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Otmar Issing und Angela Merkel

© dpa

Finanzmarkt: Merkel unzufrieden mit neuen Regeln

Der Bundeskanzlerin gehen die Gesetze nicht weit genug – und kommen außerdem zu spät. Nun will sich Angela Merkel die Schattenbanken vorknöpfen.

Es klang wie eine beiläufige Feststellung zu einem nebensächlichen Thema. Doch was die Bundeskanzlerin am Montagnachmittag vortrug, hatte es in sich. „Wir können nicht zufrieden sein“, beklagte Angela Merkel (CDU). Bei der Regulierung der Finanzmärkte könne die Politik längst nicht sagen, „dass Krisen wie 2008 nicht mehr entstehen werden“. Mit ihren internationalen Partnern ging sie hart ins Gericht. Die Schnelligkeit der Regulierung lasse „zu wünschen übrig“, befand sie, die Schuld dafür liege vor allem bei Industrieländern außerhalb Europas. Hier gebe es „Zurückhaltung bei der Abgabe nationaler Souveränität an internationale Institutionen“. Im Klartext: Ländern wie Amerika ist es wichtiger, ihre Geldbranche zu päppeln, als neuen Regeln zuzustimmen. Es müsse „intensivst weitergearbeitet werden“, riet Merkel.

Die Kanzlerin steht bei den Wählern im Wort. Immerhin hatte sie 2008, zur Hochzeit der Krise, die Parole ausgegeben, dass kein Ort, kein Finanzprodukt und kein Akteur unreguliert bleiben dürfe. Zwar ist seitdem einiges geschehen – Aufsichtsbehörden etwa haben nun mehr Macht. Aber in Sachen Ratingagenturen oder Größe der Banken liegt noch vieles im Argen. Ebenso ist es bei den oft riskanten Geschäftsmodellen der Finanzindustrie.

Das soll sich nun ändern. Bei den sogenannten Schattenbanken will Merkels Regierung nun mehr Transparenz erreichen. Dabei handelt es sich um Hedgefonds oder Zweckgesellschaften von Banken, für die nicht die üblichen Finanzgesetze gelten. Sie haben keine Banklizenz, verleihen aber Geld und handeln mit Wertpapieren. Dabei gehen sie oft hohe Risiken ein – welche, wissen die Behörden aber nicht so genau.

Issing: "Man muss mit indirekter Regulierung beginnen"

In Zukunft soll der Staat ihre Geschäfte überwachen – und zwar dort, wo die Schattenbanken mit dem öffentlichen Sektor in Berührung kommen. Das empfahl Otmar Issing, der im Auftrag Merkels eine Expertengruppe zur Reform der Finanzmarktarchitektur geleitet hat. „Man muss mit indirekter Regulierung beginnen“, empfahl der frühere Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB). Wenn man den Umfang der Risiken kenne, müsse man dann sehen, ob und wie man die Hedgefonds reguliere. Bereits die Transparenz herzustellen, wäre aber „ein riesiger Fortschritt“, befand Issing. Für eine direkte Regulierung der Schattenbanken gebe es derzeit international ohnehin keine Chance.

Für eine umfassende Regulierung der Finanzmärkte hatte sich kürzlich auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) stark gemacht. Bei Derivaten und Schattenbanken müsse es mehr Transparenz geben, und das Verbot der ungedeckten Leerverkäufe, das in Deutschland bereits seit Mitte 2010 gelte, müsse EU-weit umgesetzt werden, sagte er dem Tagesspiegel.

In Frankreich geschieht allerdings gerade das Gegenteil. Nach sechs Monaten ist das Verbot hochspekulativer Leerverkäufe ausgelaufen, wie die Finanzaufsicht AMF mitteilte. Heftige Börsenturbulenzen hatten im August den Anstoß für das Verbot gegeben, dem sich mehrere europäische Länder anschlossen. Das Verbot galt für die an der Pariser Börse gehandelten Aktien von zehn Banken und Versicherungen. In Deutschland ist ein solches Verbot seit 2010 in Kraft. Bei Leerverkäufen wetten Spekulanten etwa auf fallende Kurse, ohne das entsprechende Papier zu besitzen.

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