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© KEYSTONE

Währung: Raum für Spekulationen

Nach Angaben der US-Kontrollbehörde CFTC erreichte die Zahl der Wetten, die auf einen fallenden Euro-Kurs setzen, einen neuen Rekord. Auch gegen das britische Pfund wetten Spekulanten derzeit. Wie geht das?

Für viele Griechen bedeutet die aktuelle Staatskrise Angst vor Arbeitslosigkeit, vor sinkenden Renten und steigenden Preisen. Für viele Hedgefonds und Investmentbanken ist die griechische Misere dagegen vor allem eines: eine Möglichkeit, gigantisch viel Geld zu verdienen.

„Hedgefonds verdienen an Kursbewegungen. Welcher Art oder in welche Richtung, ist ihnen egal“, sagt Martin Faust, Professor an der Frankfurt School of Finance. Die Tatsache, dass die Kurse für griechische Staatsanleihen seit Wochen schwankten, könne ein Indiz dafür sein, dass Marktteilnehmer gerade auf den Bankrott des Landes spekulieren. Ob tatsächlich Spekulanten am Werk seien, könne man nicht sagen. Aber der Fall Griechenland bietet zumindest eine Menge Raum für Spekulationen.

Das hoch verschuldete Land braucht dringend Geld, um fällige Schulden zurückzuzahlen. Dieses Geld will sich Griechenland über Staatsanleihen besorgen. Dafür zahlen sie den Anlegern Zinsen. Die Zinsen sind umso höher, je weniger die Käufer der Anleihen davon überzeugt sind, dass das Land seine Schulden eines Tages auch zurückzahlen wird. Und je höher die Zinsen, desto niedriger sind die Kurse für griechische Anleihen – weil weniger Leute sie kaufen wollen.

Hedgefonds oder Investmentbanken können sich dieses Prinzip zunutze machen, zum Beispiel, indem sie Leerverkäufe mit griechischen Staatsanleihen tätigen. In diesem Fall würden die Spekulanten darauf wetten, dass die Anleger Griechenland immer weniger vertrauen und die Kurse weiter sinken. Bei einem Leerverkauf leiht sich ein Händler ein Papier und verkauft es zu einem bestimmten Preis. Anschließend muss er es dem Verleiher zurückgeben. Ist der Preis für das Papier in der Zwischenzeit gefallen, hat der Händler einen Gewinn gemacht. Er wird also alles tun, damit der Kursverfall tatsächlich auch eintritt.

Dafür kann er beispielsweise geschickt Informationen streuen, etwa die Einschätzung verbreiten, dass die Euro-Partner Griechenland nicht helfen werden und das Land sich von allein nicht aus der Schuldenfalle befreien kann. Vor allem aber setzten Hedgefonds mit ihren Leerverkäufen oft eine Trendbewegung in Gang, erklärt Faust. Wenn andere Marktteilnehmer sähen, dass im großen Stil verkauft wird, könnten sie sich der Wette gegen das Land anschließen und versuchen, mit daran zu verdienen.

Eine andere Möglichkeit für Spekulationen bieten die Credit Default Swaps, kurz CDS. Sie sind nichts anderes als Versicherungen. Inhaber griechischer Staatsanleihen zum Beispiel können sich damit gegen den Fall absichern, dass das Land pleitegeht und sie ihr Geld nie wiedersehen. CDS können aber auch von Spekulanten gekauft werden, die gar keine Staatsanleihen besitzen. Auch sie wetten darauf, dass die Anleger Vertrauen verlieren und sich mit CDS absichern wollen. Je mehr CDS gekauft werden, desto größer die Panik der Anleger, dass das Land zahlungsunfähig werden könnte. Und desto mehr Versicherungen kaufen sie – zu immer höheren Preisen.

Mithilfe von Leerverkäufen kann man auch gegen Währungen spekulieren. Weil der Kurs des Britischen Pfund Anfang der Woche stark gesunken ist, befürchten die Briten, dass auch ihre Währung Opfer von Zockern werden könnte. Zwar steht das Land nicht vor einem Staatsbankrott. Doch auch in Großbritannien ist die Haushaltslage alles andere als stabil. Die Briten rechnen für dieses Jahr mit einem Defizit von mehr als zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das ist nicht viel weniger als in Griechenland. Und auch in der Euro-Zone weisen noch mehr Länder bedrohlich hohe Verschuldungsraten auf, was Spekulationen um einen fallenden Eurokurs nährt. Der berühmteste Währungsspekulant ist der Investmentbanker George Soros, bekannt als „The man who broke the Bank of England“. 1992 wettete er mit viel Geld gegen das Britische Pfund, das daraufhin um mehr als 25 Prozent gegenüber dem Dollar an Wert verlor. Zuvor war es allerdings auch stark überbewertet gewesen.

In welchen Fällen tatsächlich Spekulanten am Werk sind, ist schwer zu sagen. Leerverkäufe und CDS werden nicht an der Börse gehandelt. Der Markt sei unüberschaubar, sagt Konrad Becker, Analyst beim Bankhaus Merck Finck. Die Erfahrung zeige aber: „Wenn es irgendwo etwas zu spekulieren gibt, dann wird auch spekuliert.“

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