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Finanzkrise: Griechen wollen nicht von Deutschen kaufen

Griechenland kämpft gegen den Staatsbankrott und die Wut in der Bevölkerung auf die Deutschen wächst. Ein Boykottaufruf verschärft den Ton. Nächste Woche kommt Papandreou nach Berlin

Frankfurt am Main/Athen - Der Ton zwischen Griechenland und Deutschland verschärft sich: Im Zuge der Finanzkrise in dem südosteuropäischen Land wurden am Freitag Forderungen laut, deutsche Produkte zu boykottieren. Ministerpräsident Giorgos Papandreou sorgte mit neuen Äußerungen zur Frage deutscher Reparationszahlungen aus dem zweiten Weltkrieg für zusätzlichen Zündstoff. Am nächsten Freitag wird Papandreou in Berlin erwartet. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann traf sich unterdessen mit Regierungsvertretern in Athen, um über die Finanzkrise zu sprechen.

An den Märkten wird mit Spannung auf eine neue Staatsanleihe Griechenlands gewartet. Das schwer verschuldete Land dürfte in den kommenden Wochen mit dem zehnjährigen Papier mehrere Milliarden Euro am Markt aufnehmen. Die Deutsche Bank war bereits im Januar an der Ausgabe einer fünfjährigen Anleihe beteiligt. Worüber bei dem Treffen Ackermanns mit Papandreou und Finanzminister Giorgos Papakonstantinou gesprochen wurde, blieb zunächst offen. Ein Sprecher der griechischen Regierung wies aber Berichte zurück, wonach die Deutsche Bank Anleihen im Wert von 15 Milliarden Euro kaufen wolle.

Die beiden Immobilien- und Staatsfinanzierer Eurohypo und Hypo Real Estate (HRE), die die größten Positionen in griechischen Staatspapieren haben, wollen diese nicht weiter aufstocken: „Wir haben diskutiert, haben uns aber entschieden, uns nicht daran zu beteiligen“, sagte Eurohypo-Vorstand Ralf Woitschig.

Deutsche Banken sind nach Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich mit 32 Milliarden Euro die drittgrößten Gläubiger Griechenlands. Die verstaatlichte Hypo Real Estate ist nach eigenen Angaben mit weniger als zehn Milliarden Euro in Griechenland engagiert, die Commerzbank-Tochter Eurohypo mit 3,1 Milliarden. Griechenland muss in diesem Jahr insgesamt 53 Milliarden Euro am Markt aufnehmen.

„Wir werden den Beistand der EU fordern, und ich glaube, wir werden ihn auch bekommen“, sagte Papandreou in Athen. Bei dem Berlin-Besuch Papandreous sollen nach Angaben einer deutschen Regierungssprecherin aktuelle Fragen zur Sprache kommen. Dabei dürfte es auch um die jüngsten Differenzen gehen: Griechenlands Regierung hatte Deutschland gemahnt, angesichts seiner Nazi-Vergangenheit mehr Zurückhaltung zu zeigen. Für Unmut in Griechenland hatte ein Titelbild des Magazins „Focus“ gesorgt, das die „Venus von Milo“ mit ausgestrecktem Mittelfinger neben dem Schriftzug „Betrüger in der Euro-Familie“ zeigt. Ein Verbraucherverband rief daraufhin zu einem Boykott deutscher Waren auf. „Die Griechen sind keine Betrüger“, begründete dies der Präsident des griechischen Verbraucherinstituts INKA, Giorgos Lakouritis. rtr

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