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Geldanlagen: Einfach investieren

Wer sein Geld erfolgreich vermehren will, braucht weder Bankprognosen noch Analystentipps. Ganz ohne Regeln geht es aber nicht

Martin Weber hält es mit Frau Schlotterbeck. Die Frau mit der Kristallkugel, staatlich geprüfte Wahrsagerin aus dem Kinderbuch „Räuber Hotzenplotz“, sei „wirklich die Einzige, die die Zukunft von Börsen und Kursen vorhersagen kann“, flachst der Professor für Finanzwirtschaft an der Universität Mannheim. Der Ökonom setzt sich seit Jahren wissenschaftlich mit Erfolg und Misserfolg von Privatanlegern bei der Geldanlage auseinander. Sein Credo: Einfach investieren!

Wer sein Geld erfolgreich mehren möchte, brauche weder Bankprognosen noch Analystentipps, auch keine komplizierten Anlageprodukte. Es genüge vielmehr, ein paar schlichte Regeln und Grundsätze zu kennen und zu befolgen. Auch wenn es dem Anleger häufig lieber sei, eine Frau Schlotterbeck und damit einen konkreten Tipp zu kennen, so gehe es bei einer erfolgreichen Geldanlage nicht darum, die Zukunft vorherzusagen, sondern einen optimalen Umgang mit den Unsicherheiten der Zukunft zu finden, behauptet Weber.

OHNE RISIKO KEIN ERTRAG

Klar sein müsse jedem Anleger zunächst: „Von nichts kommt nichts“. Auf die private Geldanlage übertragen bedeute dies nichts anderes als: „Ohne Risiko kein zusätzlicher Ertrag“. Auch Tom Friess, Geschäftsführer des Münchener Vermögenszentrums, einem bankenunabhängig arbeitenden Schweizer Unternehmen mit Dependancen in Deutschland, ist sich sicher, dass am Anfang jeder Geldanlage die Auseinandersetzung mit der eigenen Risikobereitschaft stehen muss. Noch vor der Frage nach der möglichen Rendite müsse man sich überlegen, welches Verlustrisiko man aushalten und welche Schwankungen man akzeptieren könne. Die ehrliche Antwort darauf allein bestimme die Aufteilung und Investition des Geldes. Denn: „Wer absolute Sicherheit will“, sagt Friess, „muss sich auf Festzins-Anlagen und angesichts sinkender Sätze und fallender Bonitäten auf Renditen von zwei bis drei Prozent beschränken.“ Nach Steuern und Inflation bleibe da kaum mehr als der Kapitalerhalt.

Selbst Garantieprodukte, wie sie von vielen Banken derzeit gerne angeboten werden, bergen ein gewisses Emittenten- Risiko. Wolle der Anleger mehr Ertrag, müsse er zwangsläufig das Risiko erhöhen. Ein vorsichtiger, aber nicht überängstlicher Investor könne durchaus die Chancen der Aktienmärkte nutzen, mit einem Anteil von maximal 40 Prozent der gesamten Geldanlage. Eine ideale Kombination aus Rendite und Risiko sieht Vermögensberater Friess bei Aktienquoten zwischen 30 und 60 Prozent, allerdings nur bei einer Anlagedauer von rund zehn Jahren und einem etwas forscheren Anlagestil. Wer noch am Anfang seines Berufslebens stehe, rät Friess jedoch, „darf sogar ruhig 80 Prozent langfristig in Aktien stecken.“

KAUFE NUR, WAS DU VERSTEHST

Weber hält sich mit konkreten Ratschlägen zur Depotaufteilung zurück und hält auch nichts von formelhaften Tipps wie dem Rat, den Aktienanteil im Depot durch die Rechnung „100 minus Alter“ zu ermitteln. „Jeder muss selbst entscheiden und abwägen, welches Risiko er sich erlauben kann oder ob notfalls dann eben das neue Auto oder der Platz im Altersheim dahin sein könnten.“ Aktuell arbeitet der Finanzwissenschaftler in Mannheim aber an einem Risiko-Tool, mit dem Privatanleger ihre Risikobereitschaft klären können.

Die Stiftung Warentest hat bereits ein „Garantiedepot“ entwickelt: Mittels einer Tabelle kann der Anleger ermitteln, wie groß sein Aktienanteil sein darf beziehungsweise wie hoch seine Investitionen in Festverzinsliches sein müssen, damit am Ende das angelegte Kapital erhalten bleibt. Allerdings muss sich der Anleger eine eigene Meinung über das vom ihm erwartete Börsenrisiko bilden: Glaubt er beispielsweise an ein 50-prozentiges Verlustrisiko, so darf er auf zehn Jahre höchstens 40 Prozent in Aktien investieren, damit eine dreiprozentige Verzinsung von 60 Prozent des Kapitals für den notwendigen Ausgleich sorgt. Wer selber nachrechnen will, findet die Finanztest-Tabelle im Internet unter www.test.de, Suchwort: Garantiedepot.

Einig sind sich Wissenschaftler wie Vermögensberater: Es macht wenig Sinn, sich bei der Auswahl der eigenen Geldanlage allein auf die Beratung bei der eigenen Bank zu verlassen. Schließlich bestehe ein simpler Interessenskonflikt zwischen der Bank, die möglichst viel verkaufen möchte, und dem Kunden, der umgekehrt seine Kosten niedrig halten wolle. Hier rät Weber: „Kaufe grundsätzlich nur, was du verstehst.“ Komplizierte Finanzkonstrukte, deren Funktionsweise sich oft nicht einmal dem Experten direkt erschlössen, seien zudem immer sehr teuer, häufig auch unsolide, ist Weber überzeugt. Friess rät hier, den Bankberater klipp und klar danach zu fragen, wie hoch exakt die Gebühren seien beziehungsweise wie viel die Bank an einem angebotenen Produkt konkret verdiene.

Ein weiteres Argument der Wissenschaft für eine rein passive Geldanlage: Weder erfahrenen Profis noch Privatanlegern gelingt es dauerhaft, den Markt zu schlagen oder wenigstens die gleiche Wertentwicklung zu schaffen. Dies liegt nicht nur daran, dass private wie professionelle Anleger erst einmal Kosten und Ausgabeaufschlag wettmachen müssen, bevor sie mit der Marktentwicklung nur gleichziehen können. Wissenschaftlich untermauert ist auch, dass die Entwicklung der Aktienkurse von unzähligen Gerüchten, Meinungen, Ansichten und Prognosen aller Marktteilnehmer und damit letztlich vom Zufall bestimmt und nicht prognostizierbar ist – weder durch eine fundamentale Betrachtung noch durch eine charttechnische.

STREUUNG SENKT DAS RISIKO

Ein weiterer simpler, aber von Anlegern wenig beherzigter Grundsatz ist: Eine breite Streuung der Geldanlage senkt das Risiko erheblich. Wichtig sei dabei nicht nur die Aufteilung auf verschiedene Anlagearten wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Immobilien, sondern auch die geografische Streuung auf dem Globus. „Wer nur auf dem deutschen Markt investiert, begeht einen schweren Fehler“, sagt Weber. Der Ökonom empfiehlt beispielsweise eine simple Aufteilung des Aktienanteils auf vier Index-Fonds: Ein Viertel USA, ein Viertel Europa, ein Viertel Asien und ein Viertel Emerging Markets. Dabei müsse jedoch sicher sein, dass das Geld „eine Weile nicht akut benötigt wird“.

Veronika Csizi

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