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Vergeblich. Rund 80 Millionen Euro hat Praktiker seit 2011 für Berater ausgegeben – genutzt hat es nichts, die Kette steckt im Insolvenzverfahren.

© picture alliance / dpa

Firmensanierung: Unternehmensberater: Schlechter Rat ist teuer

Unternehmensberater kassieren Millionen von angeschlagenen Firmen - und können das Scheitern oft trotzdem nicht verhindern. Rutscht das Unternehmen in die Insolvenz, droht die Rückzahlung der Honorare.

„Firmen, die in Not sind, zahlen für Berater oft jeden Preis“, erzählt Michael Pluta. Der Anwalt, der die Insolvenz des Modelleisenbahnbauers Märklin verwaltete, berichtet von Exzessen in dem angeschlagenen Unternehmen. Die Stundensätze der US-Beratungsfirma hätten bei 450 bis 650 Euro gelegen, zeitweise seien bei Märklin bis zu acht Berater gleichzeitig im Haus gewesen.

„Einmal lag der Jahresverlust bei 13 Millionen Euro – und damit genau auf Höhe der Beraterhonorare“, erzählt Pluta. Erfolg hatten die Unternehmensberater bei Märklin nicht – 2009 meldete das Unternehmen Insolvenz an.
Bei der Baumarktkette Praktiker, die im Juli Insolvenz anmeldete, sollen für die Beratungen mehrerer namhafter Gesellschaften seit 2011 insgesamt rund 80 Millionen Euro geflossen sein, berichtete das Wirtschaftsmagazin „Capital“ aus internen Dokumenten. Unter den Gesellschaften waren etwa die Boston Consulting Group (BCG), McKinsey, Roland Berger und Freshfields. „Wir waren bis Mitte 2011 bei Praktiker engagiert“, sagt McKinsey-Sprecher Kai Peter Rath. Die Höhe des Honorars will McKinsey nicht verraten. „Aber unser Anteil daran entspricht einem Bruchteil“, versichert Rath mit Blick auf die im Magazin genannten 80 Millionen Euro. Die Boston Consulting Group erklärte, man sei 2011 und 2012 im Unternehmen gewesen. „Wir haben Praktiker ein Sanierungskonzept vorgeschlagen, das unter anderem eine Effizienzsteigerung und eine Abkehr von der Billigstrategie beinhaltete“, sagt BCG-Partner Ralf Moldenhauer, der sich ebenfalls nicht zum Honorar äußern wollte. Roland Berger wollte keine Stellungnahme abgeben und verwies auf eine Verschwiegenheitserklärung.

Beraterkreisen zufolge soll der Löwenanteil der 80 Millionen Euro auf Rechtsberatung entfallen sein, etwa für die Kapitalerhöhung und die Prüfung von Verträgen. Allein BCG soll fünf Millionen Euro erhalten haben, berichtet ein Insider. Die Berater hätten versucht, Praktiker von der Billigstrategie abzubringen. Weil aber die Umsätze dadurch zunächst gesunken seien, habe das Management Panik bekommen und sei zu „20 Prozent auf alles“ zurückgekehrt.

Nach Ansicht des Berliner Insolvenzverwalters Christian Köhler-Ma sind die Honorare, die in der Branche gezahlt werden, in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen. „Wir beobachten, dass die Beratervergütungen, besonders bei Restrukturierungen, sich im Ergebnis an der Unternehmensgröße orientieren“, sagt der Anwalt aus der Kanzlei Leonhardt. Es flössen dann Summen im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich. Allerdings seien die Insolvenzfälle auch viel größer als noch vor der Jahrtausendwende. „Auch durch die Investitionen von ausländischen Geldgebern wie Hedgefonds gibt es jetzt öfter als früher Insolvenzen mit Unternehmensgrößen im Milliardenbereich“, meint Köhler-Ma. Dennoch: „Die Unternehmensberater müssen darauf achten, dass die Firmen durch die Dienstleistung nicht in Schieflage geraten“, meint Insolvenzverwalter Michael Pluta.

Fast immer würde die Zahlung der Beraterhonorare noch vor der Insolvenz geregelt, erklärt Köhler-Ma. „Denn nach der Insolvenz sind die Chance für die Gesellschaften, ihr Geld zu bekommen, sehr viel niedriger als etwa die der Mitarbeiter oder Lieferanten.“ Dennoch besteht ein Risiko, dass die Honorare wieder zurückgefordert werden. „Alles, was in den drei Monaten vor der Insolvenz passiert ist, wird eingehend vom Verwalter geprüft“, sagt Köhler-Ma. In diesem Zeitraum könne eine Anfechtung durchaus Erfolg haben. Dabei seien Honorare von Beratern, die gezielt für eine Sanierung geholt würden, leichter zurückzufordern als solche für reguläre Beratung. Ob eine Rückforderung auch bei Praktiker ansteht, wollte ein Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters der Kette am Donnerstag nicht sagen. „Wir sind derzeit dabei, das Geschäft zu stabilisieren.“ Alles, was vor der Insolvenz liege, werde zu einem späteren Zeitpunkt bewertet.

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