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VW-Aktien: Debakel für Hedge-Fonds

Kurzzeitig war Volkswagen das teuerste Unternehmen der Welt. Die VW-Aktien notierten auf über 1000 Euro und machten zeitweise ein Drittel des gesamten Dax-Wertes aus. Eine Katastrophe für zahlreiche Hedge-Fonds, die auf sinkende Kurse spekulierten.

Der einmalige Höhenflug der VW-Aktie hat am Dienstag den zweiten Tag in Folge den Dax auf den Kopf gestellt. Zugleich wurde Kritik an der Deutschen Börse und dem künftigen Volkswagen-Eigentümer Porsche lauter. Die Aktie schoss zum Handelsschluss um 81,73 Prozent auf 945,00 Euro hoch. Schon am Vortag war sie um fast 147 Prozent gestiegen. Zeitweise erreichte das Papier am Dienstag den Rekordstand von 1005,01 Euro - damit war Volkswagen das teuerste Unternehmen der Welt. Die exorbitanten Kurszuwächse reichten aus, um den Leitindex Dax um mehr als elf Prozent ins Plus zu treiben. Spekulanten - vor allem Hedge-Fonds - machten Milliarden-Verluste, weil sie zuvor auf fallende Kurse gewettet hatten.

Die Finanzmarktaufsicht BaFin teilte mit, sie analysiere die Entwicklung. Mit Ergebnissen wie einer möglichen formellen Prüfung der Vorgänge sei diese Woche eher noch nicht zu rechnen, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Von der Deutschen Börse hieß es, es gebe derzeit keine Überlegungen, die VW-Aktie aus dem DAX zu nehmen. "Solange fünf Prozent der Aktien im Streubesitz sind, gibt es dazu keine Veranlassung", sagte ein Sprecher. Einige Händler nannten das Verhalten der Deutschen Börse unverantwortlich. Der Index-Anbieter Stoxx wollte dagegen die Folgen für seine Indizes am Dienstagabend überprüfen.

Ausgelöst wurde die Kursexplosion bereits am Montag durch misslungene Spekulationen auf sinkende Aktienkurse, sogenannte Leerverkäufe. Händler hatten in den vergangenen Wochen massiv geliehene Aktien verkauft. Sie wollten sie später vor der Rückgabe an die Leihgeber zu niedrigeren Kursen wiederkaufen und die Differenz als Gewinn einstreichen.

Besonders die Shortseller wurden kalt erwischt

Es kam jedoch anders: Am Wochenende gab Porsche bekannt, dass der Anteil an Volkswagen auf 42,6 Prozent erhöht wurde und das Unternehmen zudem noch 31,5 Prozent an VW in Form von Optionen kontrolliert. Insgesamt hat Porsche also 74,1 Prozent der Anteile in der Hand. Damit wurden die Leerverkäufer - an der Börse auch Shortseller genannt - kalt erwischt. Nach Informationen aus dem Markt waren an sie 12 bis 15 Prozent der VW-Anteile verliehen gewesen. Diese Aktien mussten zur Rückgabe wiedergekauft werden. Abzüglich der gut 20 Prozent, die beim Land Niedersachsen liegen, standen den Spekulanten dafür aber nur noch knapp sechs Prozent der Anteile zur Verfügung.

Schon am Montag war die VW-Aktie um 146,62 Prozent auf 520,00 Euro gestiegen. Schätzungen zufolge machten Spekulanten - vor allem Hedge-Fonds - damit statt der erhofften Gewinne Verluste von 10 bis 15 Milliarden Euro, berichtete die "Financial Times". Am Dienstag sickerten erste Informationen zu angeblichen Verlusten einzelner Marktteilnehmer durch. So soll nach Informationen des "Handelsblatts" aus Bankenkreisen allein der Londoner Hedge-Fonds Marshall Wace mehr als fünf Milliarden Euro verloren haben.

Das VW-Papier machte zeitweise ein Drittel des gesamten Dax-Wertes aus

Der einflussreiche Chef der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS, Klaus Kaldemorgen, warf Porsche in einem Interview der "Financial Times Deutschland" vor, "in unverantwortlicher Art und Weise" den VW-Kurs zu manipulieren. "Alle spielen mit offenen Karten, nur einer spielt mit verdeckten", rügte er. Porsche betonte am Dienstag, das Unternehmen habe keine Aktien an Leerverkäufer verliehen.

Am Dienstag zwang die Kursentwicklung Händlern zufolge auch zahlreiche Investoren, die nicht an Leerverkäufen beteiligt waren, VW-Aktien zu kaufen - zum Beispiel Fonds, die ihre Performance am Dax messen. Das VW-Papier machte zeitweise ein Drittel des gesamten Dax-Wertes aus. Andere Dax-Aktien seien deshalb zum Teil ohne Rücksicht auf Verluste verkauft worden, nur um Aktien von Volkswagen finanzieren zu können, hieß es. Ein Problem, das die Deutsche Börse davon abhält, tätig zu werden, ist die übliche Behandlung von Aktienoptionen als Streubesitz. So kommt es, dass die Börse den Streubesitz offiziell weiterhin bei knapp 45 Prozent sieht, obwohl der Großteil davon bereits durch Porsche-Optionen abgedeckt ist.

Mit der zwischenzeitlichen Marktkapitalisierung von fast 300 Milliarden Euro überholte VW am Dienstagvormittag das teuerste Unternehmen der Welt, den amerikanischen Mineralöl-Riesen ExxonMobil, der an der Börse zuletzt 334 Milliarden Dollar wert war. (ah/dpa)

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