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Finanzkrise: Angst vor der globalen Rezession

Welche Folgen hat die Finanzkrise? Experten befürchten deutliche Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Vor allem der Export leidet. Rutschen wir in die Rezession?

Berlin - Es dauerte lange, bis ihr der Satz über die Lippen kam. „Das Ganze wird die wirtschaftliche Lage in den nächsten Monaten und vielleicht Jahren prägen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Anfang der Woche auf dem Unternehmertag der Union. Das „Ganze“, das ist die Finanzkrise, die sich von den USA über die Welt ausgebreitet hat und die die deutsche Wirtschaft nach Ansicht von Experten noch mehrere Jahre belasten wird.

„Da werden wir noch jahrelang dran zu knabbern haben“, sagt etwa Joachim Scheide, Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Er und seine Kollegen schätzen, dass die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr gerade mal um 0,2 Prozent wachsen wird. Und auch danach sieht es nicht rosig aus. „Bis wir wieder normale Wachstumsraten von 1,5 Prozent und mehr bekommen, kann es noch einige Zeit dauern“, sagt Scheide.

Grund für seinen Pessimismus ist die schleichende Ausbreitung der US-Krise über den gesamten Globus, gepaart mit anhaltend hoher Inflation. „Das ist ja nicht nur eine Finanzkrise in den USA“, sagt Scheide. Auch europäische Staaten wie Spanien, Großbritannien oder Irland seien angeschlagen. „Das wird uns hart treffen“, fürchtet der Forscher. „In nächster Zeit werden die deutschen Exporte erst mal nicht steigen.“

Dabei sind gerade die Exporte der Stolz der deutschen Wirtschaft. In den vergangenen Jahren sind sie stets zweistellig gewachsen. So viel wie Deutschland hat kein anderes Land in die Welt verkauft. Allen voran steht der Maschinenbau, der zuletzt die längste Boomphase seit den 60er Jahren erlebt hat. Doch auch hier bröckelt der Glanz. Die Aufträge sind seit Monaten rückläufig. „Die USA sind unser Hauptexportkunde“, sagt Olaf Wortmann, Konjunkturexperte des Branchenverbandes VDMA. „Wenn sich die Konjunktur dort verschlechtert, trifft das natürlich auch den Maschinenbau.“

Im ersten Halbjahr 2008 hat sich die Branche noch relativ gut gehalten. Die deutschen Maschinenexporte in die USA sind gegenüber dem Vorjahr nur um 0,5 Prozent gesunken. „Die Belastungen haben aber in letzter Zeit zugenommen“, sagt Wortmann. „Wir müssen damit rechnen, dass 2009 ein härteres Jahr wird.“

Düster sieht es auch bei den Autobauern aus. Sie leiden bereits unter der Konjunkturflaute in den USA. „Der Pkw-Absatz in den USA ist ein Desaster“, sagt Martin Koers, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft beim Branchenverband VDA. 2007 seien in den USA noch rund 16 Millionen Autos verkauft worden, für 2008 lägen die Schätzungen zwischen 13,9 und 14,5 Millionen. Zwar seien die deutschen Autohersteller in den USA noch vergleichsweise gut unterwegs. Doch auch sie spüren bereits die Anzeichen einer nachlassenden Konjunktur. „Bei den Auftragseingängen zeigen die Kurven steil nach unten“, sagt Koers. Die große Hoffung von Auto- und Maschinenbauern liegt in Asien. Länder wie China, Indien oder auch Russland sind zuletzt noch stark gewachsen und haben viele deutsche Produkte nachgefragt. Doch auch hier schlägt die Finanzkrise mittlerweile zu. In Russland muss die Regierung den Banken mit einem Notfallkreditprogramm zu Hilfe kommen. In China hat der Staat gleich ganze Aktienpakete der größten Banken übernommen.

„Das Bankensystem ist weltweit in der Krise“, sagt Gustav Horn, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) . „ Das wird sich auf die Kreditvergabe auswirken“, fürchtet Horn. „ Der Investitionsprozess gerät ins Wanken.“ Der Wirtschaftsforscher ewartet eine „globale Rezession“, die über weltweite Nachfragerückgänge und schwierigere Finanzierungsbedingungen auch die deutsche Wirtschaft treffe.

Die Stimmung ist bereits im Keller. Am Dienstag veröffentlichte das Forschungsinstitut Markit seinen Einkaufsmanagerindex für Deutschland. Demnach sind sowohl die Industrie als auch der Dienstleistungssektor zuletzt geschrumpft. Die Dienstleistungsfirmen beurteilen die künftige Lage so negativ in wie noch nie seit Beginn der Erhebung 1997. Am heutigen Mittwoch wird der wichtigste deutsche Konjunkturindex des Münchner Ifo-Instituts veröffentlicht, der zuletzt drei Mal hintereinander gefallen ist. Wirtschaftforscher Scheide hofft auf Besserung. „Wenn der Index wieder fällt, dann sieht es düster aus.“

Stefan Kaiser

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