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Transaktionssteuer: Schwer zu steuern

Die EU hat sich für die Einführung einer Abgabe auf internationale Finanztransaktionen ausgesprochen. Einige EU-Staaten wollen zudem eine Sondersteuer auf Banker-Bonierheben. Wie soll das funktionieren?

Eine echte Kampfansage an gierige Banker und ungezügelte Kapitalmärkte hört sich anders an. Am Freitag haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU geschlossen für das Nachdenken über eine weltweite Steuer auf Finanztransaktionen ausgesprochen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) soll jetzt prüfen, wie man die Idee umsetzen kann. Und die Ankündigung mehrerer Staaten, eine Strafsteuer auf Banker-Boni erheben zu wollen, nannte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar „eine charmante Idee“. Gleichzeitig machte sie aber deutlich, dass es in Deutschland keine Bonus- steuer geben wird.

Die Idee zu einer Transaktionssteuer ist alt. Der US-Wissenschaftler James Tobin hat sie Anfang der 70er Jahre entwickelt. Der Grundgedanke: Bei jedem Kauf und jedem Verkauf von Finanzprodukten werden Steuern fällig. Im Gespräch sind 0,01 bis ein Prozent des Umsatzes. Das heißt: Je häufiger man kauft oder verkauft, desto teurer wird es. So sollen kurzfristige und hochspekulative Geschäfte ihren Reiz verlieren, langfristige Investitionen hingegen attraktiver werden. Ob nur der Handel mit Devisen und Derivaten (Finanzinstrumente wie Zertifikate und Optionen) besteuert werden soll oder sämtliche Wertpapiere, dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Unklar ist auch noch, wie die eingezogenen Steuern verteilt werden sollen. Organisationen wie Attac fordern, das Geld zu bündeln und in die Entwicklungshilfe oder in Bildungsprojekte zu investieren.

Mit der Transaktionssteuer ist es bisher immer so gewesen wie mit allen anderen Regulierungen auch: Kein Land will sie einführen, solange die anderen nicht mitmachen, zumindest die starken Finanzzentren in Europa, Asien und den USA. Sonst könnten die Investoren an andere Finanzplätze abwandern. Dass die EU-Staaten das Projekt jetzt gemeinsam vorantreiben wollen, ist ein Durchbruch. Großbritannien zum Beispiel zählte lange zu den Gegnern einer Transaktionssteuer. Doch selbst wenn der IWF ein Modell ausarbeitet, auf das sich die Europäer einigen können, ist fraglich, ob der Rest der Welt beim nächsten G-20-Treffen mitzieht.

Dass die USA einer Transaktionssteuer zustimmen, gilt als unwahrscheinlich. „Das ist nichts, zu dessen Unterstützung wir bereit wären“, hatte US-Finanzminister Timothy Geithner Anfang November beim Treffen der G-20-Staaten im schottischen St. Andrews gesagt.

Dierk Hirschel, Chefvolkswirt beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und ein Befürworter der Reform, ist skeptisch: „In der gegenwärtigen Situation halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass es zu einer internationalen Lösung kommt. Der DGB-Experte warnt die EU-Chefs davor, die Entscheidung auf die internationale Ebene zu verlagern. „Dann wartet man nur darauf, dass sich eine große Nation findet, die ausschert.“ Hirschel fordert, dass die EU oder auch Deutschland die Transaktionssteuer notfalls auch nur innerhalb der eigenen Grenzen umsetzen sollten.

Das allerdings ist höchst unwahrscheinlich. Die Bundeskanzlerin hat sich zwar schon vor dem Gipfel für eine Transaktionssteuer ausgesprochen, allerdings immer nur mit internationaler Beteiligung. Carl-Ludwig Thiele, stellvertretender Fraktionsvorsitzender beim Koalitionspartner FDP, sagte am Freitag: „Wir warten darauf, ob ein Konsens bei den Staaten der G 20 erreicht wird.“ Er sei aber „ausgesprochen skeptisch“.

Auf dem EU-Gipfel wurde auch erneut über die umstrittenen Bonuszahlungen für Banker gesprochen. „Der EU-Rat fordert den Finanzsektor auf, unverzüglich gesunde Entlohnungspraktiken einzuführen“, hieß es in der Abschlusserklärung. Neben Großbritannien hat auch Frankreich erklärt, eine Sondersteuer für Banker-Boni einzuführen. Die deutsche Bundeskanzlerin hat sich deutlich gegen eine Bonisteuer ausgesprochen: „Ich finde die Idee charmant, aber ich kann mich auch nicht gleich über das Grundgesetz hinwegsetzen“, sagte Merkel. Der Gleichheitsgrundsatz im deutschen Recht erlaubt es nicht, einzelne Branchen extra zu besteuern.

Ohnehin ist fraglich, was eine solche Bonisteuer bringt. Der britische Finanzminister Alistair Darling hatte angekündigt, er rechne mit einem Steuergewinn von 550 Millionen Pfund. In Großbritannien soll jeder Bonus, der über 25 000 Pfund (27 700 Euro) liegt, mit 50 Prozent besteuert werden. Allerdings gibt es Ausnahmen: Hedgefondsmanager, Versicherer sind von der Sondersteuer befreit. Nicht zahlen müssen auch solche Banker, denen ein Bonus garantiert wurde. Das sei ein übliches Modell in der Branche, sagt ein Kenner. Eigentlich ist ein Bonus eine Erfolgsprämie. Bei einer Garantie steht ein Sockelbetrag fest.

Eine Strafsteuer wird wohl auch kaum Einfluss auf die hochriskanten Geschäftspraktiken der Branche haben. Dierk Hirschel vom DGB sagt dazu: „Die Sondersteuer auf Boni ist ein gutes Signal. Aber es ist eher Symbolpolitik, die da stattfindet.“ Wichtiger als die Vergütungsvorschriften seien neue Regeln auf dem Finanzmarkt.

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