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Finanzkrise: Reifeprüfung für den Euro

Das Institut der deutschen Wirtschaft sieht Defizite bei den südeuropäischen Mitgliedern, erwartet aber keine Austritte aus der Währungsunion.

Berlin - Deutschland muss sich möglicherweise auf Hilfskredite für Euro-Länder mit Haushaltsschwierigkeiten einstellen. Wegen der Schieflage in einigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaftswährung schließt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) die Möglichkeit nicht aus, dass Deutschland krisengeschüttelte Länder mit eigenen Staatsanleihen unterstützt. Gerade in vielen südeuropäischen Euro-Ländern habe bereits vor Beginn der Finanzkrise die internationale Wettbewerbsfähigkeit gelitten, sagte IW-Direktor Michael Hüther am Montag in Berlin. Diese Ungleichgewichte stellten ein erhebliches Risiko für die europäische Gemeinschaftswährung dar: „Der Euro steht nach zehn Jahren in einer Schönwetterphase in einer vorzeitigen Reifeprüfung.“

Vor allem in Griechenland, Spanien, Italien und Portugal sind nach der Einschätzung des Experten die Preise und Lohnstückkosten seit Beginn der Währungsunion 1999 stärker als im Euro-Durchschnitt gestiegen. Dies habe die Exporte für die betroffenen Länder verteuert und die Importe relativ billiger gemacht, sagte Hüther. Das Problem: Die in die Krise geratenen Länder verfügen in der Währungsunion nicht mehr über das Gegenmittel der Abwertung. Dennoch sei ein Auseinanderbrechen des Euro nicht zu befürchten, meinte Hüther. Der Austritt eines Landes aus der Gemeinschaftswährung sei keine ernsthafte Option.

Nach den Worten des IW-Direktors ist es gut möglich, dass sich die Risikoaufschläge für Staatsanleihen, die besonders rezessionsgeplagte Euroländer zahlen müssen, durch vorübergehende Garantieerklärungen aus Staaten wie Deutschland und Frankreich verringern lassen. Zwar verbietet der EG-Vertrag den gegenseitigen Einstand für Staatsschulden. Dennoch hatte Finanzminister Peer Steinbrück im Februar Hilfen für Euroländer in der Krise angedeutet. Daraufhin sei etwa der Zinsaufschlag für griechische zehnjährige Staatsanleihen zurückgegangen, erläuterte Hüther.

Falls die Risikoaufschläge weiter steigen sollten, sei allerdings zu überlegen, ob EU-Staaten mit hoher Bonität wie Deutschland und Frankreich eigene Staatsanleihen ausgeben und das Geld als Hilfskredite an die krisengeschüttelten Euromitglieder weiterreichen, meinte der IW-Chef. Beim drohenden Ausschluss eines Mitgliedstaates vom Kapitalmarkt sei zudem ein koordiniertes Hilfspaket in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) unvermeidbar. Auch in diesem „Extremfall“ würde sich Deutschland beteiligen müssen. Albrecht Meier

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