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Wirtschaft: Finanzinvestoren stoßen Firmen schneller ab Banker fürchten: Beteiligungsmarkt läuft heiß

Frankfurt am Main Die von SPD-Chef Franz Müntefering konstatierte „Heuschreckenplage“ nährt sich inzwischen selbst. Immer öfter verkaufen die von Müntefering ins Visier genommenen angelsächsischen Finanzinvestoren ihre Beteiligungen einfach an den nächsten Finanzinvestor, statt sie an die Börse zu bringen oder an ein interessiertes Unternehmen weiterzugeben.

Frankfurt am Main Die von SPD-Chef Franz Müntefering konstatierte „Heuschreckenplage“ nährt sich inzwischen selbst. Immer öfter verkaufen die von Müntefering ins Visier genommenen angelsächsischen Finanzinvestoren ihre Beteiligungen einfach an den nächsten Finanzinvestor, statt sie an die Börse zu bringen oder an ein interessiertes Unternehmen weiterzugeben. Skeptiker warnen, dass die „Kette der Narren“, irgendwann reißen muss und das Geschäftsmodell der Beteiligungsgesellschaften wie eine Blase platzen wird.

Optimisten wie Andreas Reinert von der Investmentbank Close Brothers gehen hingegen davon aus, dass sich solche Ketten bis ins Unendliche knüpfen lassen. „Wir werden immer mehr Verkäufe von einem Finanzinvestoren an den nächsten erleben“, prognostiziert er. Problematisch findet er das nicht: „Die einzelnen Beteiligungsgesellschaften haben unterschiedliche Kompetenzen. Es gibt Fonds, die sich auf Sanierungen spezialisiert haben, andere haben ihre Stärke bei der Forcierung des Wachstums.“ Da die einen Fonds eher bei den Kosten ansetzten und andere eher an der Steigerung des Umsatzes, ergebe sich eine Dynamik, die auch beim Verkauf von einem Investor an den nächsten für Wertschöpfung sorge.

Dass diese Diskussion alles andere als akademisch ist, zeigt das Beispiel des Dentalspezialisten Sirona. Erstmals in der deutschen Industriegeschichte wurde ein Großunternehmen zum dritten Mal an einen Finanzinvestor weiterverkauft. Sirona stellt Ausrüstungen für die Zahnbehandlung her und war 1997 als Dental- sparte von Siemens aus dem Konzern herausgelöst und an die Beteiligungsgesellschaft Permira veräußert worden. Im November 2003 kauften die Beteiligungsfonds von EQT, hinter denen die Wallenberg-Gruppe aus Schweden steht, Sirona von Permira für knapp 420 Millionen Euro. Mit dem Verkauf an den US-Fonds Madison Dearborn vor wenigen Wochen erlöste EQT wiederum 800 Millionen Euro. Rendite: 90 Prozent in 18 Monaten.

Solche Deals sehen selbst einige Finanzinvestoren kritisch: Sirona zeige, dass sich einzelne Beteiligungsgesellschaften nicht mehr an die Regeln hielten, heißt es. Üblicherweise halten die Investoren ein Unternehmen vier bis sieben Jahre, um es weiterzuentwickeln. Der rasche Weiterverkauf von Sirona durch EQT ist jedoch kein Einzelfall. So hat Blackstone den Chemiekonzern Celanese schon nach elf Monaten in den USA an die Börse gebracht, Permira will Rodenstock offenbar schon knapp zwei Jahre nach dem Einstieg wieder verkaufen. Das Problem an den kurzen Haltefristen: Jeder Finanzinvestor lädt dem Unternehmen in der Regel neue Schulden auf, um den Kaufpreis zu finanzieren. Den Erwerb von Unternehmen finanzieren die Fonds nur zu rund 30 Prozent mit Eigenkapital, den Rest stellen Banken zur Verfügung. Die Tilgung läuft meist über fünf Jahre und länger.

Angesichts der immer schnelleren Folge von Kauf und Verkauf fürchten Banker, dass der Markt für privates Beteiligungskapital heiß läuft, weil die Fonds im Bieterkampf um interessante Beteiligungen zu hohe Preise bezahlen. „In den vergangenen Monaten wurden für einzelne Objekte deutlich zu viel geboten“, warnt ein Investmentbanker. Die hohen Kaufpreise könnten die Investitionen am Ende in Gefahr bringen. Banker Reinert von Close Brothers sieht hier aber keine dauerhafte Gefahr. Die Beteiligungsfonds müssten ihren Investoren schließlich attraktive Renditen bieten. Und das sorge für die nötige Disziplin beim Einkauf neuer Unternehmen. mm/HB

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