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Retter in der Not? Chinas Premier Wen bietet der EU Hilfe an. Bundeskanzlerin Merkel äußert sich dazu zunächst nicht.

© dpa

Finanzhilfen: China bietet EU und USA bittere Pille an

In der Schuldenkrise erscheint China vielen als "Retter in der Not". Es hat die weltgrößten Devisenreserven. Aber die zweitgrößte Volkswirtschaft hat nichts zu verschenken.

China will Europa und den USA in der Krise mit neuen Investitionen zu Hilfe kommen. Sein Land sei bereit, „eine helfende Hand auszustrecken“ und mehr in den europäischen Ländern und den USA zu investieren, sagte Chinas Premierminister Wen Jiabao zum Auftakt des „Sommer-Davos“ genannten Treffens des Weltwirtschaftsforums am Mittwoch in der nordostchinesischen Hafenstadt Dalian.

„China kann sich nicht isoliert vom Rest der Welt entwickeln, und die Welt braucht auch China für seine Entwicklung.“ Er habe seine Hilfe in einem Telefonat mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso angeboten. „China ist bereit, mehr in europäischen Ländern zu investieren.“

Im Gegenzug forderte Wen „mutige Schritte“ der Europäer gegenüber China, insbesondere die Gewährung des Status als Marktwirtschaft. Er hoffe auf einen „Durchbruch“ schon auf dem nächsten EU-China-Gipfel am 25. Oktober in Tianjin in China.

Von den USA verlangte Wen Jiabao eine größere Öffnung ihres Marktes für Investitionen chinesischer Unternehmen, die auch Arbeitsplätze in den USA schaffen könnten. China müsse dann auch nicht mehr soviel seiner weltgrößten Devisenreserven in Höhe von 3,2 Billionen US-Dollar (2,3 Billionen Euro) in US-Staatsanleihen investieren. Rund zwei Drittel hält China davon in US-Dollar, ein Viertel in Euro.

Die USA könnten auch ihre Exporte ausweiten, in dem sie Beschränkungen für die Ausfuhr hochtechnologischer Produkte nach China aufheben, bekräftigte Wen Jiabao eine alte Forderung Chinas. In einer Diskussion in Dalian wies der neue US-Botschafter und frühere US-Handelsminister Gary Locke den Vorwurf mangelnder Offenheit zurück und verteidigte die Investitionsbedingungen in den USA als ausgezeichnet.

Wen Jiabao wies darauf hin, dass China ohnehin 2016 in Folge seiner Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) international als Marktwirtschaft anerkannt werde. Die Europäer sollten aber schon vorher ihre Ernsthaftigkeit demonstrieren, „in einer Weise, wie ein Freund einen anderen Freund behandelt“. Der Status einer Marktwirtschaft schützt China vor Anti-Dumping-Klagen und hat für Peking hohen symbolischen Charakter.

Bereits am Dienstag war bekannt geworden, dass Italien China in der vergangenen Woche um Hilfe bei der Bewältigung seiner aktuellen Finanzmisere gebeten hatte. Kreisen zufolge gehörten bei den Gesprächen mit Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Giulio Tremonti der Chef der China Investment Corp. sowie für Investitionen und Rentenmärkte zuständige Regierungsvertreter zur chinesischen Delegation. Dabei sei es nicht - wie zunächst berichtet - um den Ankauf italienischer Staatsanleihen, sondern um ein Engagement bei italienischen Industriebetrieben gegangen.

Mit rund 1700 Wirtschaftsführern, Politikern und Experten verzeichnet das „Sommer-Davos“, wie die Tagung in Anlehnung an das winterliche Forum im Schweizer Luftkurort Davos genannt wird, eine Rekordbeteiligung.

In seiner Rede zeigte sich Wen Jiabao wenig beunruhigt über das langsamere Wachstum in China, das nicht unerwartet komme und vor allem auf die makroökonomische Politik zurückgehe. Er mahnte Reformen und Umstrukturierungen an: „Chinas Entwicklung ist noch unausgeglichen, unkoordiniert und nicht nachhaltig.“ Nach 10,4 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr erwarten Experten in China in diesem Jahr nur noch rund neun Prozent, weil die Zentralbank wegen der hohen Inflation die Geldpolitik verknappen muss. (dpa/rtr)

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