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Wirtschaft: Firmen streichen Belohnungen für Manager

Aktienoptionen als variables Gehalt haben ausgedient – Experten warnen vor undurchsichtigen Alternativen

Berlin (fo/mot/vis). Deutsche Unternehmen streichen ihre Aktienoptionsprogramme. Die Konzerne suchen jetzt alternative Leistungsanreize für ihre Manager. Aktienexperten warnen schon davor, dass auch die neuen Vergütungssysteme für Aktionäre undurchsichtig und nachteilig sein könnten. Nachdem Microsoft und DaimlerChrysler ankündigten, ihre Optionsprogramme einzustellen oder zu überdenken, schlossen sich am Donnerstag SAP und andere Technologiefirmen an.

Der Walldorfer Softwarekonzern SAP kündigte an, er werde die variablen Gehaltsbestandteile seiner weltweit 29000 Mitarbeiter überprüfen. Ziel sei eine global einheitliche Vergütungsstruktur. Zurzeit laufen bei SAP noch drei aktienbezogene Programme. Ein Recht auf Aktienoptionen haben etwa 2000 Führungskräfte und Leistungsträger. Für die Darmstädter Software AG ist eine Neuauflage des aktuellen, bis 2005 laufenden Optionsprogramms „kein Thema“, wie ein Sprecher sagte. Das laufende Modell könne aber nicht geändert werden.

Der im Tec-Dax notierte DVD-Maschinenbauer Singulus will sich nach Auskunft eines Sprechers ebenfalls „für 2004 etwas Neues einfallen lassen“. Am aktuellen Optionsprogramm werde aber nichts geändert. Allerdings sei das für „Schlüsselmitarbeiter“ geltende Vergütungssystem nicht mehr attraktiv. „Wenn die Kurse nicht stimmen, verliert auch das Optionsprogramm seinen Reiz.“

Auch die Deutsche Telekom, die wegen ihrer Aktienoptionen für Vorstände massiv kritisiert worden war, wird vorerst auf die Vergütungsform verzichten. In Anbetracht des voraussichtlichen Konzernergebnisses 2002, des Spar- und Entschuldungskurses des Unternehmens und des Kapitalmarktumfeldes sei die Ausgabe von Optionen „nicht angemessen“, hieß es bei dem Konzern. Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hatte im Januar angekündigt, dass 2003 keine weiteren Optionen ausgegeben werden.

Angesichts des brach liegenden Technologiemarktes und der eingebrochenen Kurse sind vor allem die im Börsenboom ausgegebenen Aktienoptionen vieler Hightech-Unternehmen wertlos geworden. Die Firmen arbeiten deshalb an alternativen Anreizmodellen. Bilanzexperte Karlheinz Küting vom Institut für Wirtschaftsprüfung in Saarbrücken glaubt allerdings nicht, dass die Unternehmen „aus tiefer Einsicht“ ihre Optionspläne kippen. Wegen der schwachen Börse gelinge es den Unternehmen einfach nicht mehr, feste Personalausgaben fürs Management durch undurchsichtige flexible Gehaltsbestandteile zu ersetzen. Deshalb suchten die Unternehmen jetzt nach anderen Wegen.

„Die Zeche für Aktienoptionen“, meint Küting, „zahlt sowieso immer der Aktionär.“ Denn durch die Ausgabe neuer Aktien fürs Management werde der Anteil der anderen Aktionäre verwässert. Wichtig ist Küting, dass Optionen und andere variable Gehaltsteile bis ins Detail veröffentlicht werden. Küting ist grundsätzlich dagegen, Optionsprogramme als Aufwand in den Bilanzen zu buchen. Da mit den Optionen keine Kosten verbunden seien, „rüttelt das an den Grundfesten des deutschen Bilanzrechts“. Andere Experten wie auch die Corporate-Governance-Kommission vertreten hingegen die Ansicht, der Wert der Optionen müsse so gebucht werden, dass er den Gewinn belastet.

Da dies vor allem bei den in den USA verbreiteten Programmen nicht geschah, sind viele Bilanzen nach Meinung der Kritiker geschönt. So rechnet Merrill Lynch aus, dass die Gewinne der 500 größten US-Firmen im Jahr 2001 um durchschnittlich 20 Prozent niedriger ausgefallen wären, wenn die Kosten der Optionsprogramme berücksichtigt worden wären. Die Fondsgesellschaft Union Investment schätzt, dass auch am Neuen Markt die tatsächlichen Gewinne zu Boomzeiten um bis zu 15 Prozent niedriger lagen.

Aktienexperte Christian Strenger, Mitglied der Corporate-Governance-Kommission, bezeichnet den nun einsetzenden Rückzug aus Optionsprogrammen als ein „wunderbares Schauspiel“. Strenger befürchtet, dass jetzt – an den Hauptversammlungen vorbei – andere Formen der flexiblen Vergütung beschlossen werden. Diese seien genauso intransparent wie Aktienoptionen.

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