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Finanzen: Geplatzer Puffer

Bonuszertifikate versprechen relativ sichere Renditen. Doch wegen der Finanzkrise sind viele Boni dahin

Eigentlich war es ja zu schön, um wahr zu sein. Mit der Investition in ein Bonuszertifikat, so freuten sich viele Anleger noch vor wenigen Monaten, ließen sich gute Gewinne nicht nur in steigenden, sondern auch in seitwärts plätschernden und sogar in leicht abwärts gehenden Märkten erzielen. Doch leider kam es häufig anders: Der Dax verlor seit Januar zeitweise bis zu 2000 Punkte oder 24 Prozent. Da heißt es nun für viele Bonus-Anleger: Zurück auf null. Die Bonusschwellen sind gerissen, der Bonus ist weg.

Die von den Banken herausgegebenen Bonuszertifikate hatten sich in den vergangenen Jahren zu einer Art Lieblingsanlage der Deutschen entwickelt. Gerade sicherheitsorientierten Anlegern wurden die Produkte dank ihrer Funktionsweise als „die besseren Aktien“ ans Herz gelegt: Besitzer von klassischen Bonuszertifikaten auf eine Aktie, einen Aktienkorb, einen Index oder einen Rohstoff profitieren voll von Kursgewinnen, erhalten jedoch sogar bei leicht fallenden Kursen eine Art garantierte Mindestverzinsung, den Bonus. Der Teufel steckt jedoch im Detail: Denn der doppelte Boden gilt nur bis zu einem bestimmten Kursniveau, das die Aktie während der Laufzeit nie auch nur berühren darf. Noch vor wenigen Monaten lagen diese Grenzen oft beruhigende 20, 30 oder mehr Prozent unter den aktuellen Kursen. Nun müssen viele Anleger erkennen, dass diese Puffer nicht ausreichten, der Anleger partizipiert voll an den Verlusten und ist wegen der fehlenden Dividende sogar schlechter gestellt als ein Direktinvestor.

Je nach Emittent und Aktie stehen mittlerweile mehr als 50 Prozent der Bonuszertifikate ohne Bonus da. Betroffen sind natürlich vor allem Zertifikate auf Aktien, die schnelle und herbe Kursverluste hinnehmen mussten, etwa die Banken oder die Deutsche Telekom, deren Kurs von 15,85 Euro im Januar bis zum Tiefpunkt Mitte März um 37 Prozent fiel und sogar kurzzeitig die Schwelle von zehn Euro durchbrach. Bei 750 der 1700 im März an der Derivatebörse Euwax in Stuttgart gehandelten Telekom-Bonuszertifikate rissen die Auffangnetze, der Traum vom Bonus war ausgeträumt. Dabei ist die Telekom kein Einzelfall: Von 1150 Bonuszertifikaten, die die Deutsche Bank herausgegeben hat und deren Restlaufzeit sechs bis zwölf Monate beträgt, hatten zu Wochenbeginn rund 350 ihren Bonus verloren – das sind 30 Prozent.

Dabei sind Bonuszertifikate nach Angaben des Deutschen Derivate-Verbands (DDV), in dem sich die 20 größten Emittenten zusammengeschlossen haben, die weitaus beliebteste Form von Anlagezertifkaten. Etwa ein Drittel der 160 000 verschiedenen Produkte fällt auf den Bonustyp. Von jenen gut sechs Milliarden Euro, die allein im Februar mit Anlagezertifikaten umgesetzt wurden, entfallen 2,1 Milliarden Euro auf Bonuszertifikate.

Wer ein Bonuszertifikat ohne Bonus im Depot hat, fragt sich nun: Was tun? Halten oder verkaufen? Während die meisten Banken zum schnellen Wechsel raten, empfiehlt DDV-Geschäftsführer Lars Brandau, sich zunächst eine eigene Meinung über die künftige Entwicklung des Marktes zu bilden und dann „das Investment exakt durchzukalkulieren“. Denn der Tausch in ein neues Papier mit höherem Puffer kostet Geld, schließlich liegt der anfängliche Verkaufskurs eines Bonuszertifikats leicht über dem Kurs der Aktie, zudem fallen Verkaufs- und Kaufgebühren an. Erwartet der Anleger allerdings weiter fallende Kurse, dann dürfte sich der Wechsel in ein Produkt mit größerem Sicherheitsabstand lohnen. Gegenzurechnen ist auch der Verlust der Dividende.

In Zeiten der Finanzkrisen sollte der Anleger auch nicht vergessen, dass es sich bei Zertifikaten grundsätzlich um sogenannte Inhaberschuldverschreibungen handelt, warnt Marc Tüngler, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). In der Praxis bedeutet das, dass der Anleger, anders als bei Aktien und Fonds, nicht gegen eine Pleite des Emittenten abgesichert ist. Tüngler rät Anlegern daher dringend, nicht nur auf den Basiswert, sondern auch auf den Schuldner zu achten: „Wenn ich ein Eon-Zertifikat kaufe, kaufe ich mich nicht bei Eon ein, sondern letztlich bei der Bank“, sagt der Anlegerschützer. Zwar sei es eher unwahrscheinlich, dass einer der wichtigen Zertifikateherausgeber am Laufzeitende nicht zurückzahlen könne. Trotzdem, sagt Tüngler, sei „eine Streuung auf verschiedene Zertifikate verschiedener Banken sinnvoll“. DDV-Geschäftsführer Lars Brandau rät grundsätzlich dazu, beim Kauf von Bonuszertifikaten „auf eine gesunde Schwelle von mindestens 30 Prozent zu achten“.

Alternativ können sich Anleger jedoch auch mit speziellen Bonuskonstrukten zusätzliche Sicherheiten erkaufen, etwa mit Bonus-Pro-Zertifikaten. Bei dieser defensiveren Spielart ist die Barriere nicht während der ganzen Laufzeit, sondern nur während der letzten drei Monate aktiv. Der Anspruch auf eine Bonuszahlung kann also nur in dieser kürzeren Zeit verfallen. Der höheren Sicherheit steht allerdings eine geringere Renditechance gegenüber, da die Absicherung gegen Kursrückgänge finanziert werden muss. Neu ausgetüftelt haben Produktstrategen zudem Papiere, die – ähnlich wie in PC-Spielen, mehrere „ Leben“ haben: So lockt die Hypovereinsbank mit einem Bonuszertifikat auf die Daimler AG (WKN HV5YE6) mit neun Leben: Die Daimler-Aktie darf dabei an neun Handelstagen unter das Sicherheitslevel fallen, ohne dass der Bonus gefährdet ist. Dafür muss der Anleger sich mit einem um rund 50 Prozent reduzierten Bonus zufrieden geben. Goldman Sachs oder Morgan Stanley wiederum bieten „Capped recovery“ und „Second-Chance“-Papiere mit immerhin zwei Leben an.

Doch auch „normale“ Bonuszertifikate sind derzeit günstig zu haben. Wegen der großen Schwankungsanfälligkeit finden sich auf dem Markt momentan zahlreiche Papiere, die etwa bei Laufzeiten bis Juni 2009 und 40-prozentiger Sicherheitsschwelle noch Bonusrenditen von zehn bis 14 Prozent bieten.

Veronika Csizi

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