiefstände vom Januar fallen. „Die Fluktuationen werden in beiden Richtungen heftig ausfallen.“ Mit anderen Worten: Wer jetzt Aktien hält oder kauft, muss gerne Achterbahn fahren.

Das größte Risiko geht vom US-Markt aus, der – verglichen mit dem Dax – im Januar moderat nachgegeben hat. Verstärken sich die Hinweise, dass Amerika in eine längere Rezession rutscht, werden die Börsen den Abschwung deutlicher als bisher vorwegnehmen. „In der Vergangenheit haben sich die Finanzmärkte als relativ treffsicher bei der Vorhersage von Rezessionen erwiesen“, erklärt ING-Stratege van Tiggelen. In den USA sei der Standard-&- Poor’s-500-Index, der die 500 größten US-Konzerne enthält, im Zuge von Rezessionen seit 1865 im Schnitt um je 29 Prozent gefallen. „So weit ist es diesmal noch nicht gekommen.“ Vorsicht ist also angebracht.

„Wir haben den US-Markt – gemessen am MSCI-World-Index – um sechs Prozent untergewichtet, Nordamerika insgesamt um zehn Prozent“, sagt Union- Fondsmanager Köttner. „Europa und Asien sind entsprechend übergewichtet.“

Crash der US-Immobilienpreise, Kreditkrise, Preisschub bei Rohstoffen, Milliardenabschreibungen – die Gemengelage spricht für unruhige Börsenzeiten. Hinzu kommt: weder das vom scheidenden US-Präsidenten angekündigte 150-Milliarden-Dollar-Konjunkturprogramm noch die drastischen Zinssenkungen der amerikanischen Notenbank haben zu einer Wende am Aktienmarkt geführt. „Der Markt hat sich auf niedrigem Niveau stabilisiert – mehr nicht“, sagt Sven Krause, Leiter des Aktienfondsmanagements bei der LBB-Investment, der Fondstochter der Landesbank Berlin. Mit der Frage, ob und wie weit die Kurse noch fallen können, sollten sich Privatanleger nach Meinung Krauses aber nicht lange aufhalten. „Das perfekte Timing fällt selbst Profis schwer.“ Der Fondsmanager rät zu einer mittel- bis langfristigen Perspektive.

DIE CHANCEN

Wer zehn bis 15 Jahre in die Zukunft denkt, könnte mit Aktienkäufen jetzt richtig liegen, glauben Vermögensverwalter wie der Kölner Bert Flossbach, der zwei Milliarden Euro managt. „Wir gehen mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 bis 60 Prozent von einer baldigen Erholung der Märkte aus.“ Der Grund seien die nach wie vor hervorragenden Geschäfte der global operierenden Konzerne im vierten Quartal 2007. Rechnet man die Finanzbranche heraus, stimmt ein Gewinnplus von 13,7 Prozent im S & P 500 tatsächlich optimistisch – selbst wenn sich dieses hohe Niveau nicht halten lässt. Die Aktienbewertungen seien derzeit noch attraktiv, sagt André Köttner, „obwohl die Gewinnschätzungen vieler Unternehmen zu hoch sind und korrigiert werden dürften“. Rechne man die Korrekturen ein, „dürfte der Dax ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 13 haben.“ Im langfristigen Durchschnitt liegt das KGV bei 15. Deutsche Aktien sind demnach aktuell im Schnitt nicht teuer. Und: deutsche Papiere werfen nach wie vor eine stattliche Dividende ab. Aktuell liegt die Dividendenrendite hierzulande bei 3,7 Prozent, im Zehnjahresdurchschnitt sind es 3,9 Prozent – das entspricht der Verzinsung einer zehnjährigen Bundesanleihe.

Statt sich mit Timing- oder Bewertungsproblemen herumzuschlagen, sei es aber für Kleinanleger sinnvoller, sich an den Profis zu orientieren, glaubt Fondsmanager Krause. „Von den Staatsfonds lernen, kann für Kleinanleger profitabel sein“, rät er. Die milliardenschweren Investoren aus Asien, die sich jetzt an US-Banken und auf dem Aktienmarkt beteiligten, schauten nicht auf das kommende Quartal oder Jahr. Ihr Anlagehorizont sei langfristig. So betrachtet könne man an der Börse jetzt „antizyklische Kaufgelegenheiten“ finden. Soll heißen: je schlechter die Stimmung, je flauer das Gefühl in der Magengegend, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht mehr weit bergab geht. Wie auf der Achterbahn eben.

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