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Die Notenbanken geben mehr Geld ins Finanzsystem. Finanzminister Schäuble will den Währungsfonds stärker einbinden.

© dapd

Finanzkollaps abwenden: Notenbanken pumpen gemeinsam Geld in die Welt

Eine Kreditklemme soll damit abgewendet und Spannungen an den Märkten abgebaut werden. Die Kreditinstitute erhalten zinsgünstig Dollar.

Mit einer gemeinsamen Aktion haben sich die wichtigsten Zentralbanken der Welt am Mittwoch gegen die Finanzkrise gestemmt. Die Notenbanken der USA, der Euro-Zone, Kanadas, Japans, Großbritanniens und der Schweiz verständigten sich überraschend darauf, den Banken mehr Dollar zu günstigen Konditionen zur Verfügung zu stellen. Damit wollen sie verhindern, dass den europäischen Instituten das Geld ausgeht und die Realwirtschaft in eine Kreditklemme gerät. Der deutsche Aktienindex Dax gewann daraufhin mehr als fünf Prozent, auch an den Anleihemärkten sanken die Zinsen.

Ziel sei es, dem Finanzsystem mehr flüssige Mittel zur Verfügung zu stellen und damit Spannungen an den Märkten abzubauen, hieß es bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Europäische Banken hatten zuletzt Probleme gehabt, sich Dollar-Kredite zu besorgen. Der Grund ist das Misstrauen amerikanischer Investoren – sie fürchten, ihr Kapital nicht zurückzubekommen, sollte sich die Schuldenkrise ausweiten. Fast gleichzeitig lockerte auch die chinesische Notenbank unerwartet ihre Geldpolitik. Sie senkte erstmals seit drei Jahren die Mindestreserve-Anforderungen der Banken.

Ziel der gemeinsamen Aktion der Währungshüter war es, eine Situation wie im Herbst 2008 zu verhindern. Damals hatten die Banken einander so sehr misstraut, dass sie einander kein Geld mehr zur Verfügung stellten. Dies führte erst zur Eskalation der Finanzkrise und zu einer weltweiten Rezession. Seitdem haben die Zentralbanken bereits mehrfach gemeinsam gehandelt.

Die Kreditbranche war am Mittwoch zusätzlich unter Beschuss gekommen, nachdem die Ratingagentur Standard & Poor’s die Bonitätsnoten von 15 der 37 weltgrößten Institute gesenkt hatte. Ein schlechteres Rating bedeutet für die ohnehin angeschlagenen Banken höhere Kosten. Die Deutsche Bank und die Commerzbank wurden zwar nicht herabgestuft, der Ausblick für das Rating des deutschen Branchenprimus ist nun aber „negativ“ und nicht mehr „stabil“.

Derweil sucht die EU trotz der gerade erst beschlossenen Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF nach weiteren Geldquellen im Kampf gegen die Schuldenkrise. Der Internationale Währungsfonds (IWF) solle eine größere Rolle spielen, kündigte EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel an. Die kommenden Tage seien entscheidend im Kampf gegen die Krise. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich für eine stärkere Einbindung des IWF aus. Bislang hatte Deutschland dies abgelehnt. Kommende Woche will die EU auf einem Gipfel nach Wegen aus der Krise suchen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warb am Mittwochabend nach einem Treffen mit dem norwegischen Regierungschef Jens Stoltenberg im Schloss Meseberg für „begrenzte Vertragsänderungen nur für die Euro-Mitglieder, damit wir das Vertrauen der Märkte wiedergewinnen“.

Im Streit um die Besetzung des EZB- Chefvolkswirts zwischen Deutschland und Frankreich hat die Bundesregierung unterdessen die Qualitäten des deutschen Kandidaten Jörg Asmussen unterstrichen. Der Finanzstaatssekretär sei für Spitzenpositionen bei der Notenbank geeignet, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Über die Aufgabenverteilung entscheide aber das EZB-Direktorium und vor allem Präsident Mario Draghi. Frankreich bemüht sich, seinen Kandidaten Benoit Coeuré für den einflussreichen Posten durchzusetzen.

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