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Kemmer

© dpa

Milliardenverlust: Bayern sponsert Österreich

Die Landesbank des Freistaats Bayern verschenkt die Hypo Group Alpe Adria und schreibt Milliarden ab. Den Chef kostet das den Job. BayernLB-Chef Michael Kemmer räumt seinen Posten.

München - Es war ein dramatischer Verhandlungsmarathon. Erinnerungen an die Rettung der deutschen Skandalbank Hypo Real Estate in letzter Sekunde im Herbst 2008 wurden wach. Erst kurz vor Öffnung der Bankschalter am Montagmorgen konnten Österreichs Finanzminister Josef Pröll und sein bayerischer Amtskollege Georg Fahrenschon (CSU) die Rettung der Kärntner Hypo Group Alpe Adria verkünden. Zuvor hatten sich die Gespräche über vier Tage hingezogen. Die BayernLB-Tochter wird nun von der Alpenrepublik komplett verstaatlicht. Die Bayern verschenken das marode Institut für einen symbolischen Euro, bluten zum Abschied aber kräftig. Michael Kemmer, der Chef der BayernLB, verlor daraufhin seinen Job – er hatte dem Kauf der Bank zugestimmt, als er noch Finanzvorstand war.

Im Zuge der Trennung muss die BayernLB ihre Zweidrittelanteil an der Hypo Group komplett abschreiben – das Paket steht mit 2,3 Milliarden Euro in den Büchern. Zudem verzichtet die zweitgrößte deutsche Landesbank auf Forderungen. Insgesamt habe die BayernLB mit der 2007 gekauften Bank rund 3,7 Milliarden Euro verloren, rechnete Finanzminister Fahrenschon vor. Österreich steuert knapp eine halbe Milliarde Euro zur Rettung bei, 230 Millionen zahlen das Bundesland Kärnten und eine dortige Versicherung, die ihr Drittel der Bankanteile ebenfalls an die Alpenrepublik verschenken. Österreichs Banken geben einen Kredit über eine halbe Milliarde. Die Hilfen summieren sich auf 4,5 Milliarden Euro.

Nach einer Sondersitzung der Landesregierung musste dann BayernLB-Chef Kemmer gehen. „Wenn man 3,75 Milliarden Euro abzuschreiben hat als Eigentümer der Landesbank, ergeben sich daraus Konsequenzen“, sagte Regierungschef Horst Seehofer. Der Kauf der Hypo sei von Anfang an „eine falsche Entscheidung gewesen“, befand er. „Ich habe immer die Frage gestellt, warum es zu den Aufgaben einer Landesbank gehört, sich auf dem Balkan zu engagieren.“ Kemmer gehe „mit sofortiger Wirkung“. Vorerst soll sein Vize Stefan Ermisch die Geschäfte führen.

Zu der Rettungsaktion habe es keine Alternative gegeben, verteidigte Minister Fahrenschon die Aktion. Es sei darum gegangen, eine für Österreich und Südosteuropa systemrelevante Bank zu stabilisieren. Mit der Verstaatlichung sei eine „enorme Bedrohung abgewendet“, unterstrich sein österreichischer Amtskollege Pröll. Ohne das Rettungspaket hätte die Schließung der Hypo Group gedroht.

Welche Schockwellen von einer Pleite der Bank hätten ausgehen können, zeigt die Beteiligung vom Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, an der Rettung. Die Hypo Group ist Marktführer in Bosnien-Herzegowina und auch in anderen Balkanstaaten wichtig, wo sie Milliarden in den Sand gesetzt hat. Ihr Kollaps hätte neben einer Bankenkrise in Österreich auch Staatskrisen in Südosteuropa auslösen können, sagen Experten.

Die BayernLB kann die teuere Scheidung nach eigenen Angaben verkraften, ohne selbst neue Staatshilfe zu beanspruchen. Mit der Hypo Group fallen Risikoposten im Umfang von 30 Milliarden Euro weg, die in München nun nicht mehr mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Der Jahresverlust wird nach „Handelsblatt“-Informationen aus Finanzkreisen nun bei 2,5 Milliarden Euro liegen. Vorstandschef Kemmer hatte zuletzt von einem Fehlbetrag von mindestens einer Milliarde Euro gesprochen.

Wirtschaftlich ist nun ein Ende erreicht, politisch und juristisch nicht. Die Justiz ermittelt wegen Untreue gegen Ex-Landesbankchef Werner Schmidt im Zuge des Erwerbs der Kärntner Bank. Seehofer lässt prüfen, ob er die frühere CSU-Riege für das Fiasko in Regress nehmen kann. „Wir müssen aufklären, ohne Rücksicht auf Personen“, forderte er. Das zielt auf Parteigrößen wie Günther Beckstein, Erwin Huber, Kurt Faltlhauser und Georg Schmid, die als Verwaltungsräte dem Kauf der Hypo Group zugestimmt haben. Bayerns Opposition fordern den Kopf der Verantwortlichen. Vor Jahresfrist hatte Bayern die Landesbank mit einer Finanzspritze von zehn Milliarden Euro vor dem Ende bewahrt.

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