zum Hauptinhalt

Großbritannien: Neue Banken-Verstaatlichung erwartet

Nach dramatischem Wertverlust soll nun auch bei der achtgrößten Bank Großbritanniens der Staat helfen: Die britische Hypothekenbank Bradford & Bingley (B&B) kurz vor der Verstaatlichung. Für Darlehen in Höhe von 63 Milliarden Dollar soll der Steuerzahler aufkommen.

Es ist wohl der letzte Ausweg, um eine Panik bei den Kunden zu vermeiden: Damit sich zu Beginn der neuen Woche nicht lange Schlangen besorgter Sparer vor Filialen des Baufinanzierers Bradford & Bingley (B&B) bilden, soll die britische Hypothekenbank nach einhelligen Medieninformationen verstaatlicht werden. Zu gering war die Hoffnung, dass die vom Zusammenbruch bedrohte achtgrößte Bank des Königreichs nach einem dramatischen Wertverlust ohne fremde Hilfe auf die Beine kommt. Zu risikoreich waren die Bilanzen, um auf die Schnelle eine andere Bank zu finden, die das komplette Geschäft übernehmen wollte. Somit muss wohl der Steuerzahler in die Rolle des weißen Ritters schlüpfen, damit die Finanzbehörden vor Öffnung von Banken und Börse am Montag die Rettung von B&B verkünden können.

Offiziell wollten Behörden und Bank zunächst nur Gespräche zur Zukunft von B&B bestätigen. Aber in der Nacht zum Sonntag sickerte aus Verhandlungskreisen das mögliche Rettungsszenario durch. Der Steuerzahler steht für Darlehen in Höhe von 63 Milliarden Euro gerade, von denen 52 Milliarden aus risikoreichen Hypotheken bestehen. Dieses Paket waren der Grund dafür, dass sich kein Retter aus der privaten Wirtschaft für das komplette B&B-Geschäft fand.

Gesündere Teile der Bank könnten an Santander gehen

Für gesündere Teile des Baufinanzierers mit seinen 3,5 Millionen Kunden - etwa das Netz aus 370 Filialen oder die Spareinlagen der Kunden - sollen später Käufer gefunden werden. Somit könnten zahlreiche B&B-Kunden schon bald eine neue Hausbank haben. Was aus den 3200 Beschäftigten wird, ist unklar.

Eine rasche Verstaatlichung - es wäre nach Northern Rock schon die zweite auf dem britischen Bankensektor seit Februar - würde Finanzbehörden und Kaufinteressenten eine Atempause und mehr Zeit verschaffen, um einen Deal für die unproblematischen B&B-Geschäfte über die Bühne zu bringen. Mit HSBC und Barclays haben zwei britische Großbanken offensichtlich Interesse angemeldet, aussichtsreichster Kandidat scheint aber die spanische Banco Santander zu sein.

Nach Medienberichten will Santander die faulen Hypotheken auf keinen Fall übernehmen, möglicherweise wird das B&B- Hypothekengeschäft daher von der verstaatlichten Northern Rock übernommen. Außerdem verlangen die Spanier offensichtlich noch Garantien, dass die Wettbewerbshüter stillhalten.

Der Wettbewerb scheint in Zeiten des weltweiten Bankenchaos die geringste Sorge der britischen Behörden zu sein. Aus Angst vor einem Fiasko auf dem Finanzmarkt war erst vor eineinhalb Wochen der Weg für eine Superbank geebnet worden, als der britische Bankkonzern Lloyds TSB in Windeseile grünes Licht für die Notübernahme des größten britischen Baufinanzierer Halifax Bank of Scotland (HBOS) erhielt. Um einen HBOS-Kollaps nach dem Erdbeben an der Wall Street zu vermeiden, waren für die Fusion mit Lloyds sämtliche Wettbewerbsprinzipien vom Tisch gefegt worden. (rik/dpa)

Thomas Pfaffe[dpa]

Zur Startseite