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HRE

© dpa

Finanzkrise: Die Politik enttäuscht die Börse

Die Rettung der Hypo Real Estate ist nicht in Sicht. US-Präsident Obama distanziert sich derweil von Bad-Bank-Plänen.

Die Bundesregierung will das Gesetz zur möglichen Zwangsverstaatlichung von Banken nicht übers Knie brechen. Es gebe keinen akuten Zeitdruck, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin. Zugleich bekräftigte er, dass man eine Pleite des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) nicht zulassen werde. Der Bund werde verhindern, dass ein Institut, das „systemische Relevanz für den gesamten Finanz- und Bankenmarkt hat, zusammenbricht“, sagte Steg in Berlin.

Auch US-Präsident Barack Obama dämpfte Erwartungen, wonach Banken sofort mit neuer staatlicher Hilfe rechnen können. Erst in der kommenden Woche wolle er einen umfassenden Plan vorstellen. Er wies zudem Spekulationen zurück, wonach seine Regierung bis zu vier Billionen Dollar an Steuergeldern für eine „Bad Bank“ ausgeben werde.

Die Börse reagierte entsprechend, an der Wall Street eröffnete der Dow Jones 1,2 Prozent schwächer. Am deutschen Aktienmarkt fielen Bankpapiere negativ auf. Die Postbank verlor fast fünf Prozent, die Commerzbank fast sechs und die Deutsche Bank mehr als sechs Prozent. Die HRE, um deren Zukunft es derzeit vor allem geht, schloss dagegen eineinhalb Prozent im Plus.

Dabei hatte die Rating-Agentur Moody’s die Bonität des Immobilienfinanziers am Montag herabgestuft. Die Kreditwürdigkeit der operativen Einheiten der HRE werde nur noch mit der Note „A3“ statt bisher „A2“ bewertet. Der Ausblick sei „negativ“, teilte die Agentur mit. Je schlechter die Bewertungen, desto höhere Zinsen müssen Unternehmen zahlen, um am Kapitalmarkt an frisches Geld zu kommen.

Der Bund fürchtet, dass ein HRE-Untergang in einer Kettenreaktion weitere Finanzkonzerne in Schieflage bringen könnte. HRE-Chef Axel Wieandt hatte am Wochenende an das Schicksal der US-Investmentbank Lehman Brothers erinnert. Als die US-Regierung sie fallen ließ, war das ein riskantes Experiment, das man heute als gescheitert bezeichnen muss. Fällt eine systemrelevante Bank, geraten die anderen ebenfalls in Not, ist die Lehre aus dieser Pleite.

Wenn nach den USA nun auch Deutschland als weitere führende Wirtschaftsnation diesen Fehler beginge, wären neue Schockwellen in den globalen Finanzmärkten programmiert, fürchten Banker. Wird heute die HRE aufgegeben, könnte es morgen vielleicht die Commerzbank treffen. Schon jetzt trauen sich die Banken gegenseitig kaum noch über den Weg.

Systemrelevant ist die HRE wegen ihrer zentralen Stellung im Pfandbriefmarkt und als Staatsfinanzierer. Pfandbriefe sind das so gut wie einzige Finanzprodukt, bei dem Deutschland eine weltweit führende Rolle spielt. Zudem gelten Geschäfte damit als extrem solide und ausfallsicher, gerade in der heutigen Zeit ein so rares wie wichtiges Gut.

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) warnte jedoch vor zu viel Staatseinfluss. Die Politik wandele auf einem schmalen Grat. „Ich würde mir an und für sich wünschen, dass wir Wege finden, ohne eine Verstaatlichung über die Runden zu kommen“, sagte BdB-Hauptgeschäftsführer Manfred Weber im Deutschlandfunk. Um diese Zwangsmaßnahme zu ermöglichen, könnte das Finanzmarkt-Stabilisierungsgesetz für den Banken-Fonds Soffin theoretisch so verändert werden, dass der Fonds mehr als 90 Prozent der HRE-Aktien ohne Erlaubnis anderer Aktionäre übernehmen darf. Derzeit sind dem Soffin nur 33 Prozent möglich.

Doch so eine Lösung dürfte es nicht sofort geben. Ein Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, die für Mitte März geplante Hauptversammlung der HRE sei als Termin „relevant“. Bis dahin wolle man also in der Koalition eine verfassungsrechtlich tragbare Lösung gefunden haben.

Damit gewänne die Politik auch Zeit, um Gespräche mit dem Hauptbetroffenen einer HRE-Verstaatlichung zu führen: dem amerikanischen Finanzinvestor Flowers. Der deutete Kompromissbereitschaft an. „Es war und ist stets unser Bestreben, dass die HRE gemeinsam mit der deutschen Regierung die bestmögliche Lösung erarbeitet, um die Bank wieder in ein stabiles Fahrwasser zu führen und damit ihre Lebensfähigkeit zu sichern“, sagte der Chef des gleichnamigen Unternehmens, Christopher Flowers, am Montag. Allerdings hätte die Bundesregierung ihn bislang nicht kontaktiert.

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